Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur
Wocheninfo vom 06.03.2023
- „It will take what it will take” – Christine Laga
- Aktien: Weitere Stagnation
- Anleihen: Höchststände bei Renditen
- Devisen: Eurokurse stabil
- Rohstoffe: Leichter Anstieg bei Rohöl
- Arbeitsmarkt trotz der Energiekrise
- Inflationsrate hält sich hartnäckig bei 8,7 %
- Euroraum-Inflationsrate auf 8,5 % gesunken
- Schwache Außenhandelsdaten
„It will take what it will take” – Christine Lagarde
Die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen erreichten vergangene Woche ihren höchsten Stand seit 2011. Sie stehen damit stellvertretend für die jüngste Korrektur an den Finanzmärkten, die sich auf eine länger höhere Inflation und entsprechende Leitzinsen einstellt.
Verantwortlich sind die Inflationsdaten, die – wie zu befürchten war – höher ausfallen als von den Märkten erhofft. Im Euroraum fiel die Inflationsschätzung für Februar 2023 auf 8,5 % zum Vorjahresmonat – im Januar waren es 8,6 % gewesen. Zugleich stieg allerdings die Kernrate der Inflation, an der sich die Notenbanken orientieren, von 5,3 auf 5,6 %. Das sind die beiden höchsten jemals im Euroraum gemessenen Werte.
Entsprechend baut die EZB geldpolitisch vor. In einem am 27. Februar veröffentlichten Interview mit der indischen The Economic Times betonte EZB-Präsidentin Christine Lagarde ein weiteres Mal, dass das Zweiprozentziel bindend sei. Die Notenbank werde ihre Zinserhöhungen erst einstellen, wenn die Inflation belastbar auf 2 % zurückkehre. Mit „It will take what it will take“ spielte sie ein weiteres Mal auf Mario Draghis Bonmot „Whatever it takes” an, das in der Eurokrise die Märkte beruhigen sollte.
Auch diesmal sollen die Aussagen der Zentralbank die Märkte überzeugen, diesmal vom strikteren Zinskurs. Im Zusammenspiel mit den hohen Kerninflationsraten erreichte sie zumindest in der vergangenen Woche ihr Ziel. An den Märkten wurden Einschätzungen eines Einlagezinssatzes der EZB von 4 % (gegenwärtig 2,5 %) gehandelt. Das würde nach der erwarteten Erhöhung um 50 Basispunkte im März eine gleichstarke Erhöhung im Mai und zwei Schritte um 25 Basispunkte in Juni und Juli bedeuten.
Die EZB steckt allerdings weiterhin in einem Dilemma. Sie kann diese Zinserhöhungen nicht vorab kommunizieren, da sie ihre Geldpolitik bewusst von den Daten zur Inflationslage abhängig macht. Diese Kursoffenheit bedeutet aber, dass die Märkte über den künftigen Pfad spekulieren, statt wie etwa während der Niedrigzinspolitik die Forward Guidance der EZB zu übernehmen. Diese vermeintliche Verlässlichkeit der Niedrigzinspolitik trug aber zu deren effektiver Transmission in die Marktzinsen auch längerer Laufzeiten bei. Ein Effekt, der nun teilweise fehlt und die inverse Zinskurve bei Staatsanleihen mitverantwortet.
Aktien: Weitere Stagnation
Trotz der höheren Inflationserwartungen blieben die Aktienkurse zumindest stabil. Gute Einzelergebnisse durch die bisher robuster als erwartete Konjunktur sowie Hoffnungen auf die Erholung in China trugen den Dax zum Wochenausklang 2,42 % ins Plus zum Wocheneinstand. Doch für eine weitere positive Entwicklung in der Breite fehlen noch die positiven Signale. Die US-Börsen verhielten sich ähnlich: Der S&P 500 stieg um 1,9 % und der volatilere Nasdaq um 2,58 %.
Anleihen: Höchststände bei Renditen
Wie eingangs erwähnt, stieg die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe in der vergangenen Woche auf ihren höchsten Stand seit über einem Jahrzehnt: 2,75 % am 2. März. Am Freitag, dem 3. März, fiel sie zwar leicht auf 2,71 % zurück, wuchs damit aber dennoch im Wochenverlauf um 18,5 Basispunkte an.
Die Renditen stiegen aber nicht global einheitlich, sondern recht heterogen. Die zehnjährige USBundesanleihe warf zum Börsenschluss am Freitag mit 3,96 % Rendite nur 1,4 Basispunkte mehr ab als zum Wocheneinstieg. Auch die Rendite der gleichlangen italienischen Anleihe nahm mit 10,5 Basispunkten geringer zu als die Deutsche, liegt damit aber nun bei 4,54 %.
Devisen: Eurokurse stabil
Der Euro blieb in der vergangenen Woche sowohl gegenüber dem Dollar als auch dem Währungskorb der wichtigsten Handelspartner der Eurozone stabil. Gegenüber dem US-Dollar wertete die Gemeinschaftswährung dabei um 0,82 % auf und schloss mit einem Gegenwert von 1,06 Dollar. Damit hat sich der Euro zwar von seinem Tief im vergangenen Herbst erholt, liegt aber trotz der höheren Zinserwartungen für den Euroraum weiter deutlich unter seinen Vorkriegswerten. Ob der höheren Importabhängigkeit gerade bei Rohstoffen und dem weiterhin verhaltenen Ausblick für das Wachstum im Euroraum dürfte diese Lage vorerst fortbestehen.
Rohstoffe: Leichter Anstieg bei Rohöl
Der Preis für Rohöl der Sorte Brent bewegte sich in der vergangenen Woche wenig und notierte zum Wochenschluss bei 85,74 Dollar (+1,94 %). Im Hintergrund konkurrieren weiterhin die Narrative steigender chinesischer Nachfrage durch Post- Corona-Öffnung und sinkender globaler Nachfrage durch eine inflations- und zinspolitische Belastung miteinander.
Arbeitsmarkt trotz der Energiekrise
Der deutsche Arbeitsmarkt zeigt sich weiterhin beständig gegenüber der aktuellen Konjunkturschwäche im Zuge der Energiekrise. Nach jüngsten Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) ist die Arbeitslosenzahl im Februar zwar gegenüber dem Vormonat geringfügig um 4.000 auf 2,62 Mio. Menschen gestiegen. Hauptgrund hierfür war jedoch die andauernde Winterpause in vielen Außenberufen. Unter Beachtung der üblichen saisonalen Schwankungen sank die Arbeitslosenzahl minimal um 2.000 Personen. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote verharrte im Februar mit 5,5 % auf dem niedrigen Niveau der Vormonate. Im Vergleich zum Februar 2022 stieg die Arbeitslosenzahl aber um 192.000, was jedoch weniger auf konjunkturelle Effekte, sondern vor allem auf die Einbeziehung ukrainischer Geflüchteter infolge des russischen Angriffskrieges zurückzuführen ist.
Die Beständigkeit des Arbeitsmarktes lässt sich auch mit dem weiteren Beschäftigungsaufbau belegen. Nach aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die saisonbereinigte Erwerbstätigenzahl im Januar gegenüber dem Vormonat um 64.000 auf 45,8 Mio. Menschen gestiegen. Der Zuwachs fiel damit etwas doppelt so stark aus wie im Dezember (+29.000). In naher Zukunft ist angesichts der noch immer starken Arbeitskräftenachfrage mit einer Fortsetzung des Beschäftigungsaufbaus zu rechnen. Der BA-Stelleindex (BA X), der bundesweit die Nachfrage nach Personal misst, blieb im Februar 2023 gegenüber dem Vormonat unverändert bei hohen 127 Punkten.
Inflationsrate hält sich hartnäckig bei 8,7 %
In Deutschland lässt der enorme Preisauftrieb auf der Verbraucherstufe nur langsam nach. Die Inflationsrate, gemessen an der Veränderung des vorläufigen Verbraucherpreisindex (VPI) gegenüber dem Vorjahresmonat, verharrte im Februar auf ihrem hohen Vormonatsstand von 8,7 %. Sie lag damit weiterhin nur geringfügig unter ihrem im Oktober und November mit jeweils 8,8 % erreichten lokalen Höchststand. Die bislang verfügbaren amtlichen Daten verdeutlichen die allmähliche Verschiebung der preistreibenden Kräfte: Während die Steigerungsraten bei den Energiepreisen sukzessive nachlassen (+19,1 % im Februar nach +23,1 % im Januar), legen die Dienstleistungspreise stärker zu (+4,7 % nach +4,5 %), getrieben offenbar auch durch höhere Lohnabschlüsse. Allerdings hat sich im Februar der Preisanstieg nicht nur bei Dienstleistungen, sondern auch bei den Nahrungsmitteln beschleunigt (+21,8 % nach +20,2 %). Im März ist im Zuge des vollumfänglichen Inkrafttretens der staatlichen Preisdeckel auf Strom, Gas und Fernwärme mit einem Rückgang der Gesamtrate zu rechnen. Senkend auf die Inflationsrate dürften auch Basiseffekte wirken: Die kräftigen Preisanstiege bei Energie- und Nahrungsmitteln unmittelbar nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine werden im Vorjahresvergleich merklich an Bedeutung verlieren.
Euroraum-Inflationsrate auf 8,5 % gesunken
Nicht nur in Deutschland auch im Euroraum als Ganzes hält sich die starke Teuerung hartnäckig. Die Inflationsrate, auf Basis des Harmonisierten Verbraucherpreisindexes (HVPI), dürfte sich im Februar mit den erwähnten 8,6 % aber weiter von dem im Oktober erreichten lokalen Höchstwert von 10,6 % entfernt haben. Ähnlich wie hierzulande standen auch im Euroraum vom Trend her weniger stark steigende Energiepreise einer weiter zunehmenden Preisdynamik bei Nahrungsmitteln und Dienstleistungspreisen gegenüber. Daher resultiert auch der eingangs im Finanzmarktteil genannte Anstieg der Kerninflationsrate von 5,3 auf 5,6 %. Endgültige Angaben zur jüngsten Entwicklung der Verbraucherpreise werden für Deutschland am 10. März und für den Euroraum am 17. März veröffentlicht.
Schwache Außenhandelsdaten
Der grenzüberschreitende Handel der deutschen Wirtschaft hat sich zu Jahresbeginn insgesamt verhalten entwickelt. Zwar sind die Ausfuhren kalender-und saisonbereinigt im Januar gegenüber dem Vormonat um 2,1 % gestiegen. Damit konnte der deutliche Rückgang vom Dezember (- 6,3 %) aber noch nicht wieder ausgeglichen werden. Zudem relativiert sich das Ausfuhrplus vor dem Hintergrund der hohen Inflation. In preisbereinigter Rechnung dürften die Warenexporte kaum über eine Stagnation hinausgekommen sein. Die Warenimporte sind im Januar erneut gesunken. Sie gingen um 3,4 % zurück, nachdem sie sich im Dezember um 5,6 % vermindert hatten. Die nachlassenden Importe dürften teilweise aus tendenziell rückläufigen Preisen für Energierohstoffe resultieren. Sie dürfte aber auch Ausdruck für eine schwache Binnennachfrage in Deutschland sein. Ab dem Frühjahr ist im Zuge der allgemein erwarteten konjunkturellen Belebung mit zunehmenden Außenhandelsaktivitäten zu rechnen.
Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR