Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur

Wocheninfo vom 17.10.2022

  • Inflation weiterhin bestimmendes Thema
  • Kursgewinne an den Aktienmärkten
  • Weiter steigende Anleiherenditen
  • Eurokurs tendiert seitwärts
  • Leicht rückläufige Ölpreise
  • Höchste Inflationsrate seit über 70 Jahren
  • Stornierungen im Wohnungsbau nehmen zu
  • Leichtes Umsatzplus im Dienstleistungssektor
  • Vorübergehend höhere Euroraum-Industrieproduktion

Inflation weiterhin bestimmendes Thema

Die weltweit kräftig steigenden Preise und ihre Folgen für die Geldpolitik und die Konjunktur waren auch in der zurückliegenden Woche ein sehr wichtiges Thema an den Finanzmärkten. Wegen der hartnäckig hohen Inflation haben weitere Institutionen ihre Wachstumsprognose deutlich abwärtsrevidiert. Der Internationale Währungs-fonds (IWF) zeichnete in seinem am vergangenen Dienstag veröffentlichten Wirtschaftsausblick ein düsteres Bild von der Weltkonjunktur. Die IWF-Experten senkten ihre Prognose für das globale Wachstum auf 2,7 %. Die Bundesregierung hat ihren Wachstumsausblick für Deutschland ebenfalls deutlich vermindert. Sie rechnet nunmehr mit einer Rezession und mit einem Rückgang der preisbereinigten Wirtschaftsleistung 2023 um 0,4 %.

In den USA ist die Inflationsrate, gemäß den am Donnerstag veröffentlichten Verbraucherpreis-daten, zwar leicht von 8,3 % im August auf 8,2 % im September gesunken. Fachleute hatten jedoch mit einem stärkeren Rückgang gerechnet. Der nur wenig verminderte Preisanstieg verstärkt die Erwartung, dass die US-Notenbank Fed weitere, kräftige Zinsschritte vornehmen wird. Hierauf lässt auch das Protokoll der letzten Fed-Sitzung schließen. Demnach zeigten sich einige Sitzungsteilnehmer entschlossen, die US-Leitzinsen in großen Schritten zu erhöhen, selbst wenn hiermit schmerzhafte Einschnitte für die Konjunktur verknüpft sind. An den Finanzmärkten wird nun vielfach damit gerechnet, dass die Fed ihren Kurs in 0,75-Prozentpunkt-Schritte fortsetzen wird. Zinsanhebungen in diesem Umfang werden nicht nur für die kommende Sitzung Anfang November, sondern auch für Dezember erwartet.

Für Deutschland wurde der Anstieg der Inflationsrate von 7,9 % im August auf hohe 10,0 % im September von amtlicher Seite bestätigt (siehe Seite 4 dieser Wochen-Info). Angesichts der hohen Inflation sprach sich Bundesbankpräsident Joachim Nagel für einen weiteren robusten Zins-schritt im Euroraum aus. Am Rand der IWF-Herbsttagung plädierte er zudem dafür, dass die europäischen Notenbanken ab 2023 ihre Be-stände an Staatsanleihen zurückfahren sollten. Vor dem Hintergrund der anhaltend hohen Inflationsraten legte, die von der Bundesregierung eingesetzt Gas-Expertenkommission am Montag ihren Zwischenbericht vor. Die Kommission empfiehlt, Privathaushalte und Gewerbekunden im Dezember mit einer Einmalzahlung von den enorm gestiegenen Gaspreisen zu entlasten. Von Anfang März 2023 bis Ende April 2024 soll dann eine Gaspreisbremse wirken. Auf Basis des Zwischenberichts wird die Bundesregierung voraussichtlich an diesem Donnerstag ihr Konzept zur genauen Ausgestaltung der Gaspreisbremse vorlegen.

Kursgewinne an den Aktienmärkten

Die Gemengelage aus hohen Inflationsraten, steigenden Zinsen und einem verhaltenen Konjunkturausblick setzte die internationalen Aktienmärkte im Verlauf der vergangenen Woche merklich unter Druck. In Reaktion auf die Veröffentlichung der US-Preisdaten fielen die US-Leitindizes zeitweise auf die niedrigsten Stände seit rund zwei Jahren. Zum Ende der Woche setzte aber eine Gegenbewegung ein. Viele Marktteilnehmer setzten offenbar darauf, dass die startende US-Berichtssaison günstig ausfallen könnte. Der DAX beendete die Handelswoche am Freitag, dem 14. Oktober, bei 12.437 Punkten. Er ist damit auf Wochensicht um 1,3 % gestiegen. Der US-Leitindex Dow Jones schloss ebenfalls im Plus. Er legte um 1,2 % auf 29.634 Punkte zu.

Weiter steigende Anleiherenditen

Die durch die hohe Inflationsrate dies- wie jenseits des Atlantiks bekräftigten Erwartungen weiter merklich steigender Notenbankzinsen ließen die Renditen der Staatanleihen Deutschlands und der USA abermals steigen. Bundesanleihen mit einer zehnjährigen Restlaufzeit rentierten am Freitag bei knapp 2,36 % und damit um 16 Basis-punkte über ihrem Vorwochenultimo. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen stieg im Wochenvergleich um 12 Punkte auf rund 4,01 %.

Eurokurs tendiert seitwärts

Der Euro blieb zuletzt gegenüber dem US-Dollar nahezu unverändert bei 0,97 Euro je US-Dollar. Zwar war der US-Dollar zu Wochenbeginn, auch wegen zahlreicher Raketenangriffe Russlands auf ukrainische Städte, als vermeintlich sicherer Anlagehafen stärker gefragt. Ende der Woche gewann die Gemeinschaftswährung aber wieder etwas an Wert.

Leicht rückläufige Ölpreise

Die auch durch den aktuelle IWF-Wirtschaftsaus-blick genährten Sorgen vor einem Abflauen der Weltwirtschaft und einem damit verbundenen Rückgang der Energienachfrage haben die Ölpreise in der vergangenen Woche unter Druck gesetzt. Für fallende Notierungen sorgte auch, dass das Ölkartell OPEC, dass von einer schwächeren Ölnachfrage ausgeht. Der Preis der Nordseesorte Brent verminderte sich auf Wochensicht um 6,7 % auf 92,22 US-Dollar.

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Höchste Inflationsrate seit über 70 Jahren

Das Statistische Bundesamt hat inzwischen detaillierte Angaben zur Entwicklung der Verbraucherpreise im September vorgelegt. Die Wiesbadener Statistiker haben dabei das zentrale Ergebnis ihrer Ende September veröffentlichten ersten Schätzungen bestätigt. Demnach ist die Inflationsrate, basierend auf den Veränderungen des Verbraucherpreisindexes (VPI) gegenüber dem Vorjahresmonat, sprunghaft von 7,9 % im August auf 10,0 % im September gestiegen. Die Inflationsrate war damit so hoch wie seit über 70 Jahren nicht mehr. Eine noch höhere Teuerung wurde zuletzt in Westdeutschland im Dezember 1951 (10,6 %) gemessen. Hauptgrund für die hohe Inflation sind nach wie vor die enormen Preissteigerungen bei Energieprodukten und, in geringerem Umfang, bei Nahrungsmitteln.

Die Energiepreise haben sich im September, nicht zuletzt wegen des Auslaufens des staatlichen Tankrabatts und des 9-Euro-Tickets, noch stärker verteuert als zuvor (+43,9 % nach +35,6 % im August). Besonders stark fielen die Preisanstiege bei leichtem Heizöl (+108,4 %) und Erdgas (+95,1 %) aus. Auch für Nahrungsmittel mussten die Verbraucher im September zunehmend mehr zahlen (+18,7 % nach +16,6 %). Überdurchschnittlich hoch fielen hier die Preissteigerungen für Speisefette und Speiseöle (+49,0 %), Molkereiprodukte und Eier (+29,1 %) sowie Fleisch und Fleischwaren (+19,5 %) aus. Die Kerninflationsrate, ohne Berücksichtigung der Energie- und Nahrungsmittelpreise, lag mit 4,6 % in etwa halb so hoch wie die Gesamtrate.

Angesichts des anhaltenden Preisdrucks von den vorgelagerten Preisstufen dürfte die allgemeine Teuerung zum Jahresende weiter zunehmen. Gemäß der aktuellen Inflationsprognose des BVR, die im Rahmen der Oktoberausgabe des BVR Volkswirtschaft Kompaktes veröffentlicht wurde, dürfte die Inflationsrate im Durchschnitt des 4. Quartals auf rund 11 % steigen. Für 2023 zeichnet sich dann, unter anderem wegen der angekündigten staatlichen Preisdeckel für Gas und Strom, ein Rückgang der Inflationsrate ab. Sie dürfte mit 6,5 % im Jahresdurchschnitt aber weiterhin auf hohem Niveau bleiben.

Stornierungen im Wohnungsbau nehmen zu

Vor dem Hintergrund kräftig steigender Material- und Energiepreise, höherer Finanzierungszinsen und enormer wirtschaftlicher Unsicherheiten ziehen immer mehr Bauherren ihre Projekte zurück. Dies legen zumindest die jüngsten Ergebnisse einer Umfrage des ifo Instituts unter Wohnungsbauunternehmen nahe. Demnach ist der Anteil der Umfrageteilnehmer, die von Stornierungen betroffen sind, von 11,6 % im August auf 16,7 % im September gestiegen. Zudem trübten sich die Geschäftserwartungen im Wohnungsbau nochmals ein. Der Saldo der Prozentanteile von „günstiger“- und „ungünstiger“-Meldungen zu den Perspektiven fiel im September auf -53,2 Punkte und lag damit so niedrig wie noch nie seit Beginn der Erhebung im Jahr 1991. Insgesamt verdichten sich mit den neuen Umfragedaten die Hinweise dafür, dass der Bauboom in Deutschland zu Ende geht. Die Bauproduktion war jüngst, im August, gegenüber dem Vormonat preis-, kalender- und saisonbereinigt um 2,1 % gesunken.

Leichtes Umsatzplus im Dienstleistungssektor

Befördert durch eine weitere Erholung in konsumnahen Branchen ist der Dienstleistungssektor in Deutschland mit einem moderaten Umsatzzuwachs in das 3. Quartal gestartet. Nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes legte der Absatz im Juli gegenüber dem Vormonat preis-, kalender- und saisonbereinigt um 0,6 % zu. Innerhalb des Sektors waren aber teilweise recht unterschiedliche Tendenzen zu verzeichnen. Während der Umsatz in der stark von der Coronakrise betroffen Kreuzfahrtbranche um fast zwei Drittel (+65,5 %) stieg und damit erstmals wieder das Vor-Corona-Niveau übertraf, mussten die Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstalter nach zuvor deutlichem Aufwärtstrend einen Umsatzrückgang um mehr als die Hälfte (-54,5 %) hinnehmen. Insgesamt deuten die jüngsten Umsatzdaten darauf hin, dass der Dienstleistungssektor stabilisierend auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im 3. Quartal gewirkt haben könnte. Angesichts der zuletzt überwiegend schwach ausgefallenen Industrie- und Außenhandelsdaten zeichnet sich für das preis-, kalender- und saisonbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) aber nach wie vor ein Rückgang ab. Im 2. Quartal war das BIP nach aktuellem Rechenstand noch um 0,1 % gestiegen.

Vorübergehend höhere Euroraum-Industrieproduktion

Ungeachtet des geopolitischen und weltwirtschaftlichen Gegenwinds haben die Industriebetriebe des Euroraums ihre Produktion im August erhöht. Die Erzeugung legte gegenüber dem Vormonat preis-, kalender- und saisonbereinigt um 1,5 % zu. Der Rückgang vom Juli (-2,3 %) konnte damit allerdings noch nicht wieder ausgeglichen werden. In naher Zukunft ist tendenziell mit einer sinkenden Produktion zu rechnen.

Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR