Wocheninfo vom 15.09.2025
Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur
Das Wichtigste in Kürze
- EZB bleibt bei „Wait and Watch“
- Aktien: Fed-Erwartungen sorgen für Gewinne
- Anleihen: Zinserwartungen drücken Renditen
- Devisen: US-Dollar weiter schwach
- Rohstoffe: Rally beim Goldpreis
- Im 1. Halbjahr 12,2 % mehr Firmenpleiten
- Leicht rückläufige Warenexporte
- 2,2 % Inflationsrate bestätigt
- Lkw-Maut-Index deutlich gesunken
EZB bleibt bei „Wait and Watch“
Wie erwartet hat die EZB auf ihrer geldpolitischen Sitzung am vergangenen Donnerstag die Zinsen im Euroraum zum zweiten Mal in Folge unverändert belassen. Der für die Geldpolitik relevante Einlagesatz liegt damit weiterhin bei 2,0 %. Die Entscheidung wurde insbesondere mit der vergleichsweise hohen Resilienz der europäischen Wirtschaft trotz der Zollerhöhungen der Vereinigten Staaten begründet. Derzeit wird eine weitere Zinssenkung bis zum Jahresende mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 20 % eingepreist.
Die neuen Projektionen des Eurosystems deuten auf eine leicht höhere Inflationsentwicklung im laufenden Jahr (2,1 %) und im kommenden Jahr (1,7 %) hin als in den vorherigen Projektionen erwartet. Die Projektionen für das Wirtschaftswachstum im Euroraum in 2025 wurden zum ersten Mal seit März 2024 leicht nach oben auf 1,2 % korrigiert. Für das kommende Jahr wurden die Wachstumsprognosen leicht nach unten korrigiert.
Ein Eingreifen der EZB aufgrund der Regierungskrise in Frankreich war ausdrücklich kein Bestandteil der Diskussionen um den Zinsentscheid. In der anschließenden Pressekonferenz äußerte sich EZB-Präsidentin Lagarde zwar beschwichtigend, betonte jedoch, dass die EZB jederzeit über ihr TPI-Kriseninstrument in den Markt eingreifen könnte.
Mit dem Zusammenbruch der französischen Regierung stiegen die längerfristigen Zinsen der Grande Nation zunächst an, haben sich inzwischen aber wieder beruhigt. Die Zinsaufschläge auf deutsche Papiere liegen derzeit bei rund 80 Basispunkten und damit in etwa auf dem Niveau vom Juni des vergangenen Jahres, als zuletzt eine französische Regierung zusammengebrochen ist. Die Aufschläge sind damit ähnlich hoch wie die für italienische Papiere. Die Staatsverschuldung Frankreichs liegt bei rund 114 % des BIP, der dritthöchste Wert im Euroraum. Im Gegensatz zu anderen Euro-Staaten kam es in Frankreich in den letzten Jahren mit höherer Inflation zu keinem Rückgang der Schuldenquote.
Aktien: Fed-Erwartungen sorgen für Gewinne
Schwächere Arbeitsmarktdaten und neue Inflationsdaten, die nur leicht über den Erwartungen vieler Marktbeobachter lagen, stützten die Erwartungen einer Zinssenkung der amerikanischen Fed auf ihrer geldpolitischen Sitzung am kommenden Mittwoch, dem 17.09., an den Märkten. Die US-Märkte stiegen mit gut 1,5 % besonders stark in Erwartung der Zinssenkungen. Der DAX schloss mit einem Plus von knapp 0,5 % bei 23.698 Punkten. Die Regierungskrise in Frankreich sorgte zwar für Diskussionsstoff, die Anleger ließen sich da-von jedoch nicht abschrecken. Der französische CAC40 stieg sogar um knapp 2 %.
Anleihen: Zinserwartungen drücken Renditen
In der vergangenen Woche kam es bei den Rentenpapieren zu divergierenden Verläufen. Die Fed steht vor Zinssenkungen, US-Präsident Trump forderte sogar zu einem großen Zinsschritt um 50 Basispunkte auf. Der nach wie vor relativ robuste Arbeitsmarkt und die erhöhte Inflation sprechen jedoch dagegen. Zehnjährige US-Papiere schlossen zum Wochenschluss bei 4,06 % und unterschritten zwischenzeitlich sogar die 4-Prozent-Marke. Ihre deutschen Pendants schlossen nach der EZB-Zinspause höher bei 2,71 %.
Devisen: US-Dollar weiter schwach
Trotz gefestigter Aussichten auf US-Zinssenkungen bleibt der US-Dollar fast unverändert. Gegenüber dem Euro schließt er bei 1,1727.
Rohstoffe: Rally beim Goldpreis
Der Goldpreis erreichte auf Schlusskursbasis mit 3.648 US-Dollar erneut ein Rekordhoch. Unterstützt wird der Anstieg durch den weiterhin schwachen US-Dollar, sinkende Marktzinsen und steigende Zinssenkungsfantasien. Vor allem Käufe von Zentralbanken und An-legern auf der Suche nach Alternativen zu Staatsanleihen, sorgen für die Kursrally. Die weiteren Eskalationen Russlands sorgten für einen Anstieg des Ölpreises. An den Märkten wird mit zusätzlichen US-Sanktionen gerechnet. Gleichzeitig hat die OPEC+ wie erwartet beschlossen, die Fördermengen trotz der Marktsorgen über einen bevorstehenden Angebotsüberschuss zu erhöhen. Der Ölpreis steigt im Wochenverlauf auf 67,00 US-Dollar.
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Im 1. Halbjahr 12,2 % mehr Firmenpleiten
Vor dem Hintergrund der anhaltenden konjunkturellen und strukturellen Probleme tendieren die Insolvenzzahlen in Deutschland weiterhin nach oben. Von den Amtsgerichten wurden im 1. Halbjahr 12.009 Unternehmens- und 38.016 Verbraucherinsolvenzen gemeldet. Die Zahl der Firmenpleiten übertraf damit den entsprechenden Vorjahreswert um 12,2 %. Bei den Verbraucherinsolvenzen fiel der Anstieg mit 7,5 % etwas weniger stark aus.
Nach Wirtschaftsabschnitten differenziert gab es die meisten Firmenpleiten im Bereich Verkehr und Lagerei (64,5 Fälle je 10.000 Unternehmen), gefolgt vom Gastgewerbe (52,7 Fälle) und vom Baugewerbe (52,3 Fälle).
In den kommenden Monaten dürfte die Aufwärtsbewegung der Insolvenzzahlen anhalten. Hierauf lässt auch der amtliche Schnellindikator zu den Regelinsolvenzen schließen, der im August seinen Vorjahres-monatswert um 11,6 % überschritt.
Leicht rückläufige Warenexporte
Angesichts der hohen weltwirtschaftlichen Unsicherheiten, nicht zuletzt durch die unberechenbare US-Zollpolitik, zeigt sich der grenzüberschreitende Handel der deutschen Wirtschaft weiterhin schwach. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, wurden von Deutschland im Juli kalender- und saisonbereinigt Waren im Wert von 130,2 Mrd. Euro ausgeführt und Waren im Wert von 115,4 Mrd. Euro eingeführt. Die Warenexporte sind gegenüber dem Vormonat um 0,6 % gesunken, wozu auch der weitere Rückgang im Geschäft mit den USA (-7,9 %) beitrug. Bei den Warenimporten fiel der Rückgang mit einer Verlaufsrate von -0,1 % geringer aus.
Insgesamt signalisieren die jüngsten Daten, dass vom Außenhandel im 3. Quartal erneut eine dämpfende Wirkung auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ausgehen könnte. Im 2. Quartal hatte der Außenbeitrag mit -0,7 Prozentpunkten zum Rückgang des preis-, kalender- und saisonbereinigten Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,3 % gegenüber dem Vorquartal beigetragen.
2,2 % Inflationsrate bestätigt
Das Statistische Bundesamt hat inzwischen detaillierte Angaben zur jüngsten Entwicklung der Verbraucherpreise vorgelegt und dabei das zentrale Ergebnis seiner Ende August veröffentlichten vorläufigen Angaben bestätigt. Demnach ist die Inflationsrate, gemessen an der jährlichen Veränderung des Verbraucherpreisindexes (VPI), im August erstmals seit Jahresbeginn 2025 leicht gestiegen. Sie legte von 2,0 % im Juli auf 2,2 % zu.
Ein Grund für den Anstieg der Gesamtrate war der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln, der sich im August verstärkt hat (+2,5 % nach +2,2 % im Juli). Vor allem Obst (+7,1 %) sowie Zucker, Marmelade, Honig und andere Süßwaren (+6,9 %) verteuerten sich zuletzt stark. Darüber hinaus dämpfte der Preisrückgang bei Energie die Inflationsrate weniger deutlich als zuvor (-2,4 % im August nach -3,4 % im Juli). Hierzu trug der Basiseffekt, der bereits im August 2024 merklich gesunkenen Rohölpreise, bei. Der genannte Basiseffekt dürfte die Inflations-rate in naher Zukunft über der Marke von 2 % halten, trotz der preissenkenden Wirkung der Euroaufwertung.
Lkw-Maut-Index deutlich gesunken
Nach einem Anstieg im Vormonat ist der Lkw- Maut-Fahrleistungsindex im August wieder zurückgegangen. Der Index, der die Fahr-leistung mautpflichtiger Lastkraftwagen mit mindestens vier Achsen auf Bundesautobahnen misst, sank gegenüber Juli kalender- und saisonbereinigt um 2,3 %.
Die deutlich verminderte Fahrleistung lässt für August zunächst wieder einen Rückgang der Industrieproduktion in Deutschland erwarten. Die Industrieproduktion war im Juli gegenüber dem Vormonat preis-, kalender- und saison-bereinigt noch um spürbare 2,2 % gestiegen und hatte damit die Rückgänge der drei vor-angegangenen Monate nahezu wieder aus-gleichen können. Für die weitere Zukunft lassen Frühindikatoren, wie das ifo Geschäfts-klima auf eine voranschreitende Bodenbildung der Industriekonjunktur schließen.
Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR