Wocheninfo vom 23.06.2025
Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur
Das Wichtigste in Kürze
Exorbitante Privilegien?
Die Abwertung des US-Dollar sorgt für Diskussionen über die Rolle als Welt-Reservewährung. Jüngst äußerte sich auch EZB-Präsidentin Lagarde, die sich Vorteile einer größeren Bedeutung des Euro als Weltreservewährung verspricht. Der Zugang zu Krediten könnte erleichtert und vergünstigt werden und die Anfälligkeiten für Wechselkursschwankungen sinken, wenn der Handel verstärkt in Euro stattfinden würde. Doch ist dieser Status wirklich erstrebenswert?
Worin liegt das besondere Privileg einer Reservewährung? Länder mit einem Leistungsbilanzdefizit sehen sich meist einer Abwertung ihrer Währung ausgesetzt, da die Überschussländer die Auslandswährung verkaufen. Dies ist bei einer Reservewährung wie dem USDollar, der gerne gehalten wird, anders. Entsprechend konnten die USA über ein Leistungsbilanzdefizit ausländische Güter erwerben und dieses Defizit von anderen Ländern finanzieren lassen, die US-Anleihen erwarben und somit eine Abwertung des US-Dollars verhinderten. Der Euroraum zeichnet sich jedoch bisher durch einen Leistungsbilanzüberschuss aus. Andere Länder müssten Euros am Devisenmarkt erwerben, anstatt sie über den Außenhandel zu beziehen. Die Folge wäre eine effektive Aufwertung des Euros, wodurch sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit verringern würde. Ein Vergleich mit den USA hinkt also, passender wäre die Schweiz. Dort kämpft die Notenbank regelmäßig mit Devisenmarktinterventionen gegen die Aufwertung des Schweizer Frankens an. Für die EZB könnte der Schuss also nach hinten losgehen. Würde der Euro dem US-Dollar als Weltreservewährung näherkommen, könnte die EZB gezwungen sein, durch den Kauf von US-Staatsanleihen einer zu starken Aufwertung entgegenzuwirken. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Die Deutsche Bundesbank sah sich zum Beispiel in den 1970er Jahren mit einer steigenden DMNachfrage konfrontiert und sprach in ihrem Geschäftsbericht aus dem Jahr 1972 von einer „Reservewährung wider Willen”.
Aktien: Nahost-Sorgen dominieren die Märkte
In der zurückliegenden Woche hat sich das Börsengeschehen zunächst von den Kursverlusten zu Beginn der israelisch-iranischen- Militärschläge etwas erholt. Im weiteren Wochenverlauf setzte dann die Sorge, dass sich die USA an den israelischen Angriffen auf den Iran beteiligen könnten, die Kursentwicklung merklich unter Abwärtsdruck. Im Fokus der Marktteilnehmer stand zudem der Zinsentscheid der US-Notenbank Fed zur Wochenmitte. Wie vorab allgemein erwartet, beließ die Fed ihren Leitzins in einer Spanne zwischen 4,25 und 4,50 %. Die mit dem Zinsentscheid veröffentlichten neuen Wirtschaftsprojektionen fielen uneinheitlich aus, bestärkten jedoch die vorherrschende Markterwartung einer im September bevorstehenden Zinssenkung. Der DAX beendete die Handelswoche am Freitag, dem 20. Juni, bei 23.350 Punkten, 0,7 % unter seinem Vorwochenstand.
Angesichts der am Wochenende erfolgten US-Militärschläge auf iranische Atomanlagen zeichnen sich für den Beginn der neuen Handelswoche weitere Aktienkursverluste ab.
Anleihen: als sicherer Hafen stärker gefragt
Die Nachfrage nach den vermeintlich sicheren Staatsanleihen aus Deutschland und den USA hat im Zuge der Nahost-Sorgen zugenommen. Kurssteigernd, bzw. renditesenkend wirkte auch die sich verdichtende Perspektive auf niedrigere US-Leitzinsen. Die Rendite von Bundesanleihen mit zehnjähriger Restlaufzeit sank auf Wochensicht um 2 Punkte auf 2,52 %.
Devisen: Dollar auf Wochensicht unverändert
Wegen der Furcht vor einer weiteren Eskalation im Nahen Osten war auch der US-Dollar in seiner Funktion als „sicherer Hafen“ gegenüber dem Euro zweitweise stärker gefragt. Auf Wochensicht blieb der Greenback jedoch nahezu unverändert bei rund 1,15 US-Dollar.
Rohstoffe: Weiter steigende Ölpreise
Der Ölpreis zog weiter an, da Ölexporte aus dem Iran vorübergehend ausfallen dürften. Zudem trieb die Sorge vor einer möglichen Blockade der Straße von Hormus, über die rund 20 % des weltweit gehandelten Öls verschifft werden, die Preise nach oben. Die Sorte Brent notierte am Freitag bei 76,90 US-Dollar.
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Kräftiger Anstieg der Konjunkturerwartungen
Im Juni wurden die wirtschaftlichen Perspektiven Deutschlands von Finanzmarktfachleuten erneut optimistischer beurteilt. Die auf einer monatlichen Umfrage unter diesen Fachleuten beruhenden ZEW-Konjunkturerwartungen sind um kräftige 22,3 Punkte auf 47,5 Punkte gestiegen, nachdem sie bereits im Mai zugelegt hatten. Mit dem jüngsten Anstieg befindet sich der Stimmungsindikator wieder deutlich über seinem langjährigen Mittelwert von 25,1 Punkten. Zur Stimmungsaufhellung trugen nicht zuletzt die von der Bundesregierung angekündigten und bereits teilweise auf den Weg gebrachten Maßnahmen bei, die der Wirtschaft Wachstumsimpulse geben sollen. Die jüngsten EZB-Leitzinssenkungen dürften die Konjunkturerwartungen ebenfalls befördert haben. Neben den Erwartungen wurde auch die Lage besser bewertet als zuvor. Der entsprechende ZEW-Indikator befindet sich mit -72,0 Punkten aber noch immer tief im negativen Bereich.
Insgesamt nähren die jüngsten Umfrageergebnisse die Hoffnung auf eine baldige Überwindung der hartnäckigen Wirtschaftsflaute. Allerdings sollte die Stimmungsaufhellung nicht überinterpretiert werden. Die Konjunkturrisiken sind weiterhin hoch. So ist der Fortgang der US-Handelspolitik gegenüber der EU noch unklar und die jüngsten Monatsdaten zur hiesigen Industriekonjunktur lassen für das Sommerhalbjahr noch keine durchgreifende Belebung erwarten. Auch sind die Folgen der neuerlichen Eskalation im Nahen Osten in den ZEW-Daten noch nicht berücksichtigt.
Industrie-Auftragsbestand gestiegen
Das hiesige Verarbeitende Gewerbe hat seinen Auftragsbestand im April erneut erhöhen können. Nach amtlichen Angaben stieg der Bestand gegenüber dem Vormonat preisbereinigt um 0,8 %. Haupttreiber für den Anstieg waren die offenen Aufträge aus dem Ausland, die um 1,1 % zulegten und damit stärker als der Inlandsbestand (0,4 %). Bei den Neuaufträgen zeigte sich ein abweichendes Bild.
Hier wurde der Zuwachs vom April (+0,6 %) im Wesentlichen von den Inlandsorders (+2,2 %) getragen, während die Auslandsbestellungen (-0,3 %) leicht nachgaben. Mit den neuen Auftragsdaten verdichten sich die Hinweise, die für eine Bodenbildung der Industriekonjunktur sprechen.
Erzeugerpreise um 1,2 % gesunken
In Deutschland sind die Preise auf der Erzeugerstufe erneut zurückgegangen. Der amtliche Erzeugerpreisindex gewerblicher Güter unterschritt im Mai seinen entsprechenden Vorjahresmonatswert um 1,2 %. Im April hatten die Erzeugerpreise um 0,9 % nachgegeben. Hauptgrund für den Rückgang waren die niedrigeren Energiepreise (-6,7 %). Ohne Berücksichtigung von Energie war ein Preisanstieg um 1,3 % zu verzeichnen.
Alles in allem spricht die Entwicklung der Erzeugerpreise für einen in naher Zukunft tendenziell weiter nachlassenden Preisauftrieb auf der Verbraucherstufe. Der Verbraucherpreisindex (VPI) war im Mai um 2,1 % gestiegen. Zu Jahresbeginn hatte die Inflationsrate noch bei 2,3 % gelegen.
Rückgang der Euroraum-Inflationsrate bestätigt
Eurostat hat inzwischen detaillierte Angaben zur jüngsten Entwicklung der Verbraucherpreise im Euroraum vorgelegt. Das zentrale Ergebnis der Anfang Juni veröffentlichten vorläufigen Angaben wurde dabei bestätigt. So ist die Inflationsrate, basierend auf den jährlichen Veränderungen des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI), von 2,2 % im April auf 1,9 % im Mai gesunken. Sie befindet sich damit wieder leicht unter der Marke von 2 %, bei der die EZB mittelfristig das Ziel der Preisniveaustabilität als erfüllt ansieht.
Ausschlaggebend für den Rückgang der Inflationsrate waren die Dienstleistungspreise, die sich weniger stark verteuerten als zuvor (+3,2 % nach +4,0 %). Die Energiepreise wirkten hingegen unverändert entlastend auf die Gesamtentwicklung (-3,6 % nach -3,6 %). Bei Nahrungsmitteln hat sich allerdings der Preisanstieg, entgegen dem allgemeinen Trend, etwas erhöht (+3,2 % nach +3,0 %). Die Kerninflationsrate (ohne Berücksichtigung von Energie- und Nahrungsmittelpreisen) ist von 2,7 % im April auf 2,3 % im Mai gesunken.
Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR