Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur
Wocheninfo vom 19.08.2024
- Septemberspekulationen um Notenbanken
- Aktien: DAX wieder über 18.000 Punkte
- Anleihen: Seitwärts tendierende Renditen
- Devisen: Leichte Euro-Aufwertung
- Rohstoffe: Nahezu stagnierende Ölpreise
- Starker Rückgang der ZEW-Konjunkturerwartungen
- Rund ein Fünftel weniger Baugenehmigungen
- BIP-Zuwachs im Euroraum bestätigt
- Stagnierende Euroraum-Industrieproduktion
Septemberspekulationen um Notenbanken
Als die Aktienmärkte Ende Juli kurzzeitig einbrachen, spekulierten Finanzmarktakteure über eine außerplanmäßige Zinssenkung der US-Notenbank Fed um 50 Basispunkte. Andernfalls, so fürchteten sie, könnten die Märkte ein- und eine Rezession ausbrechen.
Stattdessen erholten sich die Märkte von dem Schock um US-Arbeitsmarktzahlen, japanische Geldpolitik und KI-Boom-Ernüchterung. Zwar bleiben die Kurse teilweise noch unter den im ersten Halbjahr erreichten Höhen, sie erlebten jedoch in der vergangenen Woche eine deutliche Erholung. Die Idee außerplanmäßiger Zinssenkungen verpuffte zurecht.
Eine gemeinsame Zinssenkung der Europäischen Zentralbank EZB und USNotenbank Fed im September wird jedoch wahrscheinlicher. Beide Währungsräume erleben eine rückläufige Inflationsrate: 2,6 % für den Euroraum, 2,9 % für die USA im Juli. Die USA liegen damit erstmals seit April 2021 unter 3 % annualisierter Inflation. Wenngleich der Zielwert bei 2 % liegt, wurde das Unterschreiten der Schwelle von 3 % als Erfolg auf dem Weg der Inflationsbekämpfung gewertet – oder zumindest als Hoffnung für eine Zinssenkung.
Die Fed hat bereits signalisiert, dieser Hoffnung entsprechen zu wollen. Die Märkte gehen zusehends davon aus, dass sie diesem Signal folgen wird. Die Zinssenkung dürfte im September jedoch nur 25 Basispunkte umfassen. Mit einer höheren Zinssenkung würde die Fed einen „Sieg“ über die Inflation andeuten, den sie angesichts der Raten nahe der 3 % statt der 2 % des Zielwertes nicht erreicht hat. Die Vorsicht vor neuerlicher Inflation dürfte hier weiterhin gegen die Vorsicht vor einer Rezession gewinnen.
Gleiches deutet sich für die EZB an, die ähnlich der Fed eine Zinssenkung um 25 Basispunkte im September angedeutet hat. Die relativ niedrige Inflation des Euroraums bei gleichzeitiger Konjunkturschwäche spricht für abnehmenden Preisdruck. Das dürfte der EZB genügen.
Beide Notenbanken könnten jedoch anschließend – im Falle der EZB erneut – pausieren und die Zinsen konstant halten.
Aktien: DAX wieder über 18.000 Punkte
Wie bereits erwähnt, wurde das Marktgeschehen an den Börsen weiter durch Zinsspekulationen befördert. Insbesondere die jüngsten US-Preisdaten haben die Erwartung gestärkt, dass die Notenbank Fed bald ihre Zinsen senken wird und niedrigere Zinsen machen Investitionen in Aktien attraktiver. Konjunkturdaten beeinflussten die Märkte hingegen weniger stark, obwohl sie teilweise deutlich schwächer ausfielen als erwartet. So sank die Industrieproduktion des Euroraums im Juni um 0,1 % und die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland brachen um 22,6 Punkte ein (siehe Seiten 4 und 5). Am Freitag, dem 16. August, schloss der DAX bei 18.322,4 Punkten. Im Vorwochenvergleich lag der Aktienindex damit um kräftige 3,38 % im Plus. Das US-Börsenbarometer S&P 500 legte sogar um 3,93 % zu, auf 5.554,25 Punkte.
Anleihen: Seitwärts tendierende Renditen
An den Anleihemärkten gelten die sich abzeichnenden Leitzinssenkungen inzwischen als weitgehend eingepreist. Die Renditen von Staatsanleihen aus Deutschland und den USA veränderten sich daher kaum. Zehnjährige Bundesanleihen rentierten am Freitag bei 2,26 %, was im Wochenvergleich einem leichten Anstieg um 4 Basispunkte entspricht. Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen sanken hingegen etwas, um 5 Basispunkte auf 3,89 %.
Devisen: Leichte Euro-Aufwertung
Der Euro war zur Wochenmitte vorübergehend wieder über die Marke von 1,10 US-Dollar gestiegen. Hierzu trug die überraschende Aufwärtsrevision der Inflationsrate Frankreichs von zuvor 2,6 % auf 2,7 % bei. Dies verminderte die Erwartungen an weitere EZB-Leitzinssenkungen etwas. Zum Ende der Woche gab die Gemeinschaftswährung aber wieder nach, auch wegen robuster US-Einzelhandelsdaten. Der Euro schloss am Freitag bei 1,099 USDollar, auf Wochensicht um 0,62 % im Plus.
Rohstoffe: Nahezu stagnierende Ölpreise
An den Ölmärkten gab es wenig Bewegung. Vor dem Hintergrund der eingetrübten Perspektiven für China hat die OPEC ihre Prognose für das Nachfragewachstum im laufenden Jahr gesenkt. Vor diesem Hintergrund gab der WTI-Ölpreis leicht nach, um 0,29 % auf 78,05 US-Dollar.
Starker Rückgang der ZEW-Konjunkturerwartungen
Angesichts der jüngsten Börsenturbulenzen, der drohenden Eskalation des Nahostkonflikts und einiger schwach ausgefallenen Wirtschafts- und Unternehmensdaten sind die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland im August eingebrochen. Der auf einer monatlichen Umfrage unter Finanzmarktfachleuten beruhende Indikator sank gegenüber Juli um deutliche 22,6 Punkte auf 19,2 Punkte. Nicht nur die Perspektiven, auch die aktuelle Lage wurde von den Umfrageteilnehmern schlechter beurteilt. Der entsprechende ZEWLageindikator fiel um 8,4 Punkte auf -77,3 Punkte.
Die jüngsten Umfrageergebnisse sprechen gegen eine baldige Erholung der Konjunktur. Sie sollte aber nicht überbewertet werden, zumal an den Börsen zwischenzeitlich eine Stabilisierung eingetreten ist. Die ZEWKonjunkturerwartungen befinden sich trotz des Einbruchs noch immer in der Nähe ihres langjährigen Mittelwerts von rund 21 Punkten.
Rund ein Fünftel weniger Baugenehmigungen
In Deutschland hat sich der seit Anfang 2022 andauernde Abwärtstrend in den Baugenehmigungen fortgesetzt. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, wurden im 1. Halbjahr 2024 der Bau von 106.700 Wohnungen genehmigt. Dies waren 21,1 % oder 28.500 Wohnungen weniger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Besonders deutlich sank die Zahl der Genehmigungen für den Neubau von Einfamilienhäusern (-30,9 % auf 18.600) . Bei den Zweifamilienhäusern verringerten sich die Genehmigungen demgegenüber weniger stark (-14,9 % auf 6.600). Die Genehmigungen für den Neubau von Mehrfamilienhäusern gab schließlich nahezu im Gleichschritt mit der Gesamtentwicklung nach (-20,8 % auf 57.300 Wohnungen).
Insgesamt lassen die Baugenehmigungen für die nahe Zukunft eine weiterhin schwache Baukonjunktur erwarten. Auch wegen der rückläufigen Nachfrage nach neu errichteten Wohngebäuden war die Bauproduktion im 2. Quartal gegenüber dem Vorquartal um 2,6 % gesunken.
BIP-Zuwachs im Euroraum bestätigt
Eurostat hat inzwischen neue Daten zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung des Euroraums im 2. Quartal veröffentlicht. Das zentrale Ergebnis der Ende Juli publizierten ersten Schätzungen wurde dabei bestätigt. So ist das preis-, kalender- und saisonbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal um 0,3 % gestiegen, nachdem es bereits im 1. Quartal um 0,3 % zugelegt hatte.
Damit verlief die Entwicklung im Euroraum als Ganzes deutlich besser als in Deutschland, das im Frühjahrsquartal einen BIP-Rückgang um 0,1 % hinnehmen musste. In den anderen Euroraum-Schwergewichten Frankreich, Spanien und Italien expandierte die Wirtschaftsleistung um 0,8 %, 0,3 % und 0,2 %.
Hauptgrund für den ungünstigeren BIP-Verlauf hierzulande dürfte die stärkere Orientierung der deutschen Wirtschaft auf die Produktion von Investitionsgütern und den Außenhandel sein. Die globale Investitionsgüternachfrage und der Welthandel werden derzeit noch durch hohe Unsicherheiten gedämpft, beispielsweise über den Fortgang des Nahostkonflikts und den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl. In anderen Staaten dürfte hingegen die Konsumkonjunktur stärker zum Tragen kommen, die durch die global rückläufige Inflation angeregt wird.
Stagnierende Euroraum-Industrieproduktion
Die Industriebetriebe des Euroraums haben ihre Produktion im Juni preis-, kalender- und saisonbereinigt nahezu auf dem Vormonatsniveau belassen. Die industrielle Erzeugung sank minimal um 0,1 %, nach einem Rückgang um 0,9 % im Mai.
Innerhalb der Industrie zeigten sich aber unterschiedliche Tendenzen: Während die Produzenten von Gebrauchsgütern (+3,8 %) und Energie (+1,9 %) ihren Ausstoß merklich erhöhten, gab er bei den Verbrauchsgüterproduzenten (-2,5 %) deutlich nach.
Angesichts der anhaltend schwachen Auftragslage dürfte die Industrieproduktion in naher Zukunft gedämpft bleiben. So befindet sich der Order-Indikator der EU-Kommission mit -23,6 Punkten weiterhin auf einem im langjährigen Vergleich niedrigen Niveau.
Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR