Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur

Wocheninfo vom 10.06.2024

  • Eine Leitzinssenkung ist noch kein Zinspfad
  • Fed dürfte halten
  • Aktien: Unbewegtes Europa, steigender Nasdaq
  • Anleihen: Europäische Anleihen netto unbewegt
  • Devisen: Euro weiterhin stabil bei 1,08
  • Rohstoffe: Öl fällt unter 80 Dollar
  • Nahezu stagnierende Industrieproduktion
  • Auftragseingang noch schwach
  • Deutlich zunehmender Außenhandel
  • Maue Frühjahrsbelebung am Arbeitsmarkt

Eine Leitzinssenkung ist noch kein Zinspfad

Wie erwartet hat die Europäische Zentralbank (EZB) am vergangenen Donnerstag, dem 6. Juni, ihren Leitzins um 25 Basispunkte gesenkt. Zugleich widersprach ihre Präsidentin, Christine Lagarde, auf der Pressekonferenz dem Gedanken, dass darauf weitere Zinssenkungen folgen müssen. Der weitere Zinsweg entspräche einer Straße mit Schlaglöchern. Folglich sind Befahrbarkeit und Geschwindigkeit schwer abschätzbar.

Im Sinne dieser Botschaft dürften die Zinsen im Juli wieder konstant bleiben. Damit würde die EZB den Eindruck hinterlassen, dass eine Zinssenkung keine weitere nach sich ziehen muss. Danach könnte die Notenbank ab September weitere Zinssenkungen durchführen. Mit Verweis auf die Julipause könnte sie jederzeit eine neuerliche Zinspause einlegen, sollte sich die Inflation nicht weiter zum Zielwert bewegen.

Damit bleibt die Erwartung bestehen, dass im September und im vierten Quartal noch jeweils eine Zinssenkung um 25 Basispunkte folgen werden. Der Einlagezins läge so zum Jahresschluss bei 3,25 %, nach nun bei 3,75 %.

Fed dürfte halten

Bei der US-Notenbank Fed rechnen hingegen die wenigsten mit einer Zinssenkung in dieser Woche. Die Inflation in den USA bleibt zu hoch für einen solchen Schritt, zumal die US-Wirtschaft weiterhin wächst und somit unter mehr Lohn- und Preisdruck steht als Europa.

Damit wird zusehends fraglich, ob die Federal Reserve vor den amerikanischen Präsidentschaftswahlen überhaupt die Zinsen senken wird. Neben der hartnäckigen Inflation spricht hierfür die politische Polarisierung. Eine Zinssenkung kurz vor den Wahlen könnte als parteiisch für den Amtsinhaber gesehen werden – zumal von Herausforderer Trump – und damit die Glaubwürdigkeit und unabhängige Rolle der Fed gefährden. Zwar weisen die Fed-Governeure diesen Gedanken zurück, dennoch könnte – und dürfte – es die Schwelle für eine Zinssenkung auf wirklich eindeutige Inflationsdaten erhöhen. Diese Situation könnte erst im November nach den Wahlen eintreten.

Aktien: Unbewegtes Europa, steigender Nasdaq

Der KI-Boom der Technologieaktien hat zwar nachgelassen. Doch stieg der technologielastige Nasdaq vergangene Woche noch einmal, und zwar um 2,38 %. Die Geschäftszahlen und Absatzhoffnungen der Chiphersteller und KI-Anbieter liefern weiterhin Stoff für Optimismus. Die breiteren Indizes wie der S&P 500 (plus 1,32 %) fallen dahinter zurück. Auch Indizes mit konventionellerer Besetzung wie der DAX (plus 0,32 %) können mit der Dynamik der Technologie-, Computer- und Digitalfirmen nicht mithalten.

Anleihen: Europäische Anleihen netto unbewegt

Bis zum Zinsentscheid der EZB am vergangenen Donnerstag stiegen die Kurse langjähriger europäischer Staatsanleihen – ein gewohntes Bild vor EZB-Entscheiden, seit über Zinssenkungen diskutiert wird. Nach dem Entscheid fielen die Kurse wieder, weil kein eindeutiger Zinssenkungspfad signalisiert wurde. Unter dem Strich stehen zum Wochenende sehr leichte Kursanstiege und entsprechende Renditeabschläge. Die Rendite der zehnjährigen deutschen Staatsanleihe, die Referenz im Markt, etwa fiel um 3 Basispunkte auf 2,62 %.

Devisen: Euro weiterhin stabil bei 1,08

Trotz EZB-Zinsentscheid und bevorstehenden EU-Parlamentswahlen blieb der Euro in der Vorwoche ein weiteres Mal bei einem Gegenwert von 1,08 Dollar. In dieser Woche könnten die politischen Turbulenzen den Euro leicht schwächen. So kündigte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Neuwahlen infolge der schlechten Ergebnisse seiner Partei an. Parallel verloren in Deutschland die Grünen und die SPD, während AfD und BSW zulegten. Beides könnte die Handlungsfähigkeit der größten Eurostaaten einschränken – oder wenigstens den Märkten diesen Eindruck vermitteln.

Rohstoffe: Öl fällt unter 80 Dollar

Die Öl-Referenzsorte Brent kostete zum Wochenende 79,68 Dollar und damit erstmals seit über drei Monaten unter 80 Dollar. Dahinter dürften gegenwärtig vor allem Koordinationsprobleme des Kartells OPEC+ stehen, gepaart mit der hohen US-Produktion.

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Nahezu stagnierende Industrieproduktion

Zu Beginn des 2. Quartals scheint die Industriekonjunktur in Deutschland ihren Tiefpunkt zwar durchschritten zu haben. Dem Aufstieg aus dem Konjunkturtal fehlt es aber bislang an Schwung. So stagnierte die preis-, saison- und kalenderbereinigte Industrieproduktion zuletzt im Wesentlichen. Mit spitzem Bleistift gerechnet legte sie im April geringfügig um 0,2 % zu, nachdem sie im März im gleichen Umfang zurückgegangen war. Innerhalb der Industrie zeigten sich unterschiedliche Entwicklungen: Während der für die Gesamtentwicklung sehr bedeutsamen Bereich Kfz/Kfz-Teile (+4,2 %) die Produktion kräftig erhöhte, musste der ebenfalls sehr wichtige Maschinenbau (-0,5 %) einen Rückgang hinnehmen. Positiv stimmt aber, dass die Industrieproduktion insgesamt im April leicht über dem Mittelwert des 1. Quartals lag, um 0,5 %. Ein anderes Bild zeigt sich in Hinblick auf das Baugewerbe. Hier verminderte sich die Produktion im April um deutliche 2,1 %, gedämpft auch durch die günstige Witterung zu Jahresbeginn, welche die Frühjahrsbelebung schon früher starten ließ als üblich. Gegenüber dem 1. Quartal lag die Bauproduktion im April um 1,7 % im Minus.

Auftragseingang noch schwach

Die jüngsten Daten zum Auftragseingang legen nahe, dass der Aufstieg der Industrie aus dem Konjunkturtal zunächst kraftlos bleiben wird. So ist der Auftragseingang des verarbeitenden Gewerbes im April gegenüber dem Vormonat minimal um 0,2 % gesunken. Dabei gaben die Inlandsorders (-0,3 %) in ähnlicher Größenordnung nach wie die Auslandsbestellungen (-0,3 %). Maßgeblich für die Gesamtentwicklung waren Großaufträge unter anderem aus dem sonstigen Fahrzeugbau, die bereits zuvor zu hohen monatlichen Schwankungen geführt hatten. Ohne Berücksichtigung der gegenüber März stark rückläufigen Großaufträge ergab sich aber ein kräftiges Bestellplus um 2,9 %. Auch wegen der deutlichen Aufhellung wichtiger Stimmungsindikatoren zeichnet sich für die Auftragslage allmählich eine Belebung ab.

Deutlich zunehmender Außenhandel

Der deutsche Außenhandel ist mit kräftigen Wachstumsraten in das 2. Quartal gestartet. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, legten die Warenausfuhren im April gegenüber dem Vormonat kalender- und saisonbereinigt um 1,6 % auf 136,5 Mrd. Euro zu. Dabei expandierten die Ausfuhren mit den EUHandelspartnern (+1,2 %) etwas schwächer als das Geschäft mit den als Drittstaaten bezeichneten Ländern außerhalb der EU (+2,0 %). Insgesamt übertrafen die Ausfuhren im April den Mittelwert des 1. Quartals um 1,7 %. Bei den Einfuhren zeigte sich eine noch stärkere Dynamik. Diese stiegen im April gegenüber dem Vormonat um 2,0 % auf 114,5 Mrd. Euro und übertrafen damit ihren im Jahresauftaktquartal erreichten Wert um 3,4 %.

Alles in allem sprechen die jüngsten Produktions-, Auftrags- und Außenhandelsdaten für eine Fortsetzung des moderaten gesamtwirtschaftlichen Wachstums im 2. Quartal. Von Seiten der Exporte dürften wie bereits im Jahresauftaktquartal positive Wachstumsimpulse ausgehen, ebenso wie von der Produktion des Verarbeitenden Gewerbes.

Maue Frühjahrsbelebung am Arbeitsmarkt

Vor dem Hintergrund der milden Witterung zu Jahresbeginn und der nur langsam weichenden Konjunkturschwäche ist die Frühjahrsbelebung am deutschen Arbeitsmarkt in diesem Jahr verhalten ausgefallen. Auch im Mai sank die Arbeitslosigkeit weniger deutlich wie nach dem Ende der allgemeinen Winterpause in vielen Außenberufen üblich. Gemäß den aktuellen Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) fiel die Arbeitslosenzahl gegenüber April um 27.000 auf 2,723 Mio. Menschen. In saisonbereinigter Rechnung kam es jedoch zu einem leichten Anstieg um 25.000. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote blieb im Mai gegenüber dem Vormonat unverändert bei 5,9 %. In Hinblick auf die Erwerbstätigkeit setzte sich der moderate Aufwärtstrend fort. Die saisonbereinigte Erwerbstätigenzahl legte im April gegenüber März um 25.000 auf 46,04 Mio. Menschen zu. Die noch immer hohe Arbeitskräftenachfrage spricht dafür, dass der leichte Beschäftigungsaufbau in naher Zukunft zunächst andauern wird. Im Mai waren bei der BA 702.000 offene Arbeitsstellen gemeldet.

Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR