Aktuelles zu Finanzmärkten und Konjunktur
Wocheninfo vom 30.10.2023
- EZB erreicht Zinsflughöhe
- Aktien: Weitere Kursverluste
- Anleihen: Leichte Renditerückgänge pünktlich zu den Zinsentscheiden
- Devisen: Euro stabil schwach
- Rohstoffe: Ölpreis fällt nach Überschießen zurück
- Geschäftsklima hellt sich etwas auf
- Konsumklima weiter rückläufig
- Euroraum-Verbrauchervertrauen ebenfalls zurückgegangen
- Bauaufträge scheinen sich zu stabilisieren
EZB erreicht Zinsflughöhe
Am vergangenen Donnerstag hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinserhöhungen voraussichtlich beendet und die Einlagefazilität bei 4 % belassen. Die Hauptrefinanzierungsfazilität liegt bei 4,5 %. Damit haben die Leitzinsen nach spätem, aber steilen Steigflug die Flughöhe erreicht, auf der sie nach Aussage von Notenbankpräsidentin Christine Lagarde für einige Zeit verbleiben werden. Spezifisch: Bis die Inflation das Ziel von mittelfristig zwei Prozent Inflation wieder erreicht.
Nur ein neuer, großer Inflationsschock dürfte die EZB dazu bewegen können, die Zinsen noch weiter zu erhöhen. Sollte etwa die Situation im Nahen Osten derart eskalieren, dass die Ölpreise stark steigen, könnten weitere Zinsschritte notwendig erscheinen. Allerdings stünden sie selbst dann infrage, da eine solche Krise die Konjunktur derart bremsen würde, dass eine zinspolitische Bremse unnötig wäre. Umgekehrt schließt die EZB gegenwärtig Zinssenkungen deutlich aus. Sie müht sich kommunikativ, die Märkte davon zu überzeugen, dass sie ihre Zinsen bis mindestens in die zweite Jahreshälfte 2024 auf dem nun erreichten Niveau belassen wird. Die jüngsten Anstiege der Staatsanleihenrenditen deuten darauf hin, dass ihr das zumindest teilweise gelingt. Da die Inflation zwar sinkt, sich aber zugleich zäh oberhalb des Zielwertes hält, muss die EZB hier die Erwartung der Marktteilnehmer beeinflussen.
Zu Fragen der Mindestreserve, der Überschussreserveverzinsung und ähnlichen Instrumenten äußerte sich die Notenbank nicht. Zwar erklärte Lagarde zu dem Thema, die EZB entscheide nicht nach betriebswirtschaftlichen Regeln; eine Anspielung auf ihr geldpolitisches Mandat. Das heißt aber nur, dass eine etwaige Entscheidung geldpolitisch motiviert werden muss, und schließt sie nicht aus.
Aktien: Weitere Kursverluste
Der Dax gab in der vergangenen Woche noch leichte 0,75 % auf 14.687,41 Punkte nach. Der S&P 500 verlor, wie auch Dow Jones und Nasdaq, über 2 %. Damit leiden die Aktienkurse weiterhin unter der Krise in Nahost, die der Terror der Hamas ausgelöst hat. Dabei vermischen sich die dortigen Eskalationspotentiale allerdings mit den davon unabhängigen Konjunktursorgen der Zinswende. Denn auch die Fed dürfte in ihrer dieswöchigen Zinsentscheidung betonen, dass sie das erreichte Zinsniveau länger beibehalten will, als die Märkte vermuten.
Anleihen: Leichte Renditerückgänge pünktlich zu den Zinsentscheiden
Infolge des EZB-Entscheids und im Vorfeld des Fed-Entscheids legten die Kurse von Staatsanleihen beiderseits des Atlantik leicht zu. Die Renditen fielen entsprechend: Um 4,7 Basispunkte auf 2,84 % in Deutschland und um 8,2 Basispunkte auf 4,83 % in den USA. Von dieser Entwicklung profitierten auch volatilere Anleihen wie die Großbritanniens oder Italiens, die von vergangener beziehungsweise derzeitiger Haushaltsplanung belastet sind.
Devisen: Euro stabil schwach
Der Euro blieb vergangene Woche weitgehend stabil und verlor nur 0,27 %. Mit 1,057 Dollar zum Euro liegt er jedoch inzwischen wieder deutlich im unteren Bereich seines langfristigen Wechselkurses. Der Dollar profitiert von der globalen Krisenlage, während die Wirtschaftsschwäche durch Energieabhängigkeit Europa belastet.
Rohstoffe: Ölpreis fällt nach Überschießen zurück
Die Ölpreise gingen in der vergangenen Woche nach den ersten Reaktionen auf den Nahostkonflikt wieder zurück. Zum einen kündigt sich kein Ölembargo an – die alte Furcht des Nahostkonfliktes –, zum anderen bisher auch keine weitere Eskalation durch bisher unbeteiligte Staaten. So bleiben ob der weiterhin verhaltenen Konjunkturaussichten, trotz noch starker US-Daten, keine Impulse für einen höheren Ölpreis. Die Referenzsorte Brent notierte daher zum Wochenschluss 3,2 % tiefer als zum Wochenstart, bei 90,73 Dollar.
Geschäftsklima hellt sich etwas auf
Trotz der Eskalation des Nahostkonflikts hat sich die Stimmung in den Unternehmen der deutschen Wirtschaft etwas verbessert. Der ifo Geschäftsklimaindex ist von 85,8 Punkten im September auf 86,9 Punkte im Oktober gestiegen. Für den ersten Anstieg des Stimmungsindikators nach zuvor sechs Rückgängen in Folge war in erster Linie seine Erwartungskomponente verantwortlich: Die vom ifo Institut befragten Unternehmen bewerteten die Geschäftsaussichten für die kommenden sechs Monate insgesamt weniger pessimistisch als zuvor. Besonders die Umfrageteilnehmer aus dem Verarbeitenden Gewerbe und dem Dienstleistungssektor beurteilten ihre Perspektiven weniger kritisch. Auch die aktuelle Geschäftslage wurde von den Unternehmen insgesamt besser bewertet als zuvor, befördert von zufriedeneren Bewertungen im Dienstleistungssektor.
Konsumklima weiter rückläufig
Im Gegensatz zum Geschäftsklima der deutschen Wirtschaft hat sich im Oktober die Stimmung unter den hiesigen Verbrauchern nochmals eingetrübt. Das GfK Konsumklima fiel von -25,6 Punkten im September auf -26,7 Punkte im Oktober. Zudem erwarten die GfK-Fachleute für November einen weiteren Rückgang des Indikators auf dann -28,1 Punkte. Nach Angaben der GfK haben sich jüngst insbesondere die Einkommenserwartungen der befragten Konsumenten wieder verschlechtert. Die Konjunkturerwartungen konnten sich hingegen stabilisieren. Gleiches gilt für die Anschaffungsneigung, die jedoch auf sehr niedrigem Niveau bleibt. Dem entgegen stehe die hohe Sparneigung der Haushalte.
Die leichte Aufhellung des Geschäftsklimas der Firmen und der Konjunkturerwartungen der Verbraucher steht im Einklang mit der Prognose einer gesamtwirtschaftlichen Belebung zum Jahresende. Hierfür spricht das langsame Nachlassen der hohen Inflation, das zusammen mit der nach wie vor robusten Arbeitsmarktlage und den vielfach kräftig steigenden Verdiensten zu einer Erholung der Konsumausgaben führen dürfte. Allerdings sind die konjunkturellen Abwärtsrisiken durch den Nahostkonflikt deutlich gestiegen. Der Konflikt könnte die weitere Wirtschaftsentwicklung unter anderem über nachlassende Investitionsausgaben, einen schwächeren Welthandel und neuerlich steigende Energiepreise empfindlich belasten.
Euroraum-Verbrauchervertrauen ebenfalls zurückgegangen
Unter den Verbrauchern des Euroraums ist das wirtschaftliche Sentiment ebenfalls weiter gesunken, wenn auch nur minimal. Darauf deuten zumindest die vorläufigen Angaben zum Indikator des Verbrauchervertrauens hin. Der von der EU-Kommission berechnete Indikator dürfte demnach von -17,8 im September auf -17,9 Punkte im Oktober fallen. Er würde sich damit weiter deutlich unterhalb des langjährigen Mittels befinden. Der Indikator tendiert bereits seit Juli nach unten, nachdem er sich zuvor sichtlich von Einbruch zu Beginn des Ukrainekriegs erholt hatte.
Bauaufträge scheinen sich zu stabilisieren
Nach dem Einbruch im Jahr 2022 scheinen sich die Neuaufträge des hiesigen Bauhauptgewerbes zuletzt etwas zu stabilisieren. Gemäß aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamtes ist der Auftragseingang im August gegenüber dem Vormonat preis-, kalender- und saisonbereinigt um 10,8 % gestiegen. Die Wachstumsimpulse gingen dabei erneut vor allem vom Tiefbau (+18,6 %) aus. Im Hochbau (+1,8 %) fiel der Zuwachs weniger deutlich aus. Ob der Stabilisierungstrend in naher Zukunft andauern wird, bleibt abzuwarten.
Die Baukonjunktur wird bereits seit einiger Zeit stark durch die enorm gestiegenen Kosten, die im Zuge der EZB-Zinsanhebungen verschlech-terten Finanzierungsbedingungen und den anhaltenden Fachkräftemangel belastet. Im Zuge dieser Belastungen war die Bau-produktion von Juli auf August um 2,4 % gesunken. Dabei war im Bauhauptgewerbe (-3,5 %) ein stärkerer Rückgang zu verzeichnen als im Ausbaugewerbe (-1,3 %).
Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR