Unabhängig vom Inhalt und der bereits erklärten Ablehnung durch den Koalitionspartner der Tories – der nordirischen DUP – hängt eine Zustimmung im Parlament mit der politischen Strategie der Protagonisten zusammen. Die Verschiebung der Abstimmung am Samstag hatte sicherlich vorrangig das Ziel, Boris Johnson zu zwingen, bei der EU eine Verlängerung zu beantragen. Ob es in der aktuellen Woche eine Zustimmung gibt, hängt nun maßgeblich davon ab, was Labour und die Liberaldemokraten im kommenden Wahlkampf für eine Strategie verfolgen. Labour und ganz besonders Jeremy Corbyn haben sich dabei augenscheinlich in eine lose-loselose- Situation manövriert. Boris Johnson kann nun bei den noch nicht beschlossenen Wahlen in den kommenden Monaten behaupten, dass er sogar noch einen „besseren“ Deal ausgehandelt hat und Labour nun verantwortlich für einen harten Brexit ist, wenn Labour weiterhin ablehnt. Sollte das Parlament den Vertrag mit den Stimmen der oppositionellen Labour-Partei ratifizieren, wäre Johnson der Premier, der es geschafft hat, geordnet aus der Europäischen Union auszuscheiden. Und sollte die EU, den nicht unterschriebenen Antrag auf Fristverlängerung zustimmen, würde auch dies bedeuten, dass Johnson alles gegeben hat, um den Brexit zu vollziehen. Allerdings wurde er vom Parlament und ganz besonders vom politischen Gegner gezwungen, den Brexit aufzuschieben. In allen drei Fällen könnten die Tories einen sehr offensiven Wahlkampf führen und würden Labour in die Defensive zwingen. Labour bleibt noch die Forderung, eine Verlängerung zu nutzen, um den aktuellen Vertrag in eine Volksabstimmung einzubringen – für einen Wahlerfolg allerdings etwas wenig.
Die Unsicherheit an den Märkten sollte anhalten, schlimmer jedoch sind die mittel- und langfristigen Folgen für die Unternehmen und die Wirtschaftsleistung insbesondere in Großbritannien, abgeschwächt jedoch auch im Rest der EU.
Bunds: Risk on lässt Renditen weiter steigen
Ölpreise: Hoffnungen vs. Realität
Devisen: Brexit-Hoffnung stützt Euro und GBP
DAX kurzzeitig über 12.800 Punkten
Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR