Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur
Wocheninfo vom 15.11.2021
- Höhenflug am Aktienmarkt trotz Konjunktursorgen
- DAX erreicht neues Hoch
- Renditen ohne klaren Trend
- Euro – tiefster Stand seit Juli 2020
- Rohölpreise seitwärts
- Konjunkturerwartungen hellen sich auf
- Unternehmensinsolvenzen noch rückläufig
- Schwache Außenhandelsdaten
- Euroraum-Industrieproduktion gesunken
Höhenflug am Aktienmarkt trotz Konjunktursorgen
In der zweiten Novemberwoche hielt die gute Stimmung unter den Anlegern trotz steigender Coronasorgen an. Der DAX konnte – getrieben von überwiegend positiven Unternehmensberichten – ein neues Allzeithoch erreichen. Die Kursbewegung war im Wochenverlauf aber eher durch Stabilität als durch Dynamik gekennzeichnet. Neue Höchststände konnten auch Kryptowerte verzeichnen. Dies galt insbesondere auch für Bitcoin und Ether, die nach dem Marktwert größten Titel.
Doch bewegen weiterhin auch Inflationssorgen die Märkte. In den USA wurde für den Oktober ein Verbraucherpreisanstieg um 6,2 % gemeldet, das war der höchste Wert für die Inflation seit November 1990. Gleichzeitig fielen die Konjunkturdaten gemischt aus und werfen die Frage auf, wie stark die Bremsspuren der Materialengpässe und der Kaufkrafteinbußen durch die Inflation auf die konjunkturelle Erholung sein werden.
Eine weitere Sorge ist der weitere Anstieg der Coronainfektionen in Deutschland. Die vierte Coronawelle trifft Deutschland inzwischen mit voller Wucht. Die Sieben-Tagesinzidenz kletterte am Freitag auf 263,7, das ist der höchste Wert seit Beginn der Pandemie. In einigen Landkreisen liegt der Indikator oberhalb der 1.000er-Marke. Binnen eines Tages wurden 48.640 Neuinfektionen gemeldet, der zweithöchste Wert seit Beginn der Pandemie.
Der schnelle Anstieg der Infektionen belebt die Debatte über zusätzliche Infektionsschutzmaßnahmen. Diese könnten ebenfalls negativ auf die konjunkturelle Erholung wirken und auch die Finanzmärkte beeinflussen. So haben die Niederlande wegen steigernder Infektionszahlen einen Teil-Lockdown verhängt. Ab Samstag müssen dort Restaurants und Geschäfte bereits am frühen Abend schließen. Österreich wiederum plant einen Lockdown für Ungeimpfte.
In Deutschland stehen derzeit allerdings keine so weitreichenden Maßnahmen vor der Verabschiedung. Im Gespräch sind vor den anstehenden Bund-Länder-Beratungen am Donnerstag aber insbesondere strengere Vorgaben für Veranstaltungen, wie etwa eine 2G plus-Regel, nach der eine Teilnahme nur für Geimpfte und Genesene gestattet ist, die zusätzlich noch einen negativen Test vorweisen können.
DAX erreicht neues Hoch
Der DAX konnte in der zweiten Novemberwoche ein neues Allzeithoch erklimmen. Er schloss am Freitag, dem 12. November, mit 16.094 Punkten, im Vorwochenvergleich entspricht dies einem Plus von 0,3 %. Getrieben wurde die Aktienkursentwicklung von vielen starken Quartalsberichten, die die zahlreichen Risikofaktoren in den Hintergrund treten ließen. Hierzu zählen die weitere Entwicklung der Coronapandemie und die anhaltenden Lieferengpässe, die beide maßgeblich auf die Konjunktur und die Inflation ausstrahlen dürften.
Renditen ohne klaren Trend
Die Rendite auf zehnjährige Bundesanleihen hat sich in der zweiten Novemberwoche auf niedrigem Niveau seitwärts bewegt. Am Freitag, dem 12. November, lag sie bei -0,26 %, das waren 2 Basispunkte mehr als eine Woche zuvor. In den USA stieg die Rendite hingegen um kräftige 13 Basispunkte auf 1,58 %. Deutlich positiv auf die Renditen wirkten die US-Inflationsdaten, die mit der Erwartung schnellerer Zinsanhebungen der US-Notenbank verbunden waren. Am Freitagnachmittag drückten pessimistische Verbrauchererwartungen auf die Renditen. Der einflussreiche Indikator der University of Michigan fiel unter dem Eindruck der Inflationssorgen auf den tiefsten Stand seit zehn Jahren.
Euro – tiefster Stand seit Juli 2020
Die europäische Gemeinschaftswährung ist in der vergangenen Woche erstmals seit Juli 2020 unter die Marke von 1,15 US-Dollar gefallen. Ursache der Euroschwäche sind Unterschiede in den Zinsaussichten. Getrieben wurde der Kursabschlag von den aktuellen US-Inflationsdaten, die die Erwartung einer schnelleren Zinswende in den USA befeuerte. Der EZB-Referenzkurs des Euro lag am Freitag, dem 12. November, bei 1,1448 US-Dollar und damit einen Cent niedriger als eine Woche zuvor.
Rohölpreise seitwärts
Rohöl der Sorte Brent kostete am Freitag, dem 12. November, 82,90 US-Dollar und war damit ähnlich teuer wie eine Woche zuvor (82,43 USDollar). Am Anfang der Woche hatten sich die Preise erhöht, nachdem eine Freigabe von staatlichen US-Ölreserven aufgrund einer Analyse des US-Energieministeriums weniger wahrscheinlich geworden war. Die Rekordinflation in den USA machte dann aus Sicht der Händler ein staatliches Handeln hier doch wieder eher vorstellbar.
Konjunkturerwartungen hellen sich auf
Finanzmarktfachleute blicken den wirtschaftlichen Perspektiven Deutschlands wieder mit mehr Zuversicht entgegen. Die anhand einer monatlichen Umfrage unter diesen Fachleuten ermittelten ZEW-Konjunkturerwartungen sind im November um 9,4 Punkte auf 31,7 Punkte gestiegen. Maßgeblich für den ersten Anstieg des Stimmungsindikators seit Mai 2021 dürfte sein, dass die befragten Fachleute für das nächste halbe Jahr mit einem Nachlassen der Belastungen durch die Materialengpässe rechnen. Vor dem Hintergrund dieser Engpässe wurde die aktuelle Lage aber nochmals vorsichtiger bewertet. Der entsprechende ZEW-Lageindikator ist im November um 9,1 Punkte auf niedrige 12,5 Punkte gefallen. Insgesamt signalisieren die jüngsten Umfragedaten, dass die deutsche Konjunktur nach einem schwachen Jahresendquartal zu Beginn nächsten Jahres wieder Tritt fassen wird.
Unternehmensinsolvenzen noch rückläufig
Die wirtschaftliche Not, in die viele Unternehmen im Zuge der Coronapandemie geraten sind, spiegelt sich noch immer kaum in den amtlichen Daten zu den Unternehmensinsolvenzen wider. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im August von den Amtsgerichten 1.029 beantragte Firmenpleiten gemeldet. Die Fallzahl ist damit gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat um 2,1 % zurückgegangen. Allerdings hat sich der Rückgang verlangsamt. Im längerfristigen Zeitraum der Monaten Januar bis August haben die Unternehmensinsolvenzen um 15,7 % nachgegeben. Anhaltspunkte zur künftigen Entwicklung liefert der amtlichen Schnellindikator zu den Regelinsolvenzen. Dieser lag in den zurückliegenden Monaten erheblich über seinen entsprechenden Vorjahresmonatswerten, im September sogar um deutliche 24,5 %. Zuletzt, im Oktober, sank er aber um 15,5 %. Ein Grund hierfür dürfte sein, dass die Regelinsolvenzen nicht nur bei allen Verfahren von Unternehmen, sondern auch bei Personen Anwendung finden, die wirtschaftlich tätig sind (beispielsweise bei persönlich haftenden Gesellschaftern einer offenen Handelsgesellschaft). Für die zuletzt genannten Gruppen kommt jedoch auch ein Verbraucherinsolvenzverfahren in Betracht, das mit Wirkung zum 1. Oktober 2020 neugeregelt wurde. Die Neuregelung sieht eine schrittweise Verkürzung von Restschuldbefreiungsverfahren von sechs auf drei Jahre vor und ermöglicht den Betroffenen einen schnelleren wirtschaftlichen Neuanfang nach einem Insolvenzverfahren. Im Zuge dieser Neuregelung ist die Zahl der Verbraucherinsolvenzen im August gegenüber dem Vormonat erneut sehr kräftig gestiegen, um 217,7 % auf 5.779 Fälle. Angesichts des allmählichen Auslaufens staatlicher Hilfen, wie der zeitweisen Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, dürfte es mittelfristig auch zu einem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen kommen.
Schwache Außenhandelsdaten
Vor dem Hintergrund der anhaltenden Materialknappheiten sind die jüngsten Daten zum grenzüberschreitenden Handel der deutschen Wirtschaft überwiegend schwach ausgefallen. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, wurden von Deutschland im September Waren im Wert von 117,8 Mrd. Euro ausgeführt und Waren im Wert von 101,6 Mrd. Euro eingeführt. Die Ausfuhren sind gegenüber dem Vormonat kalender- und saisonbereinigt um 0,7 % zurückgegangen, nachdem sie bereits im August um 0,8 % und damit in ähnlicher Größenordnung nachgegeben hatten. In Hinblick auf die Einfuhren kam es, nach einem merklichen Zuwachs um 2,1 % im August, im September lediglich zu einem minimalen Anstieg um 0,1 %. Allerdings lassen die nach wie vor aufwärtsgerichteten Einfuhren auf eine weiterhin hohe Binnennachfrage schließen. Insbesondere die privaten Konsumausgaben dürften im 3. Quartal merklich zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum beigetragen haben. Erste quantitative Angaben zur Entwicklung des Privatkonsums im Sommerquartal wird das Statistische Bundesamt am 25. November veröffentlichen.
Euroraum-Industrieproduktion gesunken
Die Industrieproduktion des Euroraums ist angesichts der weit verbreiteten Materialengpässe erneut gesunken. Nach vorläufigen amtlichen Angaben verminderte sich der Ausstoß im September gegenüber dem Vormonat preis-, kalender und saisonbereinigt um 0,2 %. Der Rückgang fiel damit gleichwohl weniger deutlich aus als im August (-1,7 %). Maßgeblich für die Produktionsverminderung im September waren Hersteller von Investitionsgütern (-0,7 %) und Vorleistungsgütern (-0,2 %). Sollte es, wie allgemein erwartet, in den nächsten Monaten zu einem Abflauen der Materialengpässe kommen, dürfte die Industrieproduktion wieder einen Wachstumskurs einschlagen. Hierfür spricht zumindest die bis zuletzt günstige Auftragsentwicklung. So ist der Order- Indikator jüngst von 13,3 Punkten im September auf 13,7 Punkte im Oktober gestiegen. Er befindet sich zudem weiterhin auf einem vergleichsweise hohen Niveau.
Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR