Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur

Wocheninfo vom 18.09.2023

  • Hoffen, dass es reicht
  • Aktien: Euro-Börsen leicht optimistisch für Zinspause
  • Anleihen: Leichte Kursverluste in EU und USA
  • Devisen: Zinserhöhung hilft dem Euro nicht
  • Rohstoffe: Rohöl steigt deutlich
  • Im 1. Halbjahr 20,5 % mehr Firmenpleiten
  • ZEW-Konjunkturerwartungen leicht gestiegen
  • Konjunkturforscher vermindern BIP-Prognosewerte

Hoffen, dass es reicht

Die EZB erhöhte am vergangenen Donnerstag ihre Leitzinsen um 25 Basispunkte auf 4,5 % für die Hauptrefinanzierungsfazilität. Sie erklärte zwar, für weitere Zinserhöhungen bereitzustehen, sollte die Lage es erfordern. Doch hofft die EZB-Führung, dass dieser Zinsschritt der letzte bleiben kann. In ihren Worten: „Die EZB-Leitzinsen haben Niveaus erreicht, die, ausreichend lange beibehalten, einen substantiellen Beitrag zur rechtzeitigen Rückkehr der Inflation zum Ziel leisten werden.“.

Diesen Inflationsoptimismus zieht die EZB aus einem Konjunkturpessimismus. Laut ihren Prognosen werde der Euroraum in diesem Jahr um 0,7 % wachsen und im kommenden um 1 %. Diese Wachstumsschwäche bremst die Inflation aus – auch als Folge der durch die Leitzinserhöhungen gestiegenen Finanzierungskosten. Dadurch erreiche, laut EZB-Prognosen, die Inflation 2025 mit 2,1 % beinahe wieder den Zielwert, bleibe 2023 (5,6 %) und 2024 (3,2 %) aber noch erhöht. Aus den schwachen Konjunktursignalen folgt, dass die vorsichtigeren Stimmen in der EZB wieder lauter werden. Sollte die Konjunktur deutlich einbrechen, müsste die Notenbank ihre Zinsen wieder senken - mit dem Argument, die Rezession würde sonst deflationär wirken. Bereits jetzt preisen die Märkte rund 75 Basispunkte Zinssenkung für 2024 an, obwohl die EZB betont, die Zinsen länger auf dem jetzigen Niveau belassen zu wollen.

Weitere Erhöhungen würden voraussichtlich auf diese Senkungen eingepreist werden und somit weniger Wirkung entfalten. Die EZB hätte erneut ein Glaubwürdigkeitsproblem. Eine Zinspause wäre somit die beste Lösung. Es sei denn, die Inflation zöge noch einmal spürbar und unerwartet an. Dann müsste die EZB als Signal an die Öffentlichkeit erneut erhöhen.

Ähnliches gilt, trotz besserer Konjunkturdaten, für die Fed in den USA, weshalb sie in dieser Woche ihre Zinsen voraussichtlich unverändert lassen dürfte. Damit würde sie zugleich der EZB die Vorlage liefern, im Oktober selbiges zu tun.

Aktien: Euro-Börsen leicht optimistisch für Zinspause

DAX und EuroStoxx 50 legten im Anschluss an die EZB-Sitzung leicht zu. Da die Konjunkturzahlen verhalten sind, scheint die verklausulierte Ankündigung der EZB, die Zinsen nicht weiter erhöhen zu wollen, ursächlich. Mit 0,94 beziehungsweise 1,37 % zum Wochenauftakt blieb das Plus allerdings sehr moderat. Der kumulierte Kostenschock der bisherigen Zinserhöhungen bleibt schließlich bestehen und wird sich auf den Kapitalmärkten erst verzögert zeigen. Denn die Überschussliquidität infolge der Coronapandemie und –hilfen ist noch nicht abgetragen.

Anleihen: Leichte Kursverluste in EU und USA

Die deutschen Staatsanleihen verloren in der vergangenen Woche leicht, trotz vergänglichen Kursgewinnen zum EZB-Zinsentscheid am Donnerstag. Die Rendite stieg somit um 7 Basispunkte auf 2,67 %. Außer der Donnerstagsdelle entwickelten sich die US-Anleihen ähnlich. Ihre Rendite stieg um ebenfalls 7 Basispunkte auf 4,33 %.

Devisen: Zinserhöhung hilft dem Euro nicht

Der Euro hingegen fiel um 0,41 % auf 1,066 Dollar und damit auf den niedrigsten Stand seit drei Monaten. Im Zweijahresvergleich tendiert er damit wieder eher zum Minimum (0,96) als zum Maximum (1,18), also unterdurchschnittlich. Verantwortlich sind die schwachen Konjunkturaussichten des Euroraums. Die USA haben eine jüngere Demographie und betreiben ein hohes Defizit zur Wirtschaftsförderung, etwa durch den IRA.

Rohstoffe: Rohöl steigt deutlich

Der Barrel Rohöl der Sorte Brent kostete Ende vergangener Woche 95,55 Dollar, ein Plus von 4,03 % zum Wochenauftakt. Die angekündigten Förderkürzungen Saudi-Arabiens zeigen Wirkung, da Analysten wie Investoren auf eine Knappheit am Markt spekulieren. Die gedämpfte Konjunktur und damit verletzliche Nachfrage nach Öl könnte diesen Prognosen aber zuwiderlaufen und die gegenwärtige Preisrallye unterbrechen.

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Im 1. Halbjahr 20,5 % mehr Firmenpleiten

Vor dem Hintergrund der schwachen Konjunktur, der hohen Energie-, Material- und Personalkosten und der gestiegenen Zinsen hat sich in Deutschland der Aufwärtstrend bei den Unternehmensinsolvenzen fortgesetzt. Von den Amtsgerichten wurden im 1. Halbjahr 8.571 beantragte Firmenpleiten gemeldet und damit 20,5 % mehr Fälle als im gleichen Vorjahreszeitraum. Auch bei den Gläubiger-forderungen aus Unternehmensinsolvenzen war ein Anstieg zu verzeichnen. Die Summe dieser Forderungen legten von 8,2 Mrd. Euro im 1. Halbjahr 2022 auf 13,9 Mrd. Euro in der 1. Jahreshälfte 2023 zu. Für die kommenden Monate zeichnet sich ein weiterer Anstieg der Insolvenzzahlen ab. Hierauf lässt auch der amtliche Schnellindikator zu den beantragten Regelinsolvenzen schließen. Dieser lag im August um 13,8 % über seinem Vorjahres-monatswert. Im Gegensatz zu den Unternehmensinsolvenzen sanken die Verbraucherinsolvenzen im 1. Halbjahr leicht, um 1,9 % auf 33.140 Fälle. Auch hier ist angesichts der Konjunkturschwäche in den kommenden Monaten eher mit einem Anstieg als mit einem Rückgang zu rechnen.

ZEW-Konjunkturerwartungen leicht gestiegen

Die sichtliche Abwärtsbewegung der ZEW-Konjunkturerwartungen vom Frühjahr ist in den Sommermonaten einer Seitwärts-bewegung gewichen. Der auf einer monatlichen ZEW-Umfrage unter Finanzmarktfachleuten beruhende Frühindikator stieg im September gegenüber dem Vormonat leicht um 0,9 Punkte auf -11,4 Punkte, nachdem er im August um 2,4 Punkte zugenommen hatte. Der Rückgang vom Juli (-6,2 Punkte) konnte damit allerdings noch nicht wieder ausgeglichen werden. In Hinblick auf die Bewertung der aktuellen Wirtschaftslage setzte sich allerdings der Abwärtstrend fort. Der entsprechende Lage-Indikator fiel um 8,1 Punkte auf -79,4 Punkte und markiert damit den niedrigsten Stand seit September 2020, der zweiten Coronawelle. Insgesamt signalisieren die Umfrageergebnisse eine in naher Zukunft anhaltende konjunkturelle Schwächephase.

Konjunkturforscher vermindern BIP-Prognosewerte

In den vergangenen Wochen haben viele Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Herbst-Konjunkturprognosen veröffentlicht. Die Wachstumseinschätzungen für Deutschland 2024 wurden dabei unisono etwas vermindert. So gingen beispielsweise die Experten des ifo Instituts in ihrer Sommer-Konjunkturprognosen davon aus, dass das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorjahr um 1,5 % steigen wird. Im Rahmen ihrer jüngsten Prognose rechnen die ifo-Ökonomen mit einem geringfügig niedrigeren BIP-Zuwachs um 1,4 %, der auf einem Rückgang um 0,4 % im laufenden Jahr folgend dürfte.

Begründet wird die Prognosekorrektur unter anderem mit der spürbar eingetrübten Stimmung in der deutschen Wirtschaft. Anders als noch im Sommer erwartet, werde die konjunkturelle Belebung in der zweiten Jahreshälfte 2023 ausbleiben. Wegen der global schwachen Nachfrage werde die Produktion des Verarbeitenden Gewerbes erst zum Jahresende wieder anziehen. Auch der private Konsum werde im Zuge einer nachlassenden Inflation allmählich an Fahrt aufnehmen. Bezüglich der Inflationsrate prognostizieren die ifo-Experten einen Rückgang von 6,0% im Jahresdurchschnitt 2023 auf 2,6% im kommenden Jahr. Die Arbeitslosenquote wird gemäß der Prognose 2024 bei 5,6 % liegen und damit gegenüber dem laufenden Jahr unverändert bleiben.

Das ifo Institut liegt mit seiner Einschätzung zum BIP-Wachstum 2024 am oberen Rand des Intervalls der aktuellen Prognosewerte. Deutlich pessimistischer sind beispielsweise die IWH-Konjunkturforscher, die für das kommende Jahr lediglich einen preis-bereinigten BIP-Zuwachs um 0,9 % erwarten. Ihrer Einschätzung nach werden die Konsum- und Investitionsausgaben schwächer expandieren als vom ifo Institut prognostiziert. Mehr Übereinstimmung herrscht in Hinblick auf den Außenhandel, der nach Einschätzung beider Institute das Wirtschaftswachstum 2024 rechnerisch leicht vermindern wird. Der BVR befindet sich mit seinem BIP-Prognosewert von 1,25 % im Mittelfeld des derzeitigen Prognosespektrums.

Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR