Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur

Wocheninfo vom 28.03.2022

  • Das Große Warten
  • Aktienstillstand
  • Anleiherenditen ziehen an
  • Euro tritt auf der Stelle
  • Neue Sorgen um Rohstoffembargo
  • Wirtschaftsforscher senken angesichts des Ukrainekriegs ihre BIP-Prognosewerte
  • Geschäftsklima bricht ein
  • Anhaltender Höhenflug der Erzeugerpreise

Das Große Warten

Kriege bestehen zum großen Teil aus Warten. So verhielt es sich in der vergangenen Woche auch an den Finanzmärkten.

Große Fragen stehen im Raum. Wird es nach Putins Ankündigung, Öl- und Gaslieferungen an „unfreundliche Staaten“ nur noch in Rubel abzurechnen, zu einem Lieferstopp kommen? Oder wird die EU von sich aus ein Embargo verhängen? Und, falls es dazu kommt, wie stark wird es die deutsche und europäische Wirtschaft treffen? Wird es aufgrund der Coronafälle in China zu neuen Lockdowns und Lieferengpässen kommen? Wie schwerwiegend werden die Folgen ausbleibender Weizenlieferungen aus Ukraine und Russland sein? Ist Russlands Ankündigung vom 25. März, sich nunmehr auf die Ostukraine konzentrieren zu wollen, eine Chance auf einen Waffenstillstand oder ein weiterer Schritt zu einem Zermürbungskrieg?

Die Antworten stehen noch aus. Die Märkte stagnierten daher im Wochenverlauf weitestgehend. Der DAX veränderte sich um -0,74 %, der breitere S&P 500 um 1,79 %. Auch der Euro schloss nahezu unverändert gegen den Dollar. An den Rohstoffmärkten hingegen zeigte sich wieder ein Aufwärtstrend bei Erdgas und Rohöl. Dieser dürfte von Eskalationssorgen um Putins Rubelankündigung getrieben sein. Jedoch könnten auch die europäischen Versuche, alternative Versorger – z. B. Flüssiggas aus Qatar und den USA – zu akquirieren, bereits einen Einfluss entfalten. Denn diese von der EU erworbenen Mengen fehlen dann in anderen Ländern, ohne russischen Pipelines. Flankiert werden die Entwicklungen an den Rohstoffmärkten derweil von Entlastungspaketen der Nationalstaaten, darunter auch Deutschland, die hier eine Belastung der Bürger mit den Kriegsfolgen verhindern wollen.

Dies soll auch den zunehmenden Inflationsdruck lindern, den der BVR in seiner Prognose mit 5 % für das laufende Jahr beziffert. Das ifo Institut hat am Mittwoch, dem 23. März, in seiner Prognose eine Bandbreite von 5 bis 6 % formuliert. Die steigende Inflation setzt insofern auch die Notenbanken unter Druck, ihre expansiven Geldpolitiken zurückzufahren. Für die Fed deutete Jerome Powell daher auch die Möglichkeit, von Zinsschritten an, die größer als die bisherigen 0,25 % wären. In Anbetracht dieser Signale stiegen die Anleiherenditen weiter. Auch hier somit eine offene Frage: Wie stark können die Zinsen in dieser angespannten Lage steigen?

Aktienstillstand

Während führende Indizes wie der DAX oder der Stoxx Europe 50 die Woche insgesamt fast unverändert bei 14.305 und 3.867 Punkten beendeten, gab es bei Einzeltiteln durchaus deutlichere Bewegungen. Banken reagierten auf die Hoffnungen einer Zinswende, Rüstungs- und Rohstofffirmen profitieren von der geopolitischen Lage. Hersteller von Konjunktur- und Investitionsgütern stehen insbesondere in Deutschland wegen Kostendruck und Russlandsanktionen unter Druck.

Anleiherenditen ziehen an

Jerome Powells Ankündigung, die Leitzinsen der Fed gegebenenfalls auch um größere Schritte zu erhöhen, verstärkte erneut den Eindruck einer Zinswende der Fed. Die von Angebotsschocks auf den Rohstoff- und Energiemärkten getriebenen Inflationsraten zwingen die Notenbanken zu einer Reaktion, um die Inflationserwartungen zu stabilisieren; obwohl diese Schocks außerhalb der Kontrolle der Geldpolitik liegen. Dadurch steigen die Anleiherenditen für zehnjährige Bundesanleihen in Deutschland um 20 Basispunkte auf 0,57 %. In Amerika erreichten die gleichlangen Bundespapiere eine Rendite von 2,49 %.

Euro tritt auf der Stelle

Gegenüber dem US-Dollar blieb der Euro in der vergangenen Woche stabil bei einem Wechselkurs von 1,098. Auch gegenüber den wichtigsten 42 Handelspartnern veränderte sich wenig.

Neue Sorgen um Rohstoffembargo

Die Preise für Rohöl und Erdgas zogen im Verlauf der letzten Woche wieder an. Das Barrel Brent erreichte am Freitag, dem 25. März, einen Stand von 123,97 Dollar – ein Plus von 8,4 % zur Vorwoche. Der niederländische „Daily Future“ Terminpreis für die Megawattstunde Erdgas erreichte 102,6 Euro. Das ist zwar deutlich unter dem Höchststand von 227 Euro am 7. März, aber mittelfristig immer noch deutlich erhöht.

Dieser Anstieg folgt Putins Ankündigung, nur noch Rubelzahlungen von „unfreundlichen“ Staaten, also vor allem der EU, zu akzeptieren. Mit Verweis auf geltende Verträge schließen die EUStaaten dies aus. Über die Ausgestaltung soll die russische Seite in dieser Woche informieren. Sollte sie auf die Rubelzahlung bestehen und damit Vertragsbruch begehen, könnten die Lieferungen eingestellt werden.

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Wirtschaftsforscher senken angesichts des Ukrainekriegs ihre BIP-Prognosewerte

In den zurückliegenden Wochen haben viele Wirtschaftsforschungsinstitute neue Konjunkturprognosen vorgelegt. Angesichts der russischen Invasion in der Ukraine haben sie ihre Wachstumseinschätzungen für Deutschland 2022 unisono abwärtsrevidiert.

Die ökonomischen Folgen des Ukrainekriegs belasten die deutsche Wirtschaft auf verschiedenen Wegen. So sind die Weltmarktpreise vieler Rohstoffe drastisch gestiegen, was die Kaufkraft der Privathaushalte und die Ertragslage vieler Unternehmen erheblich beeinträchtigt. Auch wurden Wirtschaftssanktionen verhängt, die den Welthandel und das Exportgeschäft der deutschen Wirtschaft dämpfen. Zudem kam es kriegsbedingt zu neuerlichen Unterbrechungen internationaler Lieferketten, welche die bereits bestehenden Engpässe bei wichtigen Vorprodukten nochmals verschärfen. Ferner hat die Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung erheblich zugenommen, was die Investitionsbereitschaft der Unternehmen spürbar vermindert, ebenso wie die Neigung der Privathaushalte langlebige Konsumgüter zu kaufen. Vor diesem Hintergrund gehen beispielsweise die Fachleute des ifo Instituts im Basisszenario ihrer aktuellen Prognose davon aus, dass das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands 2022 gegenüber dem Vorjahr um 3,1 % steigen wird. Im Dezember hatten sie noch mit einem BIP-Zuwachs um 3,7 % gerechnet. Grundlage für das Basisszenario ist die Annahme, dass der durch den Ukrainekrieg ausgelöste Anstieg der Rohstoffpreise, der Lieferengpässe und der Unsicherheit nur vorübergehend sein wird. Der Höhepunkt ist demnach bereits überschritten. Die ifo Forscher haben zudem ein Alternativszenario vorgelegt: In diesem Szenario wird damit gerechnet, dass sich die Situation zunächst noch weiter verschärft, bevor ab der Jahresmitte eine allmähliche Entspannung einsetzen wird. Sollte sich das Alternativszenario manifestieren, wäre mit einem BIP-Wachstum um 2,2 % zu rechnen. In beiden Szenarien wird unterstellt, dass es zu keiner Unterbrechung russischer Energielieferungen nach Deutschland kommen wird.

Mit seinem neuen Basisszenario und dem Alternativszenario zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung 2022 bildet das ifo Institut das aktuelle Prognosespektrum gut ab. Die meisten BIP-Prognosewerte befinden sich derzeit in einer Spannweite zwischen 2 % und 3 %. Der BVR trifft in seinem aktuellen Konjunktur-Hauptszenario die Annahme, dass die militärischen Handlungen im Verlauf des Frühjahrs allmählich nachlassen werden, dass die russischen Gas- und Öllieferungen nach Deutschland durch den Krieg kaum beeinflusst und die Energiepreise nicht weiter zulegen aber zunächst erhöht bleiben werden. Sollte sich dieses Szenario manifestieren, wäre für 2022 mit einem BIP-Wachstum von rund 2 % zu rechnen.

Geschäftsklima bricht ein

Vor dem Hintergrund des russischen Militärangriffs auf die Ukraine hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft so stark verschlechtert wie seit April 2020 nicht mehr. Der ifo Geschäftsklimaindex ist im März gegenüber dem Vormonat um 7,7 auf 90,8 Punkte gesunken. Die vom ifo Institut befragten Unternehmen haben ihre aktuelle Lage und vor allem ihre Geschäftserwartungen deutlich schlechter beurteilt als zuvor. Das Geschäftsklima ist in allen betrachteten Wirtschaftsbereichen zurückgegangen, besonders stark im Verarbeitenden Gewerbe. Insgesamt signalisieren die jüngsten Umfrageergebnisse, dass die konjunkturellen Auftriebskräfte merklich an Bedeutung verloren haben. Trotz der Belastungen zum Quartalsende dürfte das preis-, kalender- und saisonbereinigte BIP Deutschlands im gesamten 1. Vierteljahr aufgrund eines starken Jahresauftakts leicht gestiegen sein.

Anhaltender Höhenflug der Erzeugerpreise

Der Höhenflug der Industrie-Erzeugerpreise hält an. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lag der Erzeugerpreisindex gewerblicher Produktion im Februar um 25,9 % über seinem Vorjahresmonatswert. Im Januar hatten sich die Verbraucherpreise noch um 25,0 % verteuert. Gemäß den amtlichen Angaben sind die Preisentwicklungen im Zuge des Ukrainekriegs in den Februarzahlen noch nicht enthalten, da die Erhebung zum Stichtag 15. Februar erfolgt ist. Ausschlaggebend für den außerordentlich kräftigen Anstieg der Erzeugerpreise war jedoch auch vor dem Krieg bereits die Preisentwicklung bei Energie. Die Energiepreise verteuerten sich im Februar um 68,0 %, wobei Erdgas in der Verteilung (+125,4 %) den höchsten Einfluss auf die Veränderungsrate hat. Aber auch die Preise für Vorleistungs- (+21,0 %), Verbrauchs- (+7,5 %), Gebrauchs- (+6,7 %) und Investitionsgüter (+5,5 %) verteuerten sich erheblich. Angesichts der massiven und breit angelegten Zunahme der Industrie- Erzeugerpreise und der durch den Ukrainekrieg nochmals gestiegenen Gas- und Ölnotierungen dürfte die Inflationsrate Deutschlands in naher Zukunft weiter steigen. Gemessen am Verbraucherpreisindex (VPI) lag die Inflationsrate im Februar bei hohen 5,1 %.

Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR