Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur
Wocheninfo vom 12.08.2024
- Dreht das Sentiment am Aktienmarkt nach dem Kurseinbruch?
- Aktien: auf Stabilisierungskurs
- Anleihen: Wieder zunehmende Renditen
- Devisen: Eurokurs stagniert
- Rohstoffe: Ölpreis deutlich im Plus
- Höhere Industrieproduktion
- Deutlicher Anstieg der industriellen Neuaufträge
- Warenexporte weiterhin rückläufig
- Nahezu ein Drittel mehr Firmenpleiten
Dreht das Sentiment am Aktienmarkt nach dem Kurseinbruch?
Nach dem heftigen Einbruch der Aktienmärkte Anfang der vergangenen Woche haben sich die Märkte wieder erholt. Der Einbruch könnte aber das Sentiment an den Märkten nachhaltig verändert haben. Die Hoffnungen auf große Wachstumseffekte der Künstlichen Intelligenz (KI) könnten hinterfragt und die Konjunkturrisiken in den USA höher gewichtet werden.
Investoren und Anleger hatten sich in der langen Rallye seit vergangenem Oktober sehr optimistisch gezeigt. Insbesondere die Technologiebranche hatte von Hoffnungen auf KI-bedingte Produktivitätsgewinne profitiert. Auch andernorts verhalfen einzelne Produkte dem Markt zu großem Optimismus, etwa die Abnehmmedikamente von Novo Nordisk und Eli Lily. Hinzu kam die Erwartung einer weichen Landung der US-Wirtschaft, also stabilisierter Inflation ohne Rezession, und einer sich dann weiter aufhellenden Weltwirtschaft.
Zu Beginn der Woche wich der Optimismus einer kurzen Panikattacke. Der japanische Nikkei verlor zweistellig, auch aufgrund der Rückabwicklung von Carry Trades – eine Geldanlage zur Ausnutzung internationaler Zinsunterschiede. Die Anleger waren von steigenden Zinsen und der damit verbundenen Aufwertung des Yen überrascht worden. Im Anschluss gaben die Märkte weltweit nach. Die Märkte beruhigten sich im Verlauf der Woche wieder und die Verluste wurden zwar nicht ausgeglichen, aber eingedämmt.
Doch hat die ausgeprägte Kursfantasie einen Rückschlag erhalten und die erhöhte Kursvolatilität dürfte anhalten. Eine weitere Konsolidierung ist nicht ausgeschlossen. Mit der zurückgenommenen Konjunkturerwartung für die USA sind am Anleihemarkt die Renditen gesunken. Gleichzeitig wird wieder mit stärkeren Zinssenkungen der Fed gerechnet. Der Euro erhält damit Aufwind. Er näherte sich der Marke von 1,10 zum Dollar an, die er seit Mitte Januar unterschreitet.
Aktien: auf Stabilisierungskurs
Die Aktienkurse an den wichtigen globalen Börsen haben sich im Wochenverlauf stabilisiert, nachdem sie am Montag im Zuge zunehmender Sorgen vor einer weiteren Eskalation des Nahostkonflikts, schwacher US-Arbeitsmarktdaten und verhalten ausgefallener Unternehmenszahlen aus dem US-Technologiesektor nochmals deutlich gesunken waren.
Zur Stabilisierung trugen auch gute Konjunkturnachrichten bei. So lag die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung in den USA jüngst bei 233.000 und damit unter den Erwartungen von Analysten, die im Mittel mit 240.000 gerechnet hatten. Hoffnungsvoll stimmten auch die Daten zur Produktion und den Aufträgen der deutschen Industrie, die im Juni kräftiger gestiegen sind als erwartet.
Vor diesem Hintergrund schloss der Deutschen Aktienleitindex DAX die Handelswoche am Freitag, dem 09. August, mit 17.722 Punkten ab, 0,35 % über seinem Vorwochenendstand. Das US-Aktienbarometer S&P 500 stagnierte hingegen auf Wochensicht nahezu bei 5.344 Punkten.
Anleihen: Wieder zunehmende Renditen
Auch die Renditen US-amerikanischer und deutscher Staatsanleihen erholten sich im Wochenverlauf von den Einbrüchen am Montag. Die Rendite zehnjährige US-Staatanleihen nahm binnen Wochenfrist um 14 Basispunkte auf 3,94 %. Die vergleichbaren Bundeswertpapiere rentierten Ende der Woche bei 2,22 %, 6 Basispunkte über ihrem Vorwochenultimo.
Devisen: Eurokurs stagniert
Der Euro hatte gegenüber dem US-Dollar zu Wochenbeginn zunächst an Wert gewonnen, angesichts der gestiegenen Erwartungen an US-Leitzinssenkungen. Mit der Beruhigung an den Finanzmärkten gab der Kurs dann aber wieder nach. Auf Wochensicht blieb der Euro unverändert bei 1,09 US-Dollar.
Rohstoffe: Ölpreis deutlich im Plus
An den Rohölmärkten führte die Sorge vor einer möglichen Auswertung des Nahostkonflikts, die zu Angebotseinschränkungen führen könnte, zu steigenden Notierungen. Der Brent-Ölpreis legten auf Wochensicht um 3,34 % auf 79,49 US-Dollar zu.
Höhere Industrieproduktion
Im Juni hat sich die Industrieproduktion in Deutschland etwas vom Einbruch des Vormonats erholt. Gemäß ersten Angaben des Statistischen Bundesamtes expandierte die industrielle Erzeugung gegenüber Mai preis-, kalender- und saisonbereinigt um 1,5 %, nachdem sie zuvor um 3,4 % gesunken war. Über das gesamte 2. Quartal betrachtet lag die Produktion um 1,0 % im Minus.
Maßgeblich für den Anstieg im Juni waren vor allem die für die Gesamtentwicklung sehr bedeutsamen Hersteller von Kfz/Kfz-Teilen. Diese steigerten ihre Erzeugung um überdurchschnittliche 7,5 %, wozu aber auch eine besondere Kalenderkonstellation mit vielen Brückentagen im Mai beigetragen haben dürfte. Der Kalendereffekt dürfte auch bei den Herstellern elektrischer Ausrüstungen sowie Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen zum Tragen gekommen sein, die ihre Produktion mit Verlaufsraten von 5,2 % und 3,7 % ebenfalls deutlich ausweiteten. Auch im Baugewerbe legte die Produktion im Juni zu, wenn auch nur leicht um 0,3 %.
Deutlicher Anstieg der industriellen Neuaufträge
Positiv stimmt auch, dass der Auftragseingang des Verarbeitenden Gewerbes im Juni wieder zunahm, nach zuvor fünf Rückgängen in Folge. Die Bestellungen stiegen gegenüber Mai um kräftig 3,9 %, wobei die Wachstumsimpulse vor allem aus dem Inland (+9,1 %) kamen. Die Auslandsbestellungen (+0,4 %) kamen kaum über eine Stagnation hinaus.
Innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes waren für das deutliche Auftragsplus vor allem die rege Nachfrage in den gewichtigen Branchen Kfz und Kfz-Teile (+9,3 %) und Maschinenbau (+2,3 %) verantwortlich. In anderen Bereichen, wie bei den Herstellern von Daten-, elektrischen und optischen Geräten (-7,9 %) und in der Metallerzeugung und -bearbeitung (-4,9 %) gaben die Neuaufträge jedoch nach. Auch im von kurzfristigen Schwankungen weniger stark betroffenen Dreimonatszeitraum waren die Bestellungen rückläufig. Sie sanken insgesamt um 1,4 %.
Alles in allem lassen die jüngsten Auftragsdaten auf eine Erholung der Industriekonjunktur im zweiten Halbjahr hoffen. Ein starker und breit angelegter Konjunkturaufschwung zeichnet sich wegen der gedämpften Stimmung in den Unternehmen und der bislang schwachen Auslandsnachfrage aber derzeit nicht ab.
Warenexporte weiterhin rückläufig
Dass die Auslandsnachfrage noch immer schwach ist, unterstreichen auch die aktuellen Außenhandelsdaten der Wiesbadener Statistiker. Demnach wurden von der deutschen Wirtschaft im Juni kalender- und saisonbereinigt Waren im Wert von 127,7 Mrd. Euro exportiert und Waren im Wert von 107,3 Mrd. Euro importiert. Die Warenexporte sanken gegenüber dem Vormonat um deutliche 3,4 %, nachdem sie bereits im Mai um merkliche 3,1 % nachgegeben hatten. Bei den Warenimporten kam es hingegen – nach einem spürbaren Rückgang um 5,5 % im Mai – im Juni zu einem leichten Anstieg um 0,3 %. Zum minimalen Importzuwachs dürften unter anderem die höhere inländische Nachfrage im Zuge der Fußball-EM beigetragen haben.
Nahezu ein Drittel mehr Firmenpleiten
Angesichts der in der ersten Jahreshälfte noch andauernden Konjunkturschwäche steigen die Insolvenzzahlen in Deutschland weiter an. Von den Amtsgerichten wurden im Mai 1.934 beantragte Unternehmensinsolvenzen und 5.691 beantragte Verbraucherinsolvenzen gemeldet. Die Zahl der Firmenpleiten legte damit gegenüber dem Vorjahresmonat um beachtliche 30,9 % zu. Demgegenüber fiel der Anstieg bei den Verbraucherpleiten mit +0,2 % deutlich weniger stark aus.
Bezogen auf 10.000 Unternehmen waren die meisten Firmenpleiten in den Bereichen Verkehr und Lagerei (12,2 Fälle), sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (9,0 Insolvenzen), Baugewerbe (8,5 Fälle) und Gastgewerbe (7,4 Fälle) zu verzeichnen.
Im weiteren Jahresverlauf ist im Zuge der sich abzeichnenden moderaten Konjunkturbelebung allmählich mit einer schwächeren Zunahme der Firmenpleiten zu rechnen. Hierauf lässt auch der amtliche Schnellindikator zu den Regelinsolvenzen schließen. Dieser lag zuletzt, im Juli, um 13,5 % über seinem Vorjahresmonatswert.
Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR