Mit Madame Lagarde steht erstmals eine Juristin und keine Ökonomin an der Spitze der Europäischen Zentralbank. Ihre politischen Fähigkeiten konnte sie mehrfach unter Beweis stellen. Die neue Präsidentin der EZB wird somit zweifellos einen neuen Stil etablieren, wie sie jüngst selbst in Aussicht stellte. Dabei ist inbesondere eine andere, politischere Art der Kommunikation zu erwarten. Auch eine andere Nähe zur Politik ist wahrscheinlich, was künftig die Diskussion um die Unabhängigkeit der Notenbank verstärken sollte. Innerhalb der EZB ist von ihr zu erwarten, dass sie vermehrt den Konsens sucht, weshalb – anders als bei ihrem Vorgänger – kaum Alleingänge zu erwarten sind. Hinsichtlich der originären Geldpolitik sind Madame Lagarde nicht nur durch die ökonomischen und instrumentalen Rahmenbedingungen die Hände gebunden, sie ist auch auf der inhaltlichen Linie von Mario Draghi. Sowohl eine weitere Absenkung des Einlagesatzes als auch eine Erweiterung des Anleihekaufprogrammes sind bei gegebenen Anlässen zu erwarten. Noch stärker als bisher wird Christine Lagarde vermutlich die Politik in die Pflicht nehmen, die Geldpolitik zu unterstützen. Sie tritt für eine expansivere Fiskalpolitik in den Ländern ein, die entsprechenden Spielraum haben – also auch Deutschland. Gleichzeitig fordert sie Strukturreformen, die das Wachstum unterstützen, insbesondere in den Ländern ohne fiskalischen Spielraum. Letzteres wäre auch für das von Lagarde ebenfalls verfolgte Ziel der wieder steigenden Inflation der Ansatz mit den größten Erfolgsaussichten.
Die anstehende Strategiediskussion innerhalb des EZB-Rates sollte in den kommenden Monaten mehr Aufschluss über die künftige Geldpolitikgeben. Eine generelle Änderng der Ausrichtung ist jedoch nicht zu erwarten.
Bunds: nur leicht verändert
Ölpreise: geringere US-Lagerbestände
Devisen: warten auf den Brexit
DAX versucht sich an 12.900 Punkten
Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR