Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur

Wocheninfo vom 30.05.2023

  • Haushalten mit Schlagzeilen
  • Aktien: Tech gewinnt, Europa verliert leicht
  • Anleihen: UK-Staatsanleihen führen Renditeanstieg an
  • Devisen: Euro verliert trotz US-Sorgen weiter
  • Rohstoffe: Ölpreis steigt leicht, europäisches Gas fällt weiter
  • Milde technische Rezession im Winterhalbjahr
  • Rückgang des ifo Geschäftsklimas
  • Erneuter Anstieg des Konsumklimas
  • Weitere Stabilisierung des Euroraum-Verbrauchervertrauen

Haushalten mit Schlagzeilen

Auch in der vergangenen Woche bestimmte die Debatte um die US-Schuldenobergrenze die Finanzmärkte. Zwar preisen diese einen US-Schuldenausfall weiterhin kaum ein – zu groß sind die potenziellen Schäden, als dass es plausibel erscheint, sie absichtlich auszulösen.

Doch kann das Szenario nicht ausgeschlossen werden. Denn die Schuldenobergrenze ist bindend und Repräsentanten beider Parteien sind entschlossen, für den kommenden Wahlkampf Zugeständnisse zu erzielen. Das Schauspiel um die Erhöhung der Schuldenobergrenze erreicht ob des gigantischen Risikos ein großes Publikum und erscheint daher als gute Gelegenheit.

Dennoch kamen US-Präsident Joe Biden und Repräsentantenhaussprecher Kevin McCarthy Ende vergangener Woche zu einem Deal. Die Schuldengrenze soll demnach ausreichend erhöht werden, um die US-Wahlen 2024 zu überbrücken. Die bei-den Seiten einigten sich auf moderate Kürzungen im kleineren Teil des Bundeshaushaltes. Der größte Posten, das Verteidigungsbudget, aber auch wesentliche Teile der Sozialausgaben, etwa für die Gesundheitsversorgung, bleiben unberührt. Gekürzt werden, nach Republikanischen Forderungen, Ausgaben für die Steuerbehörde IRS, während Food Stamps – Essensversorgung für sozial Schwache – stärker an die Beschäftigung der Bezieher gekoppelt werden.

Die Krise löst diese Einigung aber noch nicht. Beide Parteien haben interne Gegner, die den nötigen Abstimmungen in der Legislative entgegen-stehen. Die „Freedom Caucas“-Gruppierung der Republikaner sieht unzureichendes Sparen, das Linksaußen der Demokraten lehnt jede Art von Kompromiss als Kapitulieren gegenüber Erpressung ab. Aufgrund parteiinterner Deals können diese Gruppierungen teils außerordentlichen Ein-fluss im gesetzgeberischen Prozess ausüben.

Daher dürften die Märkte trotz erfolgter Einigung zwischen Biden und McCarthy nervös bis volatil bleiben. Ob weitere Zugeständnisse nötig werden oder erst ein unmittelbar bevorstehen-der Zahlungsausfall genügen wird, um eine Entscheidung zu erzwingen, bleibt offen. Die Möglichkeit des Zahlungsausfalls besteht fort, wenn-gleich die Wahrscheinlichkeit minimal ist. Darüber hinaus vertagen die USA die Debatte nur: Der Haushalt ist weiterhin defizitär und die Obergrenze besteht, etwas höher, fort.

Aktien: Tech gewinnt, Europa verliert leicht

Nachdem der DAX am 19. Mai sein Allzeithoch markierte, fiel der Kurs in der vergangenen Woche um 1,79 % auf 15.983,97 Punkte. Der Euro Stoxx entwickelte sich ähnlich. Der breite S&P 500 hingegen blieb mit + 0,32 % stabil, während der technologielastige Nasdaq 2,51 % zulegte. Dahinter stehen sehr gute Zahlen des Chipherstellers Nvidia, die an der Börse Hoffnungen auf einen KI-Boom der Industrie regten. Die Einigung in der Schuldenkrise, zumal nicht final, spielte in die Entwicklungen anscheinend eher weniger hinein.

Anleihen: UK-Staatsanleihen führen Renditeanstieg an

Die Rendite zehnjähriger britischer Staatsanleihen stieg in der Vorwoche um 33,9 Basispunkte auf 4,33 %, den höchsten Stand der letzten drei Monate. Die Anleihen selbst erlitten damit deutliche Kursverluste. Finanzmarktakteure erwarten weitere Zinserhöhungen der Bank of England, nach-dem die Inflation sich hartnäckiger hielt als er-hofft bzw. erwartet. In geringerem Maßstab zeigt sich diese Sorge auch in Deutschland: Die Renditen der zehnjährigen Papiere stiegen um 11,6 Basispunkte auf 2,54 %. Die US-Anleihen erlitten ebenfalls Verluste. Inflation und Schuldenobergrenze sind hier aber gegenwärtig schwer voneinander zu trennen, wenngleich bei längerfristigen Anleihen die gestiegene Inflationseinschätzung überwiegt.

Devisen: Euro verliert trotz US-Sorgen weiter

Obwohl ein Zahlungsausfall der USA im Raum steht, reagieren die Finanzmärkte im klassischen Krisenmodus: Geld fließt in den US-Dollar. Die Währung profitiert damit weiterhin von ihrem globalen Reservestatus. Die Gemeinschaftswährung Europas wiederum fällt um 0,73 % auf 1,07 Dollar pro Euro, woran auch schwache deutsche Wirtschaftszahlen ihren Beitrag haben dürften.

Rohstoffe: Ölpreis steigt leicht, europäisches Gas fällt weiter

Der Barrel Rohöl der Sorte Brent kostete Ende der vergangenen Woche 76,33 Dollar, ein Plus von 1,21 %. Damit erholt sich der Rohstoff leicht von den jüngsten Rückgängen, liegt aber wegen Konjunktursorgen weiterhin 36,29 % unter seinem Vorjahreswert.

Der Tagesfuture der Megawattstunde Erdgas am niederländischen Terminmarkt fiel in der vergangenen Woche um deutliche 18,68 % auf 23,38 Euro. Damit liegt der Preis vorerst nur noch 11,2 % über seinem Niveau im Frühsommer 2021, vor der russischen Invasion der Ukraine.

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Milde technische Rezession im Winterhalbjahr

Wie angesichts der schwachen amtlichen Konjunkturindikatoren für den Monat März von vielen Fachleuten erwartet, hat das Statistische Bundesamt inzwischen das zentrale Ergebnis seiner jüngsten Angaben zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands merklich nach unten revidiert. Demnach ist das preis-, kalender- und saisonbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 1. Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0,3 %gesunken. Die Ende April veröffentlichten ersten Schätzungen der Wiesbadener Statistiker hatten zuvor für das Jahresauftaktquartal eine Stagnation (+0,0 %) signalisiert. Das BIP war bereits im 4. Quartal zurückgegangen, um 0,5 %. Somit ist die deutsche Wirtschaft im Zuge der Energiekrise doch in eine technische Rezession geraten, im Sinne von zwei negativen BIP-Verlaufsraten in Folge, wie vom BVR im Rahmen seiner Winter- Konjunkturprognose erwartet worden war. Die Rezession fiel aber vergleichsweise milde aus und dürfte inzwischen beendet sein.

Hauptgrund für den BIP-Rückgang im 1. Quartal waren erneut die rückläufigen Konsumausgaben. Im Zuge der hohen Preissteigerungen verminderten sich die privaten Konsumausgaben um 1,2 %. Die staatlichen Konsumausgaben gaben mit - 4,9 % noch stärker nach. Die Bau- (+3,9 %) und Ausrüstungsinvestitionen (+3,2 %) legten hingegen kräftig zu, befördert unter anderem durch die ungewöhnlich milde Witterung zu Jahresbeginn. Wachstumsimpulse lieferte auch der Außenhandel, da die Exporte leicht zulegten, während die Importe — nicht zuletzt wegen der schwächeren Öleinfuhren — zurückgingen (+0,4 % gegenüber -0,9 %).

Für das 2. Quartal zeichnet sich ein Auslaufen der technischen Rezession ab. Hierfür spricht die voranschreitende Entspannung bei den Lieferkettenproblemen und die langsam nachlassende Inflation, die seit Jahresbeginn zu einer deutlichen Aufhellung wichtiger Stimmungsindikatoren beitrugen. Der BVR geht weiterhin davon aus, dass das preisbereinigte BIP Deutschlands im gesamten Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr leicht expandieren wird.

Rückgang des ifo Geschäftsklimas

Das Geschäftsklima in Deutschland hat sich zuletzt zunächst nicht weiter verbessert. Der ifo Geschäftsklimaindexist im Mai um 1,7 Punkte auf 91,7 Punkte gesunken, nachdem er zuvor sechs Monaten in Folge gestiegen war. Maßgeblich für die Eintrübung des Stimmungsindikators waren die Geschäftserwartungen. Diese wurden von den befragten Unternehmen deutlich pessimistischer beurteilt als zuvor, auch wegen der Unsicherheiten über die Konsequenzen des US-Budgetstreits und der starken Leitzinsanhebungen der wichtigen Notenbanken. Aber auch die aktuelle Lage wurde von den Umfrageteilnehmern insgesamt etwas weniger zufrieden bewertet. Nach Wirtschaftsbereichen differenziert hat sich das Geschäftsklima im Handel und im Verarbeitenden Gewerbe besonders deutlich verschlechtert. Lediglich im Dienstleistungssektor (ohne Handel) blieb es nahezu unverändert.

Erneuter Anstieg des Konsumklimas

Im Gegensatz zum Geschäftsklima hat sich die Stimmung unter den Verbrauchern in Deutschland abermals aufgehellt. Nach Einschätzung des Marktforschungsinstituts GfK dürfte der Konsumklimaindikator im Juni um 1,6 Punkte auf - 24,2 Punkte steigen. Das Stimmungsbild zeigt sich den GfK-Angaben zufolge aber uneinheitlich. Während die Einkommenserwartungen zum achten Mal in Folge zulegten, haben sich die Anschaffungsneigung und die Konjunkturerwartungen verschlechtert. Alles in allem legt die seit Jahresbeginn erfolgte deutliche Aufhellung des ifo Geschäftsklimas und des GfK Konsumklimas für das 2. Quartal ein Auslaufen der technischen Rezession nahe.

Weitere Stabilisierung des Euroraum-Verbrauchervertrauen

Auch unter den Konsumenten des Euroraums hat sich die Stimmung weiter gefestigt. Nach vorläufigen Angaben der EU-Kommission ist der Indikator des Verbrauchervertrauens im Mai gegenüber dem Vormonat minimal um 0,1 Punkte auf -17,4 Punkte gestiegen. Der Indikator tendiert bereits seit seinem im September 2022 mit - 28,7 Punkten markierten lokalen Tiefpunkt nach oben, nahezu spiegelbildlich zum Verlauf der Inflationsrate. Die Inflationsrate des Euroraums, per Harmonisiertem Verbraucherpreisindex (HVPI), erreichte im Oktober 2022 mit 10,6 % einen lokalen Höhepunkt und ist seit dem merklich abwärtsgeneigt. Zuletzt, im April, lag sie mit 7,0 % aber noch immer deutlich über dem von der EZB mittelfristig angestrebten Zielwert von 2,0 %.

Die Entwicklung des Verbrauchervertrauens legt nahe, dass der Privatkonsum im 1. Halbjahr wieder einen positiven Beitrag zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum des Währungsraums leisten könnte.

Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR