Wocheninfo vom 30.06.2025
Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur
Das Wichtigste in Kürze
Überraschend fallende Ölpreise
Nach dem US-Angriff im Iran kam es kurzzeitig zu einem erwartbaren Anstieg der Ölpreise: Rohöl der Sorte Brent stieg auf über 80 USDollar pro Barrel – der höchste Stand seit Januar dieses Jahres. Es folgte jedoch umgehend eine Gegenbewegung, die besonders an Fahrt gewann, als der Iran mit dem Angriff auf eine US-Militärbasis in Katar zum Gegenschlag ausholte. Innerhalb kürzester Zeit notierte der Ölpreis wieder unter 70 US-Dollar und erlebte damit einen der außergewöhnlichsten Handelstage seiner Geschichte.
Der Gegenschlag wurde von den Märkten offenbar als rein symbolisch bewertet, sodass die Nachricht über eine Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran überwog. Dennoch bleibt die Frage, warum diese militärische Auseinandersetzung bislang nur so geringe Auswirkungen auf den Ölpreis hat. Einerseits dürften Eskalationen im Nahen Osten – tragischerweise – einen Gewöhnungseffekt haben. Dem russischen Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022 folgte hingegen ein deutlicherer Anstieg des Ölpreises auf über 120 US-Dollar. Grundlegender dürfte aber auch die zugrunde liegende Dynamik von Angebot und Nachfrage auf dem Ölmarkt eine Rolle spielen. Während 2022 ein Nachfrageüberschuss bestand, überwiegt gegenwärtig das weltweite Öl-Angebot die Nachfrage.
Wie es mit dem Ölpreis weitergeht, hängt stark von der weiteren Entwicklung in der Region ab. Schätzungen zufolge würde ein iranischer Exportstopp den Ölpreis auf etwa 80 USDollar anheben, ein zusätzlicher Stopp aus dem Irak auf 90 US-Dollar. Eine Blockade der Straße von Hormus, über die etwa 20 % der weltweiten Ölproduktion versendet werden, könnte den Ölpreis sogar auf historische 140 US-Dollar erhöhen. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit einer solchen Eskalation derzeit sehr gering, nicht zuletzt, weil der Iran sich durch die Blockade dieses wichtigen Seewegs selbst schaden würde. Dennoch könnten resultierende Einschränkungen im Öl-Angebot zukünftig für zusätzlichen Preisdruck sorgen.
Aktien: Optimismus trotz Militärschlag
Die Märkte starteten zurückhaltend in die Handelswoche. Nach den starken Rück-gängen beim Ölpreis infolge der iranischen Gegenschläge machte sich jedoch schnell eine Kauflaune breit. Im weiteren Wochenverlauf sorgten Spekulationen über eine frühzeitige Benennung des zukünftigen Präsidenten der US-Notenbank Fed für Gewinne. Die Marktteilnehmer gehen dadurch von einer lockereren Geldpolitik aus. Die Aktienmärkte beendeten die Handelswoche insgesamt mit Gewinnen. Der DAX schloss 2,9 % höher bei 24.033 Punkten, die wichtigen amerikanischen Indizes legten über 3 % zu.
Anleihen: Zinssenkungsfantasien in den USA
Durch Kommentare von Notenbankern wurden Zinssenkungsfantasien geweckt, die für sinkende US-Anleiherenditen sorgten. Diese Entwicklung hat sich durch die Spekulationen über eine frühzeitige Benennung des zukünftigen Fed-Präsidenten noch verstärkt. Dieser könnte bereits vor seiner Amtsübernahme durch öffentliche Äußerungen die Zinserwartungen beeinflussen. Insgesamt bleibt das Bild bei den Anleiherenditen gemischt. Die zehnjährige Bundesanleihe notierte am vergangenen Freitag mit 2,59 % höher, das US-Pendant mit 4,28 % niedriger. Die Renditeaufschläge italienischer Papiere zum Bund liegen inzwischen fest unter einem Prozentpunkt.
Devisen: US-Dollar verliert auf breiter Front
Der US-Dollar war kurzzeitig als sicherer Hafen gefragt. Im Zuge des Ölpreisrückgangs und angesichts der aufkeimenden Zinssenkungsfantasien wertete der Dollar jedoch ab. Aufgrund der schrumpfenden Zinsdifferenz zwischen Europa und den USA baut der Euro seine Gewinne gegenüber dem US-Dollar weiter aus. Der Greenback notierte zur Gemeinschaftswährung zuletzt bei gut 1,17 – der höchste Stand seit Sommer 2021.
Rohstoffe: Unerwarteter Preiseinbruch
Trotz der Eskalation im Nahen Osten erlebte der Ölpreis eine sehr schwache Handelswoche mit einem Verlust von 12,1 % auf 67,73 US-Dollar. Auch der Goldpreis war als sicherer Hafen nicht gefragt und schloss mit einem Minus von 2,8 % bei 3.273 US-Dollar.
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Geschäftsklima erneut gestiegen
Unter den hiesigen Unternehmen hat sich die Stimmung im Juni weiter verbessert. Der ifo Geschäftsklimaindex legte gegenüber dem Vormonat um 0,9 Punkte auf 88,4 Punkte zu.
Maßgeblich für den nunmehr sechsten Anstieg des Konjunkturindikators in Folge war seine Erwartungskomponente. So haben die befragten Unternehmen ihre Perspektiven für die nächsten sechs Monate per saldo weniger pessimistisch beurteilt als zuvor. Hauptgrund hierfür dürften die angekündigten und teilweise bereits auf den Weg gebrachten Wachstumsimpulse der Bundesregierung sein (Stichworte: Investitionssofortprogramm, Finanzpaket für Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz). Die aktuelle Lage wurde von den Umfrageteilnehmern aber ähnlich verhalten wie in den Vormonaten bewertet.
Verbraucherstimmung etwas gedämpft
Im Gegensatz zum Geschäftsklima hat sich die Verbraucherstimmung in Deutschland zuletzt etwas eingetrübt. Der Konsumklima-Indikator wird nach Einschätzung der GfK/NIM-Fachleute im Juli um 0,3 Punkte auf -20,3 Punkte sinken, nachdem er zuvor drei Monate in Folge gestiegen war.
Zwar haben sich auch unter den befragten Verbrauchern die Erwartungen verbessert, in Hinblick auf die allgemeine Konjunktur und bezüglich der Einkommensentwicklung. Ihre Anschaffungsneigung blieb aber nahezu unverändert. Zudem hat ihre Sparneigung zugenommen, was angesichts der hohen Unsicherheiten beispielsweise über die Folgen der US-Handelspolitik nicht verwundert.
Alles in allem stimmen die aktuellen Umfrageergebnisse von ifo und GfK optimistisch, dass die langjährige Wirtschaftsschwäche in Deutschland bald überwunden wird. Sollten sich allerdings konjunkturelle Risiken, wie eine mögliche Blockade der für den globalen Schiffsverkehr sehr wichtigen Straße von Hormus oder die drohende Anhebung der allgemeinen US-Importzölle auf europäische Waren auf 50 %, manifestieren, würde sich der Aufschwung weiter verzögern.
Eingetrübtes Wirtschaftsklima im Euroraum
Im Euroraum hat sich die wirtschaftliche Stimmung im Juni etwas verschlechtert. Der von der EU-Kommission ermittelte Wirtschaftsklimaindex ist gegenüber dem Vormonat um 0,8 Punkte auf 94,0 Punkte gesunken. Der Index hat damit einen Großteil seines Anstiegs vom Vormonat eingebüßt und befindet sich weiterhin deutlich unter seinem langjährigen Mittelwert von 100 Punkten.
Ausschlaggebend für den Rückgang des Gesamtindex war eine Stimmungseintrübung in der Industrie, die im Zusammenhang mit der Furcht vor weiter steigenden US-Importzöllen stehen dürfte. Unter den Verbrauchern und im Einzelhandel blieb die Stimmung dagegen nahezu unverändert. Im Dienstleistungssektor (ohne Handel) und im Baugewerbe hat sie sich sogar etwas verbessert, befördert unter anderem von den gesunkenen Leitzinsen.
Insgesamt sprechen die letzten Daten dafür, dass sich das Wirtschaftswachstum im Euroraum im 2. Quartal abgeschwächt hat.
Aufwärtsgeneigter Auftragseingang im Bauhauptgewerbe
Der Auftragseingang im Bauhauptgewerbe Deutschlands scheint allmählich seinen Tiefpunkt zu durchschreiten. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, sind die Neuaufträge im April gegenüber dem Vormonat zwar kalender- und saisonbereinigt um 8,0 % gesunken. Hauptgrund war jedoch ein Sondereffekt von Großaufträgen im Tiefbau. Diese hatten die Tiefbauaufträge im März um überaus kräftige 34,3 % erhöht, worauf sich im April ein Rückgang um 20,6 % einstellte. Im weniger schwankungsanfälligen und daher für konjunkturelle Analysezwecke aussagekräftigerem Dreimonatsvergleich von Februar bis April legten die Bauaufträge insgesamt um 2,1 % zu.
Die Auftragsentwicklung lässt zusammen mit der jüngsten Aufhellung des Geschäftsklimas im Bauhauptgewerbe für die nächsten Monate eher einen weiteren Anstieg als einen Rückgang der Bauproduktion erwarten. Die Bauproduktion hat im April gegenüber dem Vormonat um 1,4 % zugenommen.
Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR