2025: Wirtschaftsprognose – Herausforderungen und Chancen für Unternehmen
29.01.2025 - Lesezeit: 6 Minuten

2025 bringt wirtschaftliche und politische Veränderungen. Auf einer exklusiven Veranstaltung für Firmenkunden der Berliner Volksbank gibt Dr. Michael Holstein, Chefvolkswirt der DZ Bank, Einblicke in Chancen und Herausforderungen des Jahres.
Das Jahr 2025 beginnt mit erheblichen wirtschaftlichen und politischen Umwälzungen. Handelszölle, unterschiedliche Zinsentwicklungen zwischen den USA und Europa sowie der fortwährende technologische Wandel prägen das wirtschaftliche Umfeld. Dr. Michael Holstein ordnet die zentralen Themen ein und gibt Einblicke, wie sich Unternehmen in Deutschland darauf einstellen können.
1. Handelskonflikte: Was bedeuten die neuen Zölle?
„Man kann ganz fest davon ausgehen, dass Zölle erhoben werden“, sagt Dr. Holstein. Unter der Trump-Administration könnten Zölle von etwa 10 % auf europäische Produkte erhoben werden. Im Handel mit China drohen sogar Sonderzölle von bis zu 40 %.
Die USA sind Deutschlands zweitgrößter Exportmarkt nach der EU. 2024 betrug das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern über 130 Milliarden Euro. Für Deutschland, als führende Exportnation, sind diese potenziellen Handelsbarrieren ein erheblicher Unsicherheitsfaktor. Besonders betroffen sind Branchen wie der Maschinenbau, die Automobilindustrie und die Chemie, die traditionell stark in den US-Markt exportieren.
Bereits während Trumps erster Amtszeit zeigten sich deutliche Folgen solcher Zollerhöhungen: Exportzahlen gingen zurück, Unternehmen mussten Lieferketten umstellen, und es entstanden Mehrkosten in Milliardenhöhe. 2025 könnten ähnliche Effekte erneut eintreten, sollten die angedrohten Zölle umgesetzt werden.
2. Zinsentwicklung: Welchen Einfluss haben die USA auf Europa?
Dr. Holstein betont die enge Verbindung zwischen den US-amerikanischen und europäischen Zinsentwicklungen: „Die großen Bewegungen bei den langfristigen Zinsen sind international eng miteinander verknüpft.“
Während die Fed ihre Zinsen voraussichtlich bei etwa 4 % belässt, dürfte die EZB ihre Leitzinsen weiter senken, möglicherweise auf unter 2 %. Dies hätte positive Auswirkungen auf kurzfristige Unternehmensfinanzierungen. Allerdings steigen die Kapitalmarktzinsen leicht an, was längere Investitionsvorhaben verteuert.
Ein Beispiel: Für ein mittelständisches Unternehmen, das 5 Millionen Euro für eine neue Produktionsanlage leihen möchte, könnten leicht erhöhte Kapitalmarktzinsen zu Zusatzkosten von mehreren zehntausend Euro führen. Diese finanziellen Belastungen unterstreichen, wie wichtig es ist, eng mit der Bank zusammenzuarbeiten. „Die Zusammenarbeit zwischen Kunde und Bank wird in diesem Jahr wichtiger denn je, um passende Finanzierungslösungen zu finden“, so Dr. Holstein.
3. Die Rolle der Bundesregierung: Klare Rahmenbedingungen gefordert
Neben den internationalen Entwicklungen sieht Dr. Holstein auch die deutsche Politik in der Pflicht. Die neue Bundesregierung muss rasch handeln, um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen zu sichern. Bürokratieabbau, eine verlässliche Steuerpolitik und eine stärkere Unterstützung für den Mittelstand sind entscheidende Punkte.
„Die Unternehmen brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, um langfristig planen und investieren zu können“, betont Holstein. Laut einer aktuellen Mittelstands-Umfrage kosten bürokratische Anforderungen kleine und mittelständische Unternehmen jährlich durchschnittlich 12.000 Euro. In einem wirtschaftlichen Umfeld mit engen Margen ist das ein bedeutender Posten. Andere Länder wie Dänemark haben erfolgreich gezeigt, wie durch Bürokratieabbau Zeit und Geld für Unternehmen eingespart werden können.
4. Digitalisierung und Bildung: Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit
Nicht zuletzt spielt die Digitalisierung eine zentrale Rolle. Deutschland hat hier im internationalen Vergleich Nachholbedarf: Im Digital Economy and Society Index der EU belegt Deutschland nur Rang 13.
„Wir leben von unserem Humankapital“, betont Holstein und sieht Bildung als essenziellen Baustein für die Zukunft. Die Ergebnisse internationaler PISA-Studien zeigen, dass Deutschland in Bereichen wie Mathematik und Naturwissenschaften nicht mehr zur Spitze gehört. Der Fachkräftemangel verschärft die Lage zusätzlich: Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft fehlen bis 2030 etwa 5 Millionen Fachkräfte.
Trotz dieser Herausforderungen gibt es positive Ansätze. Das duale Ausbildungssystem in Deutschland wird international als Vorbild angesehen und könnte weiter ausgebaut werden. Start-ups, die technologische Neuerungen vorantreiben, sollten stärker gefördert werden, um Innovationen in Europa zu halten. So wird langfristig eine qualifizierte Belegschaft gesichert, die mit neuen Technologien umgehen kann und deutsche Unternehmen wettbewerbsfähig macht.
Fazit: Ein Jahr voller Herausforderungen und Chancen
2025 wird für Unternehmen in Deutschland ein entscheidendes Jahr. Handelszölle und Zinsveränderungen erfordern ein durchdachtes Risikomanagement, während Digitalisierung und Bildung neue Chancen eröffnen. Damit diese Potenziale genutzt werden können, müssen Politik und Unternehmen rasch handeln und die Weichen für die Zukunft stellen. Die Regierung sollte verlässliche Rahmenbedingungen schaffen, und Unternehmen sollten ihre Kunden- und Lieferantenbeziehungen breiter aufstellen.

Dr. Michael Holstein ist Chefvolkswirt der DZ BANK Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank in Frankfurt und leitet die Abteilung Volkswirtschaft. Die zentralen Arbeitsgebiete sind Konjunkturanalyse und Prognose für Deutschland und die wichtigsten Industrieländer. Bevor er 1998 zur damaligen DG BANK kam, war Herr Dr. Holstein wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Konjunktur, Wachstum und Verteilung der Universität Frankfurt sowie Referent für Grundsatzfragen der Finanzpolitik am Thüringer Finanzministerium.