Wocheninfo vom 29.09.2025
Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur
Das Wichtigste in Kürze
Fed weiter unter Druck
Der regierungsnahe neue Fed-Gouverneur Stephen Miran hat seine Überzeugung für Zinssenkungen weiter ausgeführt. In einer Einschätzung zur aktuellen Lage verwies Miran auf den neutralen Zinssatz, also den Zinssatz, der weder expansiv noch restriktiv auf die Volkswirtschaft wirkt. Dieser sei deutlich niedriger als bisher angenommen, die Geldpolitik in den USA also restriktiver und entsprechend bestünde Raum für Zinssenkungen.
Angesichts steigender Inflationsraten und einer nach wie vor historisch niedrigen Arbeitslosenquote scheint es zunächst geschickt, sich bei der Werbung für Zinssenkungen auf andere Bereiche zu fokussieren. Die Einschätzung zur Höhe des neutralen Zinses und deren Ableitung sind jedoch fragwürdig. Die üblichen Modelle der Fed schätzen das Niveau des neutralen Zinses deutlich höher ein. Miran argumentiert dagegen, dass die Migrations-, Handelsund Steuerpolitik der aktuellen Regierung die Inflation und den neutralen Zins in Zukunft deutlich senken werde. Es werden dazu auch Studien zitiert. Der wesentlich größere Teil der Studien, die zu einer anderen Einschätzung kommen, scheint jedoch noch auf dem Lesestapel zu liegen.
Spätestens mit weiteren Neubesetzungen der Fed könnte sich Mirans Sichtweise dennoch weiter durchsetzen. Neben den Gefahren für die Inflationserwartungen und -entwicklung könnte dies auch Auswirkungen auf die Finanzstabilität haben. Die Finanzierungsbedingungen in den USA sind bereits relativ locker und dürften sich nach der letzten Zinssenkung noch einmal deutlich lockern – insbesondere aufgrund der stark steigenden Aktienmärkte. Der Ausblick auf eine akkommodative Geldpolitik dürfte für Kurssteigerungen sorgen, obwohl die Bewertungen bereits eine Blasenbildung signalisieren, was wiederum steigende Risiken für die Finanzmarktstabilität bedeutet. Jüngste Daten zeigen bereits ein Kurs-Gewinn-Verhältnis in den USA, das nur knapp unter dem Niveau der Dotcom-Blase liegt.
Aktien: Zinshoffnung und Gewinnmitnahmen
Die Aktienmärkte starteten optimistisch in die neue Woche. Vor allem in den USA schienen die Märkte von der Aussicht auf weitere Zinssenkungen beflügelt. Im Wochenverlauf nahm die Dynamik aber ab und es folgten Gewinnmitnahmen. Die Aktienmärkte schlossen die Handelswoche uneinheitlich ab. Der DAX bei 23.739 Punkten leicht im Plus, ähnlich wie andere europäische Indizes. Die amerikanischen Börsen überwiegend leicht im Minus.
Anleihen: Uneinheitliches Bild
Mehrere Fed-Gouverneure äußerten sich in der vergangenen Woche zu weiteren Zinssenkungen. Abgesehen von Miran äußerten die anderen Gouverneure sich zwar zurückhaltender, schlossen weitere Zinssenkungen aber nicht aus. Zusammen mit positiveren Konjunkturindikatoren sorgte dies an den USRentenmärkten für leicht steigende Renditen. Insgesamt bleibt das Bild an den Anleihemärkten uneinheitlich. Die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen liegen zum Wochenschluss mit 2,745 % leicht unter den Werten der Vorwoche. Ihre amerikanischen Pendants notieren hingegen mit 4,181 % höher.
Devisen: US-Dollar legt leicht zu
Bundesbank-Präsident Nagel äußerte sich beschwichtigend zur jüngsten Aufwertung des Euro. Zwar habe die preisliche Wettbewerbsfähigkeit gelitten, die Auswirkungen seien bislang aber überschaubar. Im Einklang mit den Anleihemärkten konnte der US-Dollar in der vergangenen Woche gegenüber dem Euro leicht zulegen. Der Greenback schloss gegenüber der Gemeinschaftswährung bei 1,1692.
Rohstoffe: Öl-Risikoprämie steigt
Die gestiegenen Unsicherheiten sorgen für eine Risikoprämie beim Ölpreis. Dazu trugen Angriffe auf russische Ölanlagen, aggressivere Töne der NATO-Staaten nach den Luftraumverletzungen Russlands sowie die Forderung von US-Präsident Trump, EU-Länder sollten den Kauf von russischem Öl einstellen, bei. Die Rohölsorte Brent schloss mit 70,12 US-Dollar pro Barrel wieder deutlich höher. Beim Goldpreis wurde in der vergangenen Handelswoche mit 3.779 US-Dollar ein weiterer Höchststand erreicht.
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Wirtschaftsforschungsinstitute prognostizieren für 2026 Belebung
Die an der Gemeinschaftsdiagnose teilnehmenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben am 25. September ihr aktuelles Herbstgutachten vorgelegt. In dem Gutachten, das den Titel „Expansive Finanzpolitik kaschiert Wachstumsschwäche“ trägt, rechnen sie zwar mit einer Belebung des preisbereinigten Wirtschaftswachstums, von 0,2 % im Jahr 2025 auf 1,3 % im Jahr 2026. Eine breit angelegte Erholung sei allerdings nicht zu erwarten, denn Strukturprobleme würden andauern.
Mit dem neuen Gutachten haben die Forschungsinstitute ihre Wachstumseinschätzung vom Frühjahr im Wesentlichen bestätigt. Anfang April hatten sie für 2025 und 2026 preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt-Zuwächse um 0,1 und 1,3 % prognostiziert, ohne allerdings die zwischenzeitlich wirksam gewordenen US-Importzollanhebungen und das Fiskalpaket der Bundesregierung schon angemessen berücksichtigen zu können.
Gemäß dem Herbstgutachten dürfte die deutsche Wirtschaft im 1. Halbjahr 2025 ihre konjunkturelle Talsohle erreicht haben. Sie werde in den kommenden zwei Jahren durch die Finanzpolitik expansive Impulse erfahren. Während die Dienstleistungsbereiche, insbesondere im öffentlichen Sektor, weiterhin kräftig zulegen, werde die Erholung im Produzierenden Gewerbe wohl nur verhalten ausfallen. Die Auslandsnachfrage nach deutschen Waren werde sich nicht zuletzt infolge der US-Zollpolitik weiterhin nur schleppend entwickeln.
Der BVR teilt das von den Wirtschaftsforschern vorgelegte Konjunkturbild in wesentlichen Teilen, ist aber bezüglich des Wachstumsausblicks etwas konservativer. Angesichts der hohen geo- und wirtschaftspolitischen Unsicherheiten, die durch die jüngsten russischen Provokationen auf NATO-Gebiet eher zugenommen haben, hält der BVR zunächst weiterhin an seinen BIP-Prognosewerten von 0,0 und 1,0 % für das laufende und kommende Jahr fest.
Geschäftsklimaindex zurückgegangen
In der deutschen Wirtschaft hat sich die Stimmung zuletzt etwas eingetrübt. Der ifo Geschäftsklimaindex sank von 88,9 im August auf 87,7 Punkte im September. Zuvor hatte sich das Geschäftsklima sechs Monate in Folge verbessert, befördert von den erwarteten Fiskalimpulsen und den niedrigeren Leitzinsen.
Hauptgrund für den Rückgang des wichtigen Konjunkturindikators waren die Geschäftserwartungen. Diese wurden von den befragten Unternehmen insgesamt verhaltener beurteilt als zuvor. Stimmungsdämpfend dürften unter anderem die jüngsten russischen Provokationen auf Nato-Bündnisgebiet gewirkt haben und die Wachstumsprognosen der Forschungsinstitute, die zuletzt gegenüber den Einschätzungen vom Sommer vielfach nach unten korrigiert wurden. Allerdings zeigten sich die Firmen auch mit der aktuellen Geschäftslage weniger zufrieden.
Der Rückgang des Geschäftsklimas war innerhalb der Wirtschaft breit angelegt. Mit Ausnahme des Baugewerbes trübte sich die Stimmung in allen betrachteten Bereichen ein.
Konsumklima leicht aufgehellt
Im Gegensatz zum Geschäftsklima dürfte sich das Konsumklima in Deutschland jüngst etwas aufgehellt haben. Darauf lassen zumindest die vorläufigen Schätzungen der Marktforschungsinstitute NIM und GfK schließen, die für Oktober einen leichten Anstieg des Konsumklimaindikators um 1,2 auf -22,3 % erwarten lassen. In den Vormonaten war der Indikator noch merklich zurückgegangen.
Grund für das vorläufige Ende des Konsumklima- Abwärtstrends sind die verbesserten Einkommenserwartungen der Verbraucher. Deren Konjunkturerwartungen und deren Anschaffungsneigung gingen jedoch weiter zurück. Die Sparneigung der Umfrageteilnehmer blieb zuletzt angesichts der noch immer hohen Unsicherheiten nahezu unverändert. Auch befindet sich das Konsumklima trotz der jüngsten leichten Aufhellung weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau.
Alles in allem ist mit den neuen Umfrageergebnissen die Hoffnung auf eine baldige wirtschaftliche Erholung eher gesunken als gestiegen.
Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR