Wocheninfo vom 21.07.2025
Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur
Das Wichtigste in Kürze
Angriffe auf die Unabhängigkeit der Fed
Seit der Amtsübernahme der aktuellen US-Regierung steht die Entlassung des Fed-Präsidenten Powell durch US-Präsident Trump im Raum. Stein des Anstoßes ist die Einschätzung der US-Notenbank, dass die Zölle für zusätzlichen Preisdruck sorgen könnten und man deshalb mit Zinssenkungen warten müsse. In der vergangenen Handelswoche häuften sich die Medienberichte, denen zufolge eine Entlassung Powells kurz bevorstehe. Die große Sorge dabei ist die Unabhängigkeit der Notenbank. Ein als Nachfolger gehandelter Kandidat hat im Fernsehen bereits die Frage aufgeworfen, ob die Fed und das Finanzministerium zukünftig enger zusammenarbeiten und die Zinsen künstlich niedrig halten sollten, um Staatsausgaben leichter zu finanzieren.
Infolge der Medienberichte reagierten die Finanzmärkte besorgt. Die Aktienmärkte gaben nach, während der US-Dollar-Index deutlich an Wert verlor. Gleichzeitig stiegen insbesondere die langfristigen Renditen am US-Anleihemarkt. Trump konnte die Märkte zwar kurzfristig beruhigen, als er verkündete, dass es unwahrscheinlich sei, Powell zu entlassen. Das Risiko ist jedoch noch nicht gebannt. Eine Ablösung Powells könnte zu deutlichen Einbrüchen bei Anleihen und dem US-Dollar führen. Damit würde die US-Administration zunächst ihr Ziel niedrigerer Zinsen für Staatsanleihen selbst torpedieren.
Die Folgen eines Angriffs auf die Unabhängigkeit der Notenbank sind bereits jetzt sichtbar. So sind die impliziten Inflationserwartungen am Markt (Breakeven-Inflation) insbesondere für längere Zeiträume von mehreren Jahren bereits gestiegen. An den Märkten wird also eingepreist, dass die Fed über Jahre hinweg Schwierigkeiten haben könnte, die Inflation in den Griff zu bekommen. Erste Vergleiche mit der Türkei werden bereits gezogen. Ein zusätzliches Problem ist, dass selbst wenn Powell bis zum Ende seiner Amtszeit im Mai 2026 im Amt bleibt, danach wahrscheinlich eine Person an seine Stelle treten wird, die eher im Sinne der US-Regierung handelt.
Aktien: Turbulenzen durch Fed-Angriffe
Die US-Politik bestimmte erneut das Marktgeschehen an den Finanzmärkten. Zum Wochenbeginn drückte der Zollkonflikt noch auf die Stimmung. Im weiteren Wochenverlauf sorgte vor allem die Unsicherheit über die Unabhängigkeit der Fed für Turbulenzen. Nach den Medienberichten gaben die Märkte kurz deutlich nach, erholten sich jedoch schnell wieder, als der US-Präsident Entwarnung gab. Der DAX beendete die Woche mit einem leichten Plus bei 24.289 Punkten, auch die US-Märkte konnten zulegen.
Anleihen: Zinsaufschläge durch Fed-Sorgen
Die Sorge über die Angriffe der US-Regierung auf die Unabhängigkeit der Notenbank macht sich besonders an den Anleihemärkten bemerkbar. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen lag zum Wochenschluss bei 4,427 %. Insbesondere die langfristigen Zinsen reagierten: 30-jährige Papiere notierten bei etwa 5 %, der Zinsaufschlag auf kürzer laufende Papiere erreichte das Niveau von Ende 2021. Zehnjährige Bundrenditen liegen mit 2,692 % etwas höher.
Devisen: US-Dollar mit Aufwärtsbewegung
Der US-Dollar setzt seine Aufwertung fort. So konnte der Greenback im Juli trotz Zöllen und Fed-Angriffen etwa 2 % zulegen. Die Märkte scheinen sich auf die höheren Zinsen zu fokussieren und andere Risiken auszublenden. Gegenüber dem Euro schloss er bei 1,164.
Rohstoffe: Bitcoin profitiert von Fed-Sorgen
Von der hohen Unsicherheit der vergangenen Wochen konnte vor allem der Bitcoin profitieren. Er stieg zwischenzeitlich auf über 120.000 US-Dollar und erreichte damit ein neues Rekordhoch. Dazu dürften kryptofreundliche Maßnahmen der US-Regierung, Angriffe auf das Vertrauen in staatliche Institutionen und die Verunsicherung durch den Handelskonflikt beigetragen haben. Der Ölpreis startete zunächst schwächer. Die OPEC+ -Länder haben ihre Nachfrageerwartungen unverändert belassen, nachdem sie Produktionsausweitungen beschlossen haben. Im weiteren Wochenverlauf rückten mögliche Sanktionen der USA gegen Russland in den Fokus der Händler, sodass Brent-Öl insgesamt mit 69,29 US-Dollar höher schloss.
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Konjunkturerwartungen erneut gestiegen
Der Optimismus unter Finanzmarktfachleuten in Hinblick auf die wirtschaftlichen Aussichten Deutschlands ist im Juli weiter gestiegen. Die auf einer monatlichen Umfrage unter diesen Fachleuten beruhenden ZEW-Konjunkturerwartungen legten gegenüber Juni um 5,2 auf 52,7 Punkte zu. Der Frühindikator setzte damit seine Erholung vom Einbruch nach den US-Importzollerhöhungen von Anfang April fort, befördert von der Hoffnung auf eine baldige Lösung im EU-USA-Handelskonflikt und die Wachstumsimpulse der Bundesregierung.
Nicht nur die Konjunkturerwartungen, auch die Einschätzungen zur aktuellen Wirtschaftslage verbesserten sich weiter. Der entsprechende ZEW-Lageindikator legte im Juli um kräftige 12,5 Punkte zu. Er befindet sich mit -59,5 Punkten aber noch immer tief im negativen Bereich.
Insgesamt stimmen die jüngsten Umfragedaten zuversichtlich, dass die lange ersehnte gesamtwirtschaftliche Belebung bald eintritt. Die Konjunkturrisiken sind aber weiterhin enorm. So habe die von Trump angedrohten Zollanhebungen um 30 % das Potenzial, den Aufschwung weiter hinauszuzögern und die Wirtschaftsleistung Deutschlands 2025 erneut schrumpfen zu lassen.
Zunehmender Auftragsbestand
Ausgehend von dem im August 2024 erreichten lokalen Tiefpunkt ist der Auftragsbestand im hiesigen Verarbeitenden Gewerbe im Mai erneut leicht gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, übertrafen die offenen Aufträge ihren Vormonatswert saison- und kalenderbereinigt um 0,4 %.
Die Auftragsbestände folgen damit im Wesentlichen der Entwicklung der Neuaufträge. Diese waren im Mai zwar preis-, kalender- und saisonbereinigt um 1,4 % zurückgegangen. In den vorangegangenen beiden Monaten hatten sie aber zugelegt. Im Dreimonatsvergleich befanden sich die Neuaufträge um 2,1 % im Plus, wobei Wachstumsimpulse insbesondere von den Auslandsordern im Investitionsgütersegment (+11,8 %) ausgingen. Die Inlandsbestellungen sind dagegen in der Dreimonatsbetrachtung um 4,1 % zurückgegangen.
Höhere Euroraum-Industrieproduktion
Im Mai haben die Industriebetriebe des Euroraums ihre Produktion merklich ausgeweitet. Nach vorläufigen Angaben von Eurostat legte die industrielle Erzeugung gegenüber dem Vormonat preis-, kalender- und saisonbereinigt um 1,7 % zu. Damit konnte ein großer Teil des Rückgangs vom April (-2,2 %) wieder ausgeglichen werden.
Innerhalb der Industrie zeigten sich jüngst teilweise sehr unterschiedliche Tendenzen. Während die Produzenten von Verbrauchsgütern (+8,5 %), Energie (+3,7 %) und Investitionsgütern (+2,7 %) kräftige Anstieg verzeichneten, mussten die Hersteller von Gebrauchs- (-1,9 %) und Vorleistungsgütern (-1,7 %) merkliche Produktionsverluste hinnehmen.
Ob sich der Anstieg der Industrieproduktion als Ganzes in den Folgemonaten fortsetzen wird, bleibt abzuwarten. Der Order-Indikator spricht gegen starke Produktionsausweitungen. Der Indikator ist im Juni um 3,4 Punkte auf niedrige -28,2 Punkte gesunken.
Erzeugerpreise weiterhin rückläufig
In Deutschland sind die Preise auf der industriellen Erzeugerstufe nach wie vor rückläufig. Der Erzeugerpreisindex gewerblicher Güter unterschritt im Juni seinen Vorjahresmonatswert um 1,3 %. Im Mai hatten die Erzeugerpreise mit einer Jahresrate von 1,2 % in ähnlichem Umfang nachgegeben.
Hauptgrund für den Rückgang waren die Energiepreise. Diese verbilligten sich im Juni gegenüber dem Vorjahresstand insgesamt um 6,4 %. Besonders deutlich gaben die Preise für Strom (-8,8 %) und Mineralölerzeugnisse (-7,7 %) nach. Auch im Vormonatsvergleich waren die Energiepreise rückläufig, um 0,3 %, trotz zeitweise höherer Rohölpreise im Zuge der neuerlichen Nahostkonflikt-Eskalation.
Die jüngsten Erzeugerpreisdaten legen nahe, das der Preisauftrieb auf der Verbraucherstufe in naher Zukunft weiter nachlassen wird.
Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR