Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur

Wocheninfo vom 19.06.2023

  • Fed pausiert und warnt geschickt
  • EZB erhöht erwartungsgemäß
  • Aktien: Aufwärts mit den Leitzinsen
  • Anleihen: Leichte Kursverluste mit Zinserhöhung
  • Devisen: Euro legt leicht zu
  • Rohstoffe: Ölpreis steigt leicht, Gas deutlich
  • Im 1. Quartal deutlich mehr Unternehmensinsolvenzen
  • Konjunkturerwartungen stabilisieren sich
  • Rückgang der Inflationsrate bestätigt
  • Anstieg der Euroraum-Industrieproduktion

Fed pausiert und warnt geschickt

Die US-Notenbank Fed entschied sich am Mittwoch, dem 14. Juni, ihren Leitzins im bisherigen Korridor von 5,00 % bis 5,25 % zu halten. Dieser Schritt war weithin erwartet worden. Das Federal Open Market Committee möchte mittels der Erhöhungspause bewerten, wie die bisherigen Zinsschritte auf die Konjunktur und darüber die Inflation wirken. Insofern soll die Pause nicht als Ende der Zinserhöhungen verstanden werden.

Für dieses Verständnis nutzten die Notenbanker ihre Projektionen. Darin schätzen die Mitglieder des Komitees die wirtschaftlichen Eckdaten, darunter den Leitzins. Diesen sahen sie im Mittel auf 5,6 % für 2023 – 0,5 Prozentpunkte über den letzten Projektionen und 0,6 Prozentpunkte über dem jetzigen Niveau.

Das mag die Erwartungen des Komitees widerspiegeln, dürfte aber auch ein Signal an die Märkte sein, die wiederkehrend an der Entschlossenheit der Fed zweifeln. Zugleich gehören die Projektionen nicht zu den geldpolitischen Entscheidungen, so dass sich die Fed nicht vorfestlegt. Sie bietet damit einen Unsicherheitskorridor von 5,00 % bis 5,60 % für die US-Leitzinsen 2023, wenngleich das untere Ende gegenwärtig wahrscheinlicher erscheint.

EZB erhöht erwartungsgemäß

Die EZB hingegen verhielt sich erwartungskonform. Sie erhöhte ihre Zinsen, wie im Mai und in der jüngeren Kommunikation der Ratsmitglieder angedeutet, um 25 Basispunkte auf einen Zinssatz von 4,0 % für die Hauptrefinanzierungsfazilität. Der Einlagenzinssatz liegt damit bei 3,5 %.

In ihrer Entscheidung betonte die EZB einmal mehr, sie entscheide datengetrieben. Sie hielt sich damit weitere Zinserhöhungen offen, stellte aber keine in Aussicht. Die Märkte erwarten, dass die EZB im Juli nochmals um 25 Basispunkte erhöhen wird. Dies entspricht der Kommunikation im Mai, der bisher nicht widersprochen wurde.

Sollte die Inflation hoch bleiben, könnte die EZB zusätzlich im September die Zinsen erhöhen. Da allerdings die US-Inflation im Mai auf 4,0 % sank und der europäischen in diesem Zyklus typischerweise Vorbote war, könnte die Zinsspitze im Juli mit 4,25 % für die Hauptrefinanzierungsfazilität erreicht werden. Ob der Unsicherheit bei der Inflation, der verhaltenen Konjunktur und der schwachen Kreditvergabe ist der nun erfolgte kleine Zinsschritt jedenfalls nachvollziehbar.

Aktien: Aufwärts mit den Leitzinsen

Nicht negativ von den Notenbanken überrascht, stiegen die Aktienkurse trotz der Projektionen der Fed in der vergangenen Woche an. Der DAX verbesserte sich um 2,56 % auf ein neues Allzeithoch von 16.357,63 Punkten, während der S&P 500 2,58 % zulegte. Voran eilte ein weiteres Mal der KI-Boom: Der Nasdaq stieg um 3,25 %. Die Aktienkurse lassen damit weiterhin keine Rezession vermuten, obgleich die Wirtschaftszahlen aus China verhalten sind und die Wachstumsprognosen in den wohlhabenden Volkswirtschaften wie Deutschland gesenkt werden. Eine Korrektur am Aktienmarkt bleibt damit möglich.

Anleihen: Leichte Kursverluste mit Zinserhöhung

Die zehnjährige Bundesanleihe warf am Ende der vergangenen Woche 2,46 % ab, ein Plus von 8,4 Basispunkten. Auch das deutet darauf hin, dass sich die Markterwartungen hinsichtlich der EZB-Zinspolitik mit dem Entscheid von Donnerstag kaum verändert haben. Gleiches gilt für die USA: Die Rendite der zehnjährigen US-Bundesanleihe blieb mit einem Plus von 1,6 Basispunkten fast unverändert bei nun 3,77 %.

Devisen: Euro legt leicht zu

Der Euro gewann gegenüber dem Dollar 1,73 % auf 1,09 Dollar pro Euro. Hierin spiegelt sich möglicherweise der asymmetrische Leitzinsschritt zugunsten des Euroraums. Andererseits ist der Euro seit Beginn des russischen Krieges und der verbundenen Energiekrise eher unterbewertet und die Aufwertung insofern auch schlicht eine Normalisierung.

Rohstoffe: Ölpreis steigt leicht, Gas deutlich

Während der Preis für das Barrel Rohöl der Marke Brent um 1,35 % auf 75,75 Dollar stieg, sprang der Preis für den Tagesfuture der Megawattstunde Gas um 28,5 % auf 40,8 Euro an. Der Rohölpreis bleibt damit hinter den Prognosen zum Jahreswechsel zurück, als noch eine stärkere chinesische und globale Nachfrage erwartet wurde. Der Gaspreis wiederum steigt eher aufgrund regionaler Faktoren. Einerseits muss Europa seine Speicher wieder auffüllen, andererseits führt trockenes, heißes Wetter zu höherem Energiebedarf und schwächerer Wasserkraft. Zuletzt könnte der im ersten Halbjahr bisher stark gesunkene Preis Nachfrage wiederhergestellt haben, die im Winter abgeschaltet hatte.

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Im 1. Quartal deutlich mehr Unternehmensinsolvenzen

Im Zuge der durch die Energiekrise ausgelösten milden technischen Rezession sind die Unternehmensinsolvenzen in Deutschland im 1. Quartal deutlich gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, wurden von den Amtsgerichten 4.117 beantragte Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Dies entspricht gegenüber dem Vorjahreszeitraum einem Anstieg um 18,2 %. Nach Branchen differenziert waren die höchsten Insolvenzquoten in den Wirtschaftsabschnitten Verkehr und Lagerei (mit 26 Fällen je 10.000 Unternehmen), Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden sowie sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen, zu denen zum Beispiel Zeitarbeitsfirmen zählen, (mit jeweils 20 Fällen je 10.000 Unternehmen) zu verzeichnen.

In den nächsten Monaten ist tendenziell mit weiter steigenden Unternehmensinsolvenzen zu rechnen. Hierauf deutet neben den im historischen Vergleich nach wie vor niedrigen Fallzahlen auch die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen hin. Diese ist im Mai um 3,1 % gestiegen, nachdem sie im April um 4,8 % zugelegt hatte.

Im Gegensatz zu den Firmenpleiten sind die Verbraucherinsolvenzen im Jahresauftaktquartal leicht gesunken. Sie gaben gegenüber dem Vorjahresquartal um 2,1 % auf 16.676 Fälle nach.

Konjunkturerwartungen stabilisieren sich

Die wirtschaftlichen Perspektiven Deutschlands wurden zuletzt von Finanzmarktfachleuten weniger kritisch bewertet als zuvor. Die auf einer monatlichen Umfrage unter diesen Fachleuten basierenden ZEW-Konjunkturerwartungen sind im Juni leicht um 2,2 Punkte auf -8,5 Punkte gestiegen. Zuvor war der Stimmungsindikator drei Monate in Folge zurückgegangen. Zur Stabilisierung der Konjunkturerwartungen dürfte die Einigung im US-Budgetstreit beigetragen haben und die jüngst überwiegend positiv ausgefallenen amtlichen Monatsdaten zur Industriekonjunktur und zum Außenhandel Deutschlands.

Trotz des leichten Anstiegs befinden sich die ZEW-Konjunkturerwartungen aber noch immer auf niedrigem Niveau, was gegen einen kräftigen Aufschwung im Sommer spricht. Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Deutschlands wird weiterhin durch die schwache Weltkonjunktur, die gestiegenen Zinsen und die immer noch sehr hohe Inflation belastet.

Rückgang der Inflationsrate bestätigt

Das Statistische Bundesamt hat inzwischen detaillierte Angaben zur jüngsten Entwicklung der Verbraucherpreise in Deutschland vorgelegt. Das zentrale Ergebnis der Ende Mai veröffentlichten vorläufigen Angaben wurde dabei bestätigt. So sank die Inflationsrate, gemessen am Verbraucherpreisindex (VPI), von 7,2 % im April auf 6,1 % im Mai.

Für den weiteren Rückgang der Gesamtrate waren unter anderem die Energiepreise verantwortlich. Energie verteuerte sich insbesondere wegen des Basiseffektes kriegsbedingter Anstiege im vergangenen Jahr weniger stark als zuvor (+2,6 % im Mai gegenüber +6,8 % im April). Aber auch bei Nahrungsmitteln hat sich der Preisauftrieb etwas vermindert. Sie verteuerten sich um 14,9 %, nach einem Anstieg um 17,2 % im April. Vor allem für Molkereiprodukte (+28,2 %), Brot und Getreideerzeugnisse (+19,3 %) sowie Fisch, Fischwaren und Meeresfrüchte (+19,0 %) mussten die Verbraucher im Mai mehr Geld aufwenden.

Die Kerninflationsrate, ohne Berücksichtigung der vielfach stark schwankenden Energie- und Nahrungsmittelpreise, gab von 5,8 % im April auf 5,4 % im Mai nach. Sie liegt bereits seit Dezember 2022 über der Marke von 5 % und verdeutlicht die derzeit noch hohe inländische Dynamik im Preis- und Lohnsetzungsprozess.

Anstieg der Euroraum-Industrieproduktion

Im April haben die Industriebetriebe des Euroraums ihre Produktion leicht ausweitet. Nach vorläufigen Angaben von Eurostat legte der Ausstoß gegenüber dem Vormonat preis-, saison- und kalenderbereinigt um 1,0 % zu. Damit konnte der sichtliche Rückgang vom März (-3,8 %) aber noch nicht wieder ausgeglichen werden.

Haupttreiber für das Produktionsplus im April waren die Hersteller von Investitionsgütern, die nach einem Einbruch um 15,2 % im Vormonat ihre Erzeugung um kräftige 14,7 % erhöhten. Die Zahlen verdeutlichen aber auch die Volatilität der Daten, weshalb einzelne Datenpunkte nicht überbewertet werden sollten.

In naher Zukunft ist insgesamt mit einer eher verhaltenen Entwicklung der Industrieproduktion zu rechnen. Hierauf lässt zumindest der Order-Indikator der EU-Kommission schließen. Der auf einer monatlichen Umfrage unter Industrieunternehmen beruhende Indikator sank jüngst von - 6,1 Punkten im April auf -9,4 Punkte im Mai.

Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR