Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur

Wocheninfo vom 01.07.2024

  • Das erste Halbjahr: KI & „länger höhere“ Zinsen
  • Aktien: Schwaches Europa, starke USA
  • Anleihen: Renditen steigen mit Leitzinserwartungen
  • Devisen: Euro wird schwächer
  • Rohstoffe: Leicht aufwärts für den Ölpreis
  • Geschäftsklimaindex zurückgegangen
  • Konsumklima-Erholung pausiert
  • Euroraum-Wirtschafklima tendiert weiter seitwärts
  • Leicht zunehmende Arbeitslosigkeit

Das erste Halbjahr: KI & „länger höhere“ Zinsen

Das erste Halbjahr 2024 dominierten der KI-Boom und das Narrativ des „länger höher“ für die Leitzinsen. So stieg der technologielastige Nasdaq im 1. Halbjahr um 18,13 %, während der Dow Jones als Index der „alten Industrie“ nur 3,79 % zulegen konnte. An den Anleihemärkten hingegen fielen die Kurse der langjährigen Anleihen, während ihre Renditen anzogen. Die deutschen zehnjährigen Anleihen warfen am 30. Juni beispielsweise 2,49 % ab, gegenüber 2,03 % zum Jahresauftakt.

Die Aktienmärkte starteten mit der guten Stimmung der Jahresendrallye in das Jahr. Doch im Jahresverlauf spalteten sich die Entwicklungen. Je nach Branche schwankten die Geschäftszahlen zwischen verhalten bis exzellent. Zu letzterem gehört die Technologiebranche, angeführt von Nvidia. Das Unternehmen profitiert von seiner Technologieführerschaft bei Chips im KI-Bereich – und der Boom ebendort löste die neuerliche Technologierallye aus. Zum Ende des Halbjahres flachte diese aber vorerst ab, weil Gewinntmitnahmen einsetzten. Außerdem befeuern die großen US-Technologieunter-nehmen um Nvidia, Microsoft, Alphabet und Meta den Boom stark untereinander. Impulse von außerhalb dieses Mikrokosmos bleiben schwächer.

Denn parallel zum KI-Boom vollzog sich eine Neubewertung der kommenden Leitzinsen – und damit der Schuldenlasten. Zum Jahresanfang hatten die Märkte noch mit baldigen und deutlichen Leitzinssenkungen gerechnet. Zum Halbjahresschluss gilt nun als möglich, dass die Fed in 2024 ihre Zinsen gar nicht senkt. Aus bis zu 150 Basispunkten Zinssenkung zum Jahresauftakt wurden 25 bis 75 Basispunkte. Denn die US-Wirtschaft erweist sich als robust, die Inflation als hartnäckig. Auch in Europa veränderten sich die Einschätzungen, trotz stagnierender Wirtschaft. Ungeachtet der ersten Zinssenkung im Juni um 25 Basispunkte fielen auch hier die Erwartungen. Sie liegen nunmehr bei weiteren 50 Basispunkten Zinssenkung. Die BIS, eine Vereinigung der Zentralbanken, untermauerte diese Vorsicht in ihrem Jahresbericht. Sie warnte die Notenbanken vor zu schnellen Zinssenkungen.

Aktien: Schwaches Europa, starke USA

Euro Stoxx und Dax stiegen im ersten Halbjahr um unter 9 %, der breite US-Index S&P 500 um 14,48 %. Die USA profitieren von wachsender Bevölkerung, hoher Qualifikation, KI-Boom und IRA-basierter Industriepolitik. Doch zuletzt schwächte sich auch die US-Konjunktur leicht ab. Die Risiken nehmen zu: Staatsschulden, steigende Zinskosten, Donald Trumps mögliche Wiederwahl. Nach Bidens extrem schwachem Auftritt bei der ersten Präsidentschaftsdebatte in der Vorwoche wird dieses Szenario wahrscheinlicher.

Anleihen: Renditen steigen mit Leitzinserwartungen

Die Rendite der zehnjährigen deutschen Bundesanleihe stieg vom 01. Januar bis zum 28. Juni um rund 46 Basispunkte auf 2,49 % am 28. Juni. Die Rendite der gleichlangen US-Papiere stieg um 50 Basispunkte auf 4,37 %. Damit entwickelten sich die Anleihekurse trotz auseinanderlaufender Zins- und Wachstumserwartungen von EU und USA ähnlich. In der EU zeigen sich dabei politische Abstände. So verlieren französische Anleihen momentan aufgrund der starken Ergebnisse der Links- und Rechtspopulisten bei den vorgezogenen Parlamentswahlen.

Devisen: Euro wird schwächer

Die Renditen mögen sich beiderseits des Atlantiks ähnlich entwickeln, europäische verlieren aber an Kaufkraft. Der Euro gab im ersten Halbjahr um 3 % auf 1,07 Dollar nach. Dahinter steht vor allem die fortwährende Wachstumsschwäche Europas gegenüber einer eher dynamischen US- und Weltwirtschaft. Eine baldige Erholung ist somit unwahrscheinlich, außer durch Schwächung der USA.

Rohstoffe: Leicht aufwärts für den Ölpreis

Der Preis für Rohöl der Referenzsorte Brent stieg im ersten Halbjahr 2024 um 11,02 % auf 86,25 Dollar. Damit bleibt ein neuerlicher Schock durch die Kriege in Ukraine und Nahost zwar aus, das Preisniveau aber erhöht. Die hohe US-Produktion und die wachsende Bedeutung erneuerbarer Energien bremsen den Preis. Die Wirkung des Ölkartells Opec+ und der weiteren geopolitischen Konflikte bleibt daher begrenzter als aus früheren Episoden gewohnt.

Newsletter - Immer topaktuell informiert sein.

Sie möchten nichts verpassen? Dann abonnieren Sie doch einfach unsereren Newsletter.

 

mehr

Geschäftsklimaindex zurückgegangen

Im Juni hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft etwas verschlechtert. Der ifo Geschäftsklimaindex ist im Vormonatsvergleich um 0,7 Punkte auf 88,6 Punkte gesunken. Im Mai hatte der wichtige Frühindikator im Wesentlichen stagniert, nachdem er zuvor drei Quartale in Folge gestiegen war. Maßgeblich für den Rückgang im Juni waren die Geschäftserwartungen, die von den vom ifo Institut befragten Unternehmen insgesamt pessimistischer bewertet wurden als zuvor. Insbesondere die Umfrageteilnehmer aus dem Verarbeitenden Gewerbe habe ihre Perspektiven skeptischer bewertet. Hierzu dürften neben sinkenden Auftragsbeständen vor allem die von der EU-Kommission angekündigten Ausgleichszölle auf bestimmte Elektroautos aus China beigetragen haben, die das Potenzial einer ernsten handelspolitischer Eskalation bergen.

In Hinblick auf die Beurteilung der aktuellen Lage waren hingegen sowohl im Verarbeitenden Gewerbe als auch in der Wirtschaft als Ganzes kaum Veränderungen zu verzeichnen. Weiterhin halten sich insgesamt betrachtet die Prozentanteile mit „gut“- und „schlecht“- Bewertungen der Geschäftslage nahezu die Waage.

Konsumklima-Erholung pausiert

Nicht nur in den Unternehmen auch unter den Verbrauchern in Deutschland hat sich die Stimmung leicht eingetrübt. Gemäß GfKSchätzungen dürfte der Konsumklima- Indikator von -21,0 Punkte im Juni auf -21,8 Punkte im Juli sinken. Zuvor hatte der Indikator vier Monate in Folge zugelegt und sich damit weiter vom Rückgang nach dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine erholt. Die befragten Verbraucher haben ihre Einkommens- und Konjunkturerwartungen weniger günstig bewertet als zuvor. Ihre Anschaffungsneigung ließ minimal nach und stagniert damit weiter auf einem sehr niedrigen Stand. Die Sparneigung stieg hingegen etwas und festigte dadurch ihr ohnehin schon hohes Niveau.

Trotz des jüngsten Rückgangs befindet sich das GfK Konsumklima aber weiterhin deutlich über dem Stand vom Jahresbeginn, ebenso wie das ifo Geschäftsklima. Dies spricht dafür, dass sich das moderate gesamtwirtschaftliche Wachstum vom 1. Quartal im Sommerhalbjahr fortsetzen wird.

Euroraum-Wirtschafklima tendiert weiter seitwärts

Im Euroraum als Ganzes ist die wirtschaftliche Stimmung zuletzt erneut nahezu unverändert geblieben. Der Wirtschaftsklima-Indikator der EU-Kommission sank im Juni minimal um 0,2 Punkte auf 95,9 Punkte, nachdem er im Mai leicht um 0,4 Punkte gestiegen war. Er tendiert bereits seit Jahresbeginn seitwärts, unter geringen Schwankungen. Im Juni standen einer abermaligen Stimmungsaufhellung unter den Verbrauchern mehr oder weniger starke Stimmungsverschlechterungen in den anderen betrachteten Bereichen (Industrie, Bau, Handel und Dienstleister) gegenüber. Insgesamt befindet sich das Wirtschaftsklima weiterhin über den im Herbst 2023 markierten Ständen aber zugleich etwas unter seinem langjährigen Mittelwert von 100 Punkten. Vor diesem Hintergrund zeichnet sich auch für den Euroraum als Ganzes bislang noch keine große Konjunkturdynamik ab.

Leicht zunehmende Arbeitslosigkeit

Im Nachgang der hartnäckigen Konjunkturschwäche in Deutschland, die inzwischen einer moderaten Belebung gewichen ist, hat die Arbeitslosenzahl im Juni zugenommen. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) stieg sie gegenüber dem Vormonat minimal um 4.000 auf 2,727 Mio. Menschen. Da die Zahl der Arbeitslosen im Juni üblicherweise sinkt, fiel der Anstieg in saisonbereinigter Rechnung mit einem Plus von 19.000 etwas stärker aus. Auch die Arbeitslosenquote kletterte im Juni nach oben, von zuvor 5,9 % auf 6,0 %. Sie befindet sich damit aber nach wie vor auf einem im langjährigen Vergleich niedrigen Niveau. Dies deutet auf eine weiterhin robuste Gesamtverfassung des Arbeitsmarktes hin.

Auf eine robuste Arbeitsmarktlage lässt auch der anhaltende Beschäftigungsaufbau schließen. So ist die saisonbereinigte Erwerbstätigenzahl gemäß aktuellen Schätzungen des Statistischen Bundesamts im Mai erneut gestiegen. Sie legte gegenüber dem Vormonat leicht um 20.000 auf 46,06 Mio. zu.

Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR