Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur
Wocheninfo vom 13.05.2024
- Die ersten Leitzinssenkungen
- Zweifel bei der Fed
- Aktien: Gute Woche für europäische Aktien
- Anleihen: Ungewohnt unbewegt
- Devisen: Euro ebenfalls unbewegt
- Rohstoffe: Ölpreis stagniert ebenfalls
- Höhere Industrieproduktion im 1. Quartal
- Auftragslage noch schwach
- Zunehmender Außenhandel
- Deutlich mehr Insolvenzen
Die ersten Leitzinssenkungen
Vergangene Woche senkte die Schwedische Reichsbank ihren Leitzins von 4,0 auf 3,75 %. Damit folgt sie kleinen, osteuropäischen Zentralbanken wie der tschechischen oder ungarischen, aber auch der Schweizer Notenbank, die im 1. Halbjahr 2024 ebenfalls ihre Leitzinsen gesenkt haben.
Die Schweden liefern damit ein mögliches Vorbild für den Euroraum. Die Schwedische Wirtschaft ähnelt der europäischen – auch in ihrer jetzigen Schwäche. Die Inflation nähert sich mit zuletzt 2,2 % dem Zielwert von 2 %. Die Wirtschaft erlebt eine Schwächephase. Die Notenbank sieht externe Inflationsrisiken in der geopolitischen Lage, aber auch in der starken US-Wirtschaft und dem Wechselkurs der Schwedischen Krona.
Trotz dieser Risiken entschied die Reichsbank mit – in ihrem Verständnis – stabilisierter Inflation und schwacher Wirtschaft für die Zinssenkung. Das Risiko einer steigenden Zinsdifferenz zu den USA, deren Notenbank Fed die Zinsen länger als erwartet stillhalten dürfte, geht sie ein. Sie kommunizierte sogar, dass zwei weitere Zinssenkungen um 25 Basispunkte im zweiten Halbjahr folgen könnten.
Beginnend mit der Juni-Sitzung dürfte die EZB auf diesen Kurs einschwenken. Denn der datengetriebene Ansatz der EZB liefert momentan ebenfalls sinkende Inflationszahlen und –aussichten in Richtung des Ziels von 2 %.
Zweifel bei der Fed
Die US-Notenbank Fed hingegen neigt zur Vorsicht. Weiterhin entwickelt sich die USWirtschaft deutlich stärker, als angesichts der restriktiven Geldpolitik erwartet. Dabei unterstützt auch das enorme fiskalische Defizit der Vereinigten Staaten. Entsprechend bleibt die Inflation zu hoch.
Dennoch hoffen die Märkte weiterhin – und wieder – auf Zinssenkungen in den USA. Futter gaben ihnen unerwartet schwache Lohndaten, weshalb zuletzt 50 Basispunkte an Senkungen für die USA erwartet wurden. Doch einzelne Offizielle der Fed schließen umgekehrt Zinserhöhungen nicht aus. Die Zinssenkung könnte also aus- oder hinter die US-Wahlen zum Jahresende fallen.
Aktien: Gute Woche für europäische Aktien
Der DAX markierte am Brückentag, dem 10. Mai 2024, ein neues Rekordhoch von 18.772,85 Punkten. Die vergangene Woche beendete er so 4,28 % im Plus. Für den breiteren Euro Stoxx 50 stand ein Zuwachs von 3,32 % zu Buche. Die europäischen Werte profitierten dabei von den wiederkehrenden Hoffnungen auf US-Zinssenkungen und die eigene relative Schwäche in den letzten Monaten. Daher konnten sie diesmal stärker zulegen als die Indizes der USA, die 1 bis 2 % gewannen.
Anleihen: Ungewohnt unbewegt
Auf den Anleihenmärkten bewegte sich vergangene Woche auffallend wenig. Die deutsche zehnjährige Bundesanleihe etwa warf am letzten Montag 2,51 % ab und am letzten Freitag dann 2,52 %. Ähnlich stagnierte die gleichlange US-Anleihe, wenngleich auf höherem Niveau von 4,5 %.
Diese inzwischen recht stabilen langfristigen Renditen deuten auch darauf hin, dass aus Marktsicht die Niedrigzinsphase absehbar nicht zurückkehrt. Stattdessen werden positive Nominalzinsen erwartet, da langfristig noch immer eine Rückkehr der Inflation zu 2 % angenommen wird.Auf die Kursverluste von Staatsanleihen vor der Fed-Sitzung folgten letzte Woche Gewinne im Anschluss an sie. Entsprechend fielen die Renditen: Die Rendite der zehnjährigen US-Anleihe gab um 16,7 Basispunkte auf 4,5 % nach, die der deutschen um 6,7 Basispunkte auf 2,51 %. Damit bleiben beide langjährigen Renditen allerdings oberhalb ihrer Durchschnitte der vergangenen zwölf Monate. Das verdeutlicht die insgesamt gestiegenen Zinserwartungen.
Devisen: Euro ebenfalls unbewegt
Die erwartete steigende Zins- und Konjunkturdifferenz zwischen dem Euroraum und der USA scheint inzwischen eingepreist. Daher verharrte der Euro eine weitere Woche im Bereich von 1,08 Dollar pro Euro, dem Mittelwert des Wechselkurses seit nunmehr einem Jahr. Exakt lag die Gemeinschaftswährung mit einer Veränderung von -0,03 % bei 1,076 Dollar pro Euro.
Rohstoffe: Ölpreis stagniert ebenfalls
Der Preis des Barrels Rohöl der Referenzsorte Brent stieg um unmerkliche 0,23 % auf 83,67 Dollar. Auf die letzten drei Monate steht ein leichtes Plus von 2,37 % zu Buche. Die Nachrichten aus dem Nahen Osten haben also bisher keinen wesentlichen Einfluss.
Der europäische Preis für Erdgas hingegen stieg in den letzten drei Monaten gemessen am Tagesfuture um 9,63 %, trotz eines Rückgangs in der Vorwoche. Das fußt auf Spekulationen über zurückkehrende Nachfrage in der europäischen Industrie und von außerhalb des Kontinents.
Höhere Industrieproduktion im 1. Quartal
Nach dem deutlichen Produktionsrückgang von 2023 fasst die deutsche Industrie langsam wieder Tritt. Die Geschäftserwartungen im Verarbeitenden Gewerbe haben sich zu Jahresbeginn 2024 merklich aufgehellt, befördert durch die Perspektive auf sinkende Zinsen und eine weltwirtschaftliche Belebung.
Auch in den amtlichen Produktionsdaten zeigt sich inzwischen, dass die konjunkturellen Auftriebskräfte an Bedeutung gewonnen haben. Zwar ist die Industrieproduktion im März gegenüber dem Vormonat preis-, kalender- und saisonbereinigt leicht um 0,4 % gesunken, nicht zuletzt wegen eines Rückgangs um 1,0 % im Maschinenbau. Im gesamten 1. Quartal lag die industrielle Erzeugung gegenüber dem Vorquartal aber um 0,7 % im Plus.
Im Baugewerbe ist die Produktion im Jahresauftaktquartal ebenfalls gestiegen. Die Bauproduktion expandierte um kräftige 3,9 %, wozu jedoch weniger die Konjunktur, sondern vielmehr die milde Witterung beigetragen haben dürfte.
Auftragslage noch schwach
Im Gegensatz zur Produktion ist die Auftragslage im Verarbeitenden Gewerbe insgesamt noch immer schwach. Die preis-, kalender- und saisonbereinigten Auftragseingänge fielen im März um 0,4 % unter ihren Vormonatswert. Auch über das gesamte 1. Quartal betrachtet sanken die Neuaufträge um deutliche 4,3 %.
Maßgeblich für den Orderrückgang im März war die nachlassende Nachfrage aus dem Inland (-3,6 %), die nur zum Teil durch eine Zunehme der Auslandsbestellungen (+2,0 %) kompensiert werden konnte. Innerhalb der Industrie mussten die energieintensiven Branchen Herstellung von Metallerzeugnissen (-4,5 %) und die Metallerzeugung (-3,5 %) die stärksten Rückgänge hinnehmen.
Trotz der insgesamt noch anhaltenden Auftragsschwäche spricht die spürbare Aufhellung der Geschäftserwartungen dafür, dass sich die Industrieproduktion in naher Zukunft weiter erholen wird.
Zunehmender Außenhandel
Der grenzüberschreitende Handel der deutschen Wirtschaft hat im März moderat an Fahrt aufgenommen. Von Deutschland wurden saison- und kalenderbereinigt Waren im Wert von 134,1 Mrd. Euro exportiert und Waren im Wert von 111,9 Mrd. Euro importiert. Die Warenexporte legten gegenüber dem Vormonat um 0,9 % zu, befördert durch einen überdurchschnittlichen Zuwachs im Handel mit den wichtigen Partnerländern USA (+3,6 %) und China (+3,7 %). Der Anstieg der Warenimporte fiel demgegenüber mit 0,3 % etwas schwächer aus. Auch über das gesamte 1. Quartal betrachtet übertraf die Expansion der Ausfuhren mit 3,2 % den Anstieg der Einfuhren mit 1,7 %. Vom Außenhandel als Ganzes ging daher ein positiver Beitrag zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum aus. Ob auch im laufenden 2. Quartal vom Außenhandel Wachstumsimpulse ausgehen werden, ist fraglich. Die Importe könnten im Zuge der anziehenden inländischen Konsumkonjunktur stärker zulegen als die Exporte, die noch immer durch die hohen globalen Unsicherheiten belastet werden.
Deutlich mehr Insolvenzen
Vor dem Hintergrund der nur langsam in Schwung kommenden Konjunktur und wegen des Auslaufens von Sondereffekten, wie der zeitweisen Aussetzung der Antragspflicht während der Hochphase der Coronakrise, tendieren die Insolvenzzahlen in Deutschland weiter nach oben. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, wurden von den Amtsgerichten im Februar 1.785 Unternehmens- und 5.795 Verbraucherinsolvenzen gemeldet. Die Zahl der Firmenpleiten legte gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonatswert um deutliche 31,1 % zu. Bei den Verbraucherpleiten fiel der Anstieg mit +12,3 % etwas weniger stark aus.
In den kommenden Monaten dürften die Fallzahlen weiter zunehmen. Hierauf lässt auch der amtliche Schnellindikator zu den beantragten Regelinsolvenzen schließen, der im März und im April um 12,3 % beziehungsweise 28,5 % über seinen entsprechenden Vorjahrsmonatsständen lag.
Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR