Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur
Wocheninfo vom 29.07.2024
- EZB: Sorgen um Löhne und Dienstleistungspreise
- Fed: Erneut keine Zinssenkung
- Aktien: Rücksetzer für Big Tech
- Anleihen: Leichte Kursgewinne zwischen den Notenbanksitzungen
- Devisen: Euro hält Marke von 1,08 zum Dollar
- Rohstoffe: Öl fiel, Nahostrisiken am Wochenende gestiegen
- Ifo: Geschäftsklima leicht verschlechtert
- GfK DE: Stimmungsaufhellung auch unter den Verbrauchern
- Ifo: Exporterwartungen gesunken
- Höheres Euroraum-Verbrauchervertrauen
EZB: Sorgen um Löhne und Dienstleistungspreise
In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung warnte Isabel Schnabel einmal mehr vor Inflationsrisiken. Damit wehrte sich das EZB-Direktoriumsmitglied gegen die Idee, dass auf die erste Zinssenkung unweigerlich weitere folgen müssten.
Denn die EZB sorgt sich um die Lohnentwicklungen. Die seien weiterhin stark, wenngleich sie damit den Inflationsschock aufholten. Im positiven Fall steigt parallel die Produktivität wieder und fallen die Profitmargen. Dann würden die höheren Löhne, die zu höheren Dienstleistungskosten führen, die Inflation nicht antreiben. Im negativen Fall schwächelt die Produktivität und bleiben die Profite konstant, dann müssten die Preise steigen und die Inflation würde anziehen. Die Notenbank rechnet eher mit der positiven Entwicklung, weiß es aber nicht. Daher hält sie sich ihre Zinsschritte offen und kommuniziert das bei jeder Gelegenheit.
Andererseits erklärte Schnabel wie EZB-Präsi dentin Lagarde: Die Sitzung im September sei „weit offen“. Gemeint ist, dass das Ergebnis offen sei. Beobachter lesen die Aussage aber eher als Signal für eine weitere Zinssenkung. Da die EZB offiziell auf Datenabhängigkeit und Offenheit verweis, kann sie ein solches Signal aber nicht aussprechen. Die Märkte interpretieren „weit offen“ entgegen der vorsichtigen Kommunikation vor der Julisitzung als dieses Signal.
Fed: Erneut keine Zinssenkung
Die US-Notenbank Fed entscheidet am Mittwoch über ihre Geldpolitik. Sie dürfte, wie auch die EZB im Juli, ihre Leitzinsen konstant halten. Ähnlich der EZB muss die Fed die Lohnentwicklung und den daraus resultierenden Preisdruck beachten, so die Profitmargen nicht sinken. Die Fed sieht sich dabei einer stärkeren Wirtschaft als die EZB gegenüber, sodass die Unternehmen mehr Spielraum für Preiserhöhungen haben.
Dennoch nahmen die Märkte jüngste Wirtschaftszahlen der USA – leicht rückläufige Inflation und Arbeitsmarktzahlen – insofern positiv auf, als dass sie nun für September eine Zinssenkung als wahrscheinlicher erachten.
Aktien: Rücksetzer für Big Tech
Der Nasdaq gab in der Vorwoche 2,08 % ab, während andere Indizes wie der DAX stabil blieben oder sogar leicht zulegten. Nach der enormen Techrallye der letzten Monate sorgten unter den Erwartungen liegende Geschäftszahlen für Zurückhaltung beziehungsweise Gewinnmitnahmen. Ein Ausverkauf der Technologiefirmen ist zwar sehr unwahrscheinlich, sie könnten vorerst aber als Zugpferde der Aktienmärkte ausfallen.
Anleihen: Leichte Kursgewinne zwischen den Notenbanksitzungen
Die zehnjährige Staatsanleihe der Bundesrepublik warf am Ende der Vorwoche mit 2,4 % 5,9 Basispunkte weniger Rendite ab als zum Wochenauftakt. Das gleichlange US-Papier brachte 4,3 Basispunkte weniger Rendite und damit 4,2 %. Diese wenngleich geringen Rückgänge zeugen von den Hoffnungen auf Zinssenkungssignale der beiden großen Notenbanken Fed und EZB.
Devisen: Euro hält Marke von 1,08 zum Dollar
Mit einem Gegenwert von 1,086 Dollar hielt sich der Euro in der Vorwoche recht stabil. Exakt verlor er zwar 0,31 %, faktisch steht er damit leicht höher als im Schnitt der letzten drei Monate. Die Gemeinschaftswährung scheint sich damit zusehends zwischen 1,05 und 1,10 Dollar zu stabilisieren, was eine Verbesserung zur Energiekrise darstellt, aber eine Schwächung im Langfristvergleich.
Rohstoffe: Öl fiel, Nahostrisiken am Wochenende gestiegen
Pro Barrel Brent-Öl wurden Ende der letzten Woche 80,46 Dollar fällig. Damit notierte die Referenzsorte 4,31 % unter ihrem Wochenauftaktkurs. Der Erschwinglichkeit hilft eine weiterhin verhaltene bis moderate globale Nachfrage.
Am Wochenende tötete ein Raketenangriff, wahrscheinlich der Hisbollah, jedoch mehrere Kinder auf den seit Jahrzehnten israelisch besetzten Golanhöhen. Israel hat eine militärische Reaktion angekündigt. Deren Entfaltung und etwaige „Vergeltung“ der Hisbollah könnte mindestens für starke Volatilität sorgen.
Ifo: Geschäftsklima leicht verschlechtert
Im Juli hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft weiter verschlechtert. Der ifo Geschäftsklimaindex ist gegenüber dem Vormonat um 1,6 Punkte auf 87 Zähler gefallen. Im Mai hatte der auf einer monatlichen Unternehmensumfrage beruhende Indikator bereits um 0,7 Punkte nachgegeben.
Sowohl die Lage als auch die Erwartungen wurden schlechter bewertet. Die Erwartungen verschlechterten sich dabei deutlicher als die Lage. So seien die Auftragsbestände gesunken und fiel die Kapazitätsauslastung. Auch die Dienstleistungsbranche sah etwas schlechtere Perspektiven, was zumindest die EZB hinsichtlich der dortigen Preisentwicklung positiv aufnehmen könnte.
GfK DE: Stimmungsaufhellung auch unter den Verbrauchern
Unter den Verbrauchern in Deutschland hat sich die wirtschaftliche Stimmung zuletzt ebenfalls verbessert. Nach Einschätzung der GfK dürfte das Konsumklima im August um 3,2 Punkte auf -18,4 Punkte steigen.
Gemäß den GfK-Angaben haben insbesondere die Einkommenserwartungen zu dieser Verbesserung beigetragen. Sie stiegen um 11,5 Zähler auf 19,7 Punkte, den höchsten Wert seit Oktober 2021 – also zum Ende der Coronapandemie.
Im Vergleich dazu bleiben die Konsumenten bei den Konjunkturaussichten sehr verhalten. Der Indikator stieg zwar um 7,3 Zähler, damit jedoch glich er nur die Verluste des Vormonats aus und steht bei insgesamt 9,8 Punkten.
Diese Divergenz zwischen (besseren) persönlichen und (schlechteren) gesamtwirtschaftlichen Einschätzungen lässt sich auch in anderen reichen Volkswirtschaften wie den USA beobachten. Andererseits zeigt das ifo-Geschäftsklimas ebenfalls verhaltene Aussichten auf Erholung.
Ifo: Exporterwartungen gesunken
Nicht nur die Geschäftserwartungen als Ganzes auch die Exporterwartungen haben sich in der deutschen Wirtschaft im Juli abgeschwächt. Die ifo Exporterwartungen schwächten sich im Vormonatsvergleich um - 0,4 Punkte auf -1,7 Punkte ab. Bereits im Juni war der auf Meldungen von Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes basierende Indikator gesunken.
Die Automobilindustrie sowie Metallerzeugung und –bearbeitung rechnen gemäß der Befragung mit Rückgängen. Chemische Industrie sowie Gummi- und Kunststoffhersteller erwarten für sich hingegen keine Verschlechterung.
Die jüngsten Umfrageergebnisse dämpfen die Hoffnung, dass der im Mai eingetretene Rückschlag im Außenhandel bald überwunden wird. Im Mai waren die Warenausfuhren Deutschlands gegenüber dem Vormonat kalender- und saisonbereinigt um deutliche 3,6 % auf 131,6 Mrd. zurückgegangen, wofür vor allem das Geschäft mit den Staaten außerhalb der EU (-4,9 %) verantwortlich war.
Höheres Euroraum-Verbrauchervertrauen
Unter den Verbrauchern des Euroraums hat sich das wirtschaftliche Sentiment ebenfalls verbessert. Nach vorläufigen Angaben der EU-Kommission ist der Indikator des Verbrauchervertrauens von -14,0 Punkten im Juni auf -13,0 Punkte im Juli gestiegen. Damit scheint sich der seit Jahresbeginn feststellbare leichte Aufwärtstrend des Indikators fortzusetzen. Er nähert sich seinem langfristigen Durchschnitt an.
Stützend auf die Verbraucherstimmung dürfte die auch im Euroraum als Ganzes rückläufige Inflation beigetragen haben. So ist die Inflationsrate des Währungsraums jüngst von 2,6 % im Mai auf 2,5 % im Juni gesunken. Die Ergebnisse der Wahl zum Europaparlament und die Resultate der vorgezogenen Wahlen zum französischen Parlament scheinen das Verbrauchervertrauen hingegen bislang kaum beeinträchtigt zu haben.
Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR