Arbeitsrecht in Zeiten der Corona-Krise

26.11.2020 - Lesezeit: 6 Minuten

Darstellung von Kugeln mit Aufschrift Coronavirus, Arbeitsrecht und Kündigung
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Die Corona-Krise wirft zahlreiche neue arbeitsrechtliche Fragen auf, zumal viele Gesetze und Verordnungen kurzfristig geschaffen oder geändert werden.

Kurzarbeit, Quarantäne von Arbeitnehmern, Reiserückkehrer – das sind nur einige Themen, mit denen sich die Unternehmen aktuell befassen müssen.

Der Allgemeine Verband der Wirtschaft für Berlin und Brandenburg e.V. unterstützt seine Mitgliedsunternehmen bei diesen Fragen, damit sie gut gewappnet durch diese Krise kommen.

Die Corona-Pandemie stellt die Unternehmen seit ihrem Ausbruch vor ungeahnte Herausforderungen.

Schlagartig mussten sich nahezu alle Branchen an eine nie dagewesene Situation anpassen. Bislang ist dies ohne einen massiven Abbau von Arbeitsplätzen gelungen. Dies ist insbesondere dem Instrument der Kurzarbeit zu verdanken. So hat der Bund den Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, die Kurzarbeit in erheblich größerem Umfang zu nutzen als bisher.  

Dazu wurden kurzfristig u.a. folgende Sonderregelungen beschlossen:

  1. Die vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge stellt eine große finanzielle Entlastung für die Unternehmen dar.
  2. Das Betroffenheitsquorum wurde von 30 auf 10 Prozent gesenkt. Das bedeutet, dass die Unternehmen auch bei einem geringeren Arbeitsausfall die Kurzarbeit in Anspruch nehmen können.
  3. Der Verzicht auf den Aufbau von negativen Arbeitszeitsalden ermöglicht eine frühzeitige Inanspruchnahme der Kurzarbeit.

Zehnmal mehr Kurzarbeit als 2009

Das Instrument der Kurzarbeit wurde zuletzt während der Finanzkrise 2008/2009 in größerem Umfang genutzt. Doch die im laufenden Jahr angezeigte Kurzarbeit übersteigt die damaligen Zahlen bei Weitem. Gegenüber dem bisherigen Rekordmonat Februar 2009 wurde im März 2020 zehnmal mehr Kurzarbeit angezeigt. Im Mai 2020 erhielten rund 5,69 Millionen Beschäftigte konjunkturelles Kurzarbeitergeld, es waren 536.000 Betriebe betroffen.

Viele Unternehmen mussten sich seit Jahren nicht mehr mit dem Thema Kurzarbeit befassen.

Bei der Einführung der Kurzarbeit zu Beginn der Pandemie kamen zahlreiche Fragen auf:

  • Wie wird Kurzarbeit richtig angezeigt?
  • Erfüllen wir die gesetzlichen Voraussetzungen für die Kurzarbeit?
  • Wie verfahren wir mit noch bestehenden Urlaubsansprüchen unserer Beschäftigten?
  • Inwieweit müssen wir Arbeitszeitkonten vorrangig nutzen?
  • Wie müssen wir mit Arbeitsunfähigkeit unserer Beschäftigten umgehen?

Der Allgemeine Verband der Wirtschaft schult seine Mitgliedsfirmen auf diesem Gebiet seit Beginn der Pandemie verstärkt und in enger Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit - und der Schulungsbedarf besteht weiter. Denn auch wenn die meisten Unternehmen die Kurzarbeit mittlerweile wirksam eingeführt haben: Es tauchen immer wieder neue Fragen auf, die zu klären sind.

Verlängerung der Sonderregelungen zur Kurzarbeit

Die ursprünglich bis Ende 2020 befristeten Sonderregelungen zur Kurzarbeit werden verlängert. Für die Unternehmen ist es nun wichtig zu wissen, was sie beachten müssen, um weiter von den Sonderregelungen profitieren zu können. So wird die vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge beispielweise bis zum 30.06.2021 verlängert. Für die zweite Jahreshälfte 2021 gilt hingegen, dass nur 50 Prozent der Sozialversicherungsbeiträge erstattet werden. Und dies gilt auch nur dann, wenn bis zum 30.06.2021 mit der Kurzarbeit begonnen wird.

Immer mehr Beschäftigte in Quarantäne

Neben der Kurzarbeit ist auch die Quarantäne von Arbeitnehmern und deren arbeitsrechtliche Folgen ein Thema, das die Unternehmen zunehmend beschäftigt.

Aufgrund der steigenden Fallzahlen wird gegenüber immer mehr Beschäftigten aufgrund eines Kontaktes zu einer infizierten Person eine Quarantäne angeordnet bzw. verfügt. Wenn die Beschäftigten ihre Arbeitsleistung nicht im Homeoffice oder in mobiler Arbeit erbringen können, dann ergeben sich vielfältige arbeitsrechtliche Folgefragen. Es ist z.B. zu klären, ob in diesem Fall noch eine Vergütungspflicht des Arbeitsgebers besteht.

Gibt es eine Entschädigung?

In diesem Zusammenhang taucht regelmäßig die Frage nach einem eventuellen Entschädigungsanspruch des Beschäftigten gegenüber der zuständigen Behörde auf. Nach § 56 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)  haben Beschäftigte, die aufgrund einer behördlichen Maßnahme einem Tätigkeitsverbot (Berufsverbot/Quarantäne) unterliegen und dadurch einen Verdienstausfall erleiden, einen Entschädigungsanspruch. Gemäß § 56 Abs. 5 IfSG zahlt der Arbeitgeber für die zuständige Behörde dem Beschäftigten für die ersten sechs Wochen die Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls aus. Die ausgezahlten Beträge erstattet die zuständige Behörde dem Arbeitgeber anschließend auf seinen Antrag.

Doch die wenigsten Unternehmen können von diesem Erstattungsanspruch gänzlich profitieren, da sie § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht ausgeschlossen haben.  Da § 56 IfSG subsidiär ist, d.h. nachrangig, lehnt die betroffene Behörde den Anspruch mit dem Verweis auf § 616 BGB in der Regel ab. Somit tragen viele Unternehmen einen großen Teil der Kosten alleine.

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