Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur

Wocheninfo vom 07.04.2025

  • Astonishing act of self-harm ...
  • Aktien: Weltweiter Ausverkauf
  • Anleihen: Sichere Anlagen sind gefragt
  • Devisen: Dollar überraschend schwach
  • Rohstoffe: Ausblick verschlechtert
  • Produktionsrückgang und Auftragsstagnation in der Industrie
  • Inflationsraten auf 2,2 % gesunken

Astonishing act of self-harm ...

... als solchen bezeichnet das Editorial Board der Financial Times die von der US-Regierung beschlossenen umfangreichen Zölle. Pauschal 10 % Mindestzölle auf alle US-Einfuhren sind in Kraft getreten, die Zölle gegenüber einzelnen Ländern sollen zum Teil deutlich höher liegen. Die Europäische Union ist beispielsweise mit 20 % betroffen. Die Formel für die Berechnung der einzelnen Zollsätze ist so einfach wie erschreckend: Allein das Handelsbilanzdefizit der USA ist Grundlage der Berechnung. 5,4 Bio. US-Dollar kostete der fundamentale Einschnitt in die Welthandelsordnung allein die amerikanischen Börsen – und das auch nur in den ersten zwei Tagen. Auf Wochensicht ist dies der größte Verlust seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der als "worst case" bezeichneten Zollankündigung sind noch schwer abzuschätzen. Noch nie in der jüngeren Vergangenheit wurden Zölle in dieser Höhe und Geschwindigkeit erhöht.

Erste Schätzungen gehen von einem Rückgang des Wirtschaftswachstums in den USA um 0,5 bis 1 Prozentpunkt in diesem Jahr aus. Für die deutsche Wirtschaft erwarten die Forschungsinstitute einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um etwa 0,3 bis 0,5 % mit deutlichen Abwärtsrisiken. Der IWF warnt vor erheblichen Risiken für den globalen Wirtschaftsausblick. Auch die Inflationsaussichten haben sich verschlechtert, sowohl in den USA als auch im Rest der Welt ist mit höheren Inflationsraten zu rechnen. Für die Geldpolitik beginnt damit das Dilemma, schwächeres Wachstum und höhere Inflationsrisiken bei ihren geldpolitischen Entscheidungen gegeneinander abzuwägen. Auch hier scheint die Unsicherheit so groß wie selten zuvor.

Immerhin einen Erfolg kann die US-Regierung verbuchen, sie ist ihrem Ziel eines schwächeren Dollars, niedrigerer Zinsen auf US-Anleihen und eines niedrigeren Ölpreises in der vergangenen Woche näher gekommen, doch der Preis dafür ist hoch und dürfte in Zukunft noch weiter steigen.

Aktien: Weltweiter Ausverkauf

An den Aktienmärkten kam es nach den Zollankündigungen weltweit zu starken Verkäufen, die sich am Montagmorgen fortsetzen. Der DAX beendete die Woche mit einem Minus von über 8 % bei 20.641 Punkten. Die anderen europäischen Indizes verzeichneten ähnliche Verluste. Die amerikanischen Börsen verloren bis zu 10 %. Liefen die US-Aktienmärkte in den letzten Jahren besser als die meisten anderen Märkte, besteht nun die Möglichkeit, dass die Anleger durch weitere Verkäufe noch vorhandene Gewinne in den USA mitnehmen und anderweitig investieren.

Anleihen: Sichere Anlagen sind gefragt

Die Anleger suchen sichere Häfen. Davon profitierten sichere Staatsanleihen, während risikoreichere Unternehmensanleihen eher verkauft wurden. Aufgrund der hohen Nachfrage sanken die Anleiherenditen entsprechend. Insbesondere die Renditen zehnjähriger US-Anleihen, die eng mit den Wachstumserwartungen verbunden sind, gaben nach und schlossen zum Wochenende bei 4,01 %. Auch Bundesanleihen schlossen tiefer bei 2,57 %.

Devisen: Dollar überraschend schwach

Eigentlich müsste der US-Dollar angesichts höherer Zölle aufwerten. Bisher hat er sich jedoch abgeschwächt und schloss gegenüber dem Euro bei rund 1,10. Mögliche Gründe sind die Erwartung von Gegenzöllen und sinkender internationaler US-Investitionen oder der vergleichsweise stärkere Rückgang der US-Anleiherenditen. Insbesondere für Schwellenländer dürfte dies ein positives Signal sein. Weniger US-Exporte bedeuten weniger US-Dollar- Einnahmen, die zur Bezahlung internationaler Investoren benötigt werden. Kommt es hier zu Engpässen, gefährdet dies die Finanzstabilität. Ein schwächerer Dollar dämpft diesen Effekt.

Rohstoffe: Ausblick verschlechtert

Der Ausverkauf hat auch die Rohstoffmärkte erfasst. Der Ölpreis fiel am Freitag um 6,5 %, die Sorte WTI notierte unter 62 US-Dollar und damit unter der Break-Even-Marke für viele Produzenten. Der Kupferpreis, der häufig als Stimmungsindikator für den Zustand der weltweiten Industrieproduktion herangezogen wird, fiel um 9 %.

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Produktionsrückgang und Auftragsstagnation in der Industrie

Die konjunkturelle Trendwende der deutschen Industrie lässt weiter auf sich warten. Im Februar ist die Industrieproduktion gesunken, während die Neuaufträge stagnierten. Nach den heute Morgen veröffentlichten ersten amtlichen Angaben sank die preis-, kalender- und saisonbereinigte Produktion gegenüber dem Vormonat um 0,5 %, nachdem sie sich im Januar (+2,1 %) etwas stabilisiert hatte. Die einzelnen Branchen entwickelten sich unterschiedlich. Während die Produktion im Bereich Herstellung von elektrischen Ausrüstungen (+3,3 %) spürbar zulegte, waren unter anderem in der Nahrungsmittelindustrie (-5,3 %) und in der Energieerzeugung (-3,3 %) deutliche Rückgänge zu verzeichnen. Auch im Baugewerbe (-3,2 %) sank die Produktion im Februar. In den Vormonaten war sie, befördert von dem milden Winterwetter, noch merklich gestiegen.

Der Auftragseingang des Verarbeitenden Gewerbe verharrte im Februar auf seinem Vormonatsstand. Dabei standen leicht zunehmenden Bestellungen aus dem Ausland (+0,8 %) einer rückläufigen Nachfrage aus dem Inland (-1,2 %) gegenüber. Die Gesamtentwicklung wurde erneut durch Großaufträge beeinflusst. Ohne Berücksichtigung dieser Aufträge nahmen die Ordereingänge um 0,2 % ab. Im Januar war es im Zuge ausbleibender Großaufträge im sonstigen Fahrzeugbau zu einem Einbruch der Neuaufträge um (zwischenzeitlich aufwärtsrevidierte) 5,5 % gekommen.

In den kommenden Monaten dürfte die Industriekonjunktur zunächst noch gedämpft bleiben. Zwar haben die Unsicherheiten über die wirtschafts- und finanzpolitischen Rahmenbedingungen im Inland nachgelassen, was zu einer merklichen Aufhellung der Geschäftserwartungen im Verarbeitenden Gewerbe beitrug. Einer nachhaltigen Stimmungsverbesserung stehen jedoch die erheblichen gestiegenen Risiken durch die jüngsten Entscheidungen in der US-Handelspolitik entgegen.

Inflationsraten auf 2,2 % gesunken

Im März hat der Preisanstieg auf der Verbraucherstufe sowohl in Deutschland als auch im Euroraum als Ganzes leicht nachgelassen. Wie das Statistische Bundesamt anhand vorläufiger Angaben mitteilte, übertraf der Verbraucherpreisindex (VPI) seinen entsprechenden Vorjahresmonatswert um 2,2 %. Im Februar hatte die Inflationsrate noch bei 2,3 % gelegen. Für den Rückgang der Gesamtrate waren in erster Linie die Dienstleistungspreise verantwortlich. Deren Anstieg fiel im März mit 3,4 % zwar erneut überdurchschnittlich aus, aber etwas weniger deutlich als im Februar (+3,8 %), was im Zusammenhang mit weniger stark steigenden Löhnen stehen dürfte. Darüber hinaus trugen auch die Energiepreise zum Rückgang der Inflationsrate bei. Diese haben sich im März im Zuge von sinkenden Rohölpreisen stärker verbilligt als zuvor (-2,8 % nach -1,6 % im Februar). Bei Nahrungsmitteln hat die Preisdynamik hingegen etwas zugenommen (+2,9 % nach +2,4 %).

Auch im Euroraum als Ganzes hat der Preisanstieg bei Nahrungsmitteln an Fahrt aufgenommen. Die jährliche Veränderungsrate für Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak legte im Währungsraum von 2,7 % im Februar auf 2,9 % im März zu, vor allem getrieben durch die Preise für unverarbeitete Nahrungsmittel (+4,1 % nach +3,0 %). Da jedoch auch im Euroraum die Energiepreise zurückgingen und die Dienstleistungen weniger kräftig stiegen als zuvor, gab die Gesamtinflation nach. Basierend auf den vorläufigen Angaben zum Harmonisierten Verbraucherpreisindex (VPI) sank die Inflationsrate des Währungsraums ebenfalls von 2,3 % im Februar auf 2,2 % im März. Endgültige Ergebnisse zur jüngsten Entwicklung der Verbraucherpreise werden für Deutschland am 11. und für den Euroraum am 16. April veröffentlicht.

In naher Zukunft ist tendenziell bei einem weiter nachlassenden Lohndruck mit niedrigeren Preisanstiegen bei Dienstleistungen zu rechnen. Zudem könnten die Energiepreise erneut nachgaben, da acht Staaten des Ölverbunds OPEC+ ab Anfang April ihre freiwilligen Förderungskürzungen schrittweise zurückfahren. Vor diesem Hintergrund scheint ein weiterer Rückgang der Inflationsraten möglich. Allerdings gehen von der US-Handelspolitik erhebliche Aufwärtsrisiken aus.

Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR