Marketing-Tipps für Start-ups: Ein Ziel ohne Plan ist nur ein Wunsch

19.02.2020 - Lesezeit: 14 Minuten

Illustration Rakete
Foto Sven Lubenau

Am Anfang jeder Unternehmensgründung und jedes Start-ups steht er: Der Wunsch. Sein eigener Herr zu sein. Etwas zu bewegen. Stolz zu sein, auf das was man tut – natürlich ein gutes Einkommen zu erzielen. Gerade die letzten Wochen haben uns gezeigt, wie dünn das Eis sein kann, auf dem Gründer stehen. Was hilft, ist eine starke Marke und ein gutes Marketing. Und egal, ob man ein Start-up im weltweiten Web oder eine Schokoladenmanufaktur um die Ecke gründen will – einige Dinge sind für alle gleich. An den Grundlagen kann man sich auch ohne Agentur versuchen.

Marketing ist jetzt Ihr Haupt-Job

Fast jeder Gründer gründet in einem Bereich, mit dem er sich besonders gerne beschäftigt. Und weil er sich gerne damit beschäftigt, tut er es oft. Und wenn man etwas oft macht, wird man darin immer besser.

Hervorragende Voraussetzungen, oder?

Leider nein. Denn als Gründer und Unternehmer sind Sie jetzt nicht mehr der Mann, der klasse Haare schneidet und mit eigener Pizzeria nicht mehr die Frau, mit dem ultimativen Pizza-Rezept. All Ihr Können und all Ihre Passion sind völlig egal, wenn niemand davon weiß, Sie keinen Umsatz machen und derart ins Minus rutschen, dass Sie nach drei Monaten wieder zusperren müssen.

Ihr Hauptjob ist jetzt die Geldbeschaffung – im besten Fall natürlich durch Umsatz. Und der setzt auch unter sehr günstigen Bedingungen Wissen, Planung und Überwachung voraus.

Wenn Sie sehr gerne und sehr gut Haare schneiden, Pizza backen oder Programme schreiben aber keine Lust haben sich mit Marketing zu beschäftigen, sollten Sie entweder die Mittel haben jemand anderen damit zu beauftragen, der das gerne und gut tut. Oder Sie sollten noch mal überdenken, ob Gründen wirklich so das Wahre für Sie ist.

Warum Marketing wichtiger ist, als das Produkt

In den vierziger Jahren machten zwei Brüder ein Restaurant auf. Sie verkauften Fleischklopse in Brötchen und die waren so lecker, dass die Leute dafür Schlange standen. Und weil die da nicht so lange stehen sollten, entwickelten die Brüder eine Technik, wie man Klopsbrötchen schnell herstellen und vorhalten konnte, so dass die Brötchen auf die Kundschaft warteten – und nicht umgekehrt. Das Geschäft lief prima und Richard und Maurice McDonald machten weiter, was sie gut und gerne taten: Hamburger herstellen und verkaufen. Immer im selben Laden.

Hamburger

In den fünfziger Jahren kam ein Eismaschinenverkäufer in den Laden der McDonalds und sah dessen Potenzial. Die Passion des Verkäufers war: Verkaufen. Darin war er gut. Und deswegen baute er erst eine Marke, dann ein Filial- und dann ein Franchise-System auf. Seine Ideen machten McDonalds zunächst landesweit, später weltweit zu einer erfolgreichen Marke.

In den sechziger Jahren wurden die McDonald-Brüder zunehmend unzufrieden mit der Qualität von dem, was ihnen wichtig war: Brötchen und Klopse. Der Verkäufer war auch unzufrieden und zwar mit dem, was ihm wichtig war: Geld. Und so bot er den Brüdern anstelle der 0,5%-Gewinnbeteiligung pro Jahr einen Outbuy in Höhe von 2,7 Millionen US-Dollar an. Das war sehr viel Geld in den Sechzigern und deswegen schlugen die Brüder ein. Sie hatten ja noch ihren eigenen Laden. Solange bis die McDonalds Corporation schräg gegenüber eine Filiale eröffnete und die Brüder schließen mussten. Marke ist eben stärker als Produkt.

Wären die McDonalds-Brüder bei ihrem ursprünglichen Vertrag geblieben, hätten ihre Erben heute Anrecht auf circa 180 Millionen US-Dollar jährlich.

Das also ist der Unterschied zwischen gutem Produkt und gutem Marketing.

Wo fängt Marketing an? Bei sich selbst!


Machen wir uns nichts vor. Marketing ist aufwändig. Auch eine Konkurrenzbeobachtung oder eine Zielgruppenanalyse kostet Zeit und Energie. Beides Dinge, die Sie im Gründungsprozess vielleicht nicht im Überfluss haben. Die schlechte Nachricht ist: Der Aufwand muss in jedem Fall geleistet werden. Gründer bewegen sich also zwischen den Möglichkeiten, Geld in Profis zu investieren – für Berater oder Agenturen zum Beispiel – oder einen Teil der Arbeit selbst zu machen. Sie werden dabei Ihr Marktumfeld und Ihre Zielgruppe besser kennen lernen.

Das ist nicht viel anders als beim Hausbau. Wer sparen will, baut selber aus – sollte aber wissen, wie das geht. Sonst gibt es böse Überraschungen. Also: Machen Sie sich schlau. Informieren Sie sich schon zu Beginn der Firmengründung über die Möglichkeiten einer Marketing-Strategie. 

Mehr Umsatz durch Marketing: Werden Sie zum Experten für Ihr eigenes Unternehmen

Egal, ob Sie ausschließlich im Internet operieren oder ob Sie das Viertel um Sie herum aus Ihrem physischen Ladengeschäft aus versorgen wollen: Irgendwann werden Sie beantworten müssen

  • wer Sie sind,
  • was Sie machen,
  • wie das für Ihren Kunden von Nutzen sein kann und
  • warum Ihre Kunden zu Ihnen und nicht zu jemand anderen gehen sollten.

Damit tun sich selbst lang etablierte Unternehmen oft schwer oder sie verlieren sich in Details. Gestalten Sie die Antworten so einfach wie möglich, so klar wie möglich und so kurz wie möglich. Kontrollieren Sie sich selbst, indem Sie Menschen Ihre Geschäftsidee erklären, die nicht wissen, was Sie vorhaben und aus einem anderen Umfeld kommen. Wenn die nicht verstehen, was sie tun, versteht es auch sonst keiner. Damit haben Sie schon eine erste Grundlage für ein Marketingkonzept gelegt – eine wichtige Phase bei der Gründung eines Start-ups.

Positionieren Sie sich so spitz und so deutlich wie möglich. Ihr erster Sales Pitch könnte übrigens der bei Ihrem Kreditberater sein. Sie wollen also, dass der gut wird.

Mehr Umsatz durch Marketing: Warum Wien auch ein Gefühl ist, das Kuchen verkauft. Und warum der Preis manchmal egal ist.

Die beste Sachertorte gibt es – vermutlich nicht im Sacher. Aber genau da würde man sie essen, wäre man in Wien. Warum? Weil das Sacher – eigentlich ein Hotel – es geschafft hat, sich mit genau diesem Produkt gleichzusetzen. Diese Marke hat sich so fest etabliert, dass sie in einem Atemzug mit Wien genannt wird. Wer also Wien besucht, geht sehr wahrscheinlich ins Sacher, um dort Torte zu essen, die es woanders vielleicht in besserer Qualität und sehr wahrscheinlich zu einem besseren Preis gibt. Kunden wollen hier das Erlebnis. Was sie nicht wollen ist stundenlang rumrennen, um nach dem optimalen Preis-Leistungsverhältnis zu suchen.

Das Sacher verkauft heute 300.000 Sachertorten jährlich, etwa zu einem Drittel übrigens über den Onlineshop in die ganze Welt.

Der Schlüssel beim Gründen eines Start-ups: Werden Sie zum Experten für Ihre Zielgruppe

Einen Teil der Fragen über Ihr Angebot werden Sie nur beantworten können, wenn Sie Ihre Zielgruppe kennen. Diesen Teil der Recherche sollten Sie in jedem Fall erst einmal selbst übernehmen, denn Sie werden enorm davon profitieren. Gehen Sie dahin, wo die Leute sind, die Sie erreichen und mit denen Sie Umsatz machen wollen: In Internetforen, auf Messen, in ähnliche Läden oder auf Seiten, die so sind, wie Ihre sein soll. Wenn Sie ein Ladengeschäft eröffnen wollen, halten Sie sich in der Nachbarschaft auf. Unterhalten Sie sich mit den Leuten. Versuchen Sie herauszufinden, was sie wollen und wie sie ticken. So bekommen Sie ein Gefühl für die Sache – aber noch keine Fakten. Die bietet das Internet. Suchen Sie Statistiken über relevante Fragen. Lesen Sie in Keyword-Maschinen nach, welche Kombinationen am häufigsten gesucht werden. Vielleicht lernen Sie dabei, dass Ihre Zielgruppe ganz andere Interessen hat, als Sie dachten. Finden Sie auch heraus, wie groß Ihre Zielgruppe ist. Wenn Ihr Geschäft auf Laufkundschaft angewiesen ist, stellen Sie sich mit einem Zähler vor den Laden, den Sie im Auge haben. Zählen Sie durch, wie viele Leute da vorbei gehen. Wie viele davon könnten Ihre Kunden werden? All diese Informationen sind eine gute Grundlage für ein Marketingkonzept oder einen Marketingplan und helfen Ihnen zu Beginn, Kosten für externe Anbieter zu sparen.

Werden Sie zum Experten für Ihr Marktumfeld


Sie wissen jetzt schon eine Menge über Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung. Sie kennen Ihre Zielgruppe. Aber was wissen Sie über Ihr Marktumfeld? Forscht gerade noch jemand außer Ihnen an einem mobilen Gerät, mit dem Glaukom-Patienten ihren Augendruck messen können? Gibt es da schon Patente? Wie weit sind die in der Entwicklung? Wie ist deren Produktions- und Finanzierungs-Back-up? Schaffen die es vor Ihnen an den Markt? Haben die genug Potenzial, um den Markt aufzurollen? Wie sind deren Verbindungen? Gibt es vielleicht ganz andere Angebotsalternativen, die aber so gut, billig und fest installiert sind, dass ein Wechsel zu Ihrem Produkt unwahrscheinlich ist?

Seien Sie ehrlich zu sich selbst. Wenn Sie etwas herausfinden, das Ihrem Traum entgegensteht, ignorieren Sie es nicht. Sonst wird Ihr Traum Sie ignorieren.

Form follows function

Erst wenn Sie Ihre Hausaufgaben gemacht haben geht es an den Teil, von dem Sie vielleicht dachten, dass er ganz am Anfang steht: an Name und Logo. Die Marke muss unverwechselbar die Einzigartigkeit Ihres Angebots widerspiegeln. Sie soll der Grund werden, warum Leute kommen und kaufen, für Umsatz sorgen, warum sie widerkommen, warum sie kleine Fehler verzeihen und große einfach für unmöglich halten.

Widerstehen Sie der Versuchung, einfach irgendein Logo aus dem Internet zu ziehen. Auch am Anfang. Ein Logo aus dem Netz verhält sich zu einem professionellen Corporate Design so, wie ein Tiefkühl-Gericht zu einem Sternekoch-Essen. Die Märkte sind heute heiß umkämpft, die Zielgruppe ist verwöhnt. Name und Logo müssen daher nicht einfach nur schön aussehen, sondern sollen vor allem ausdrücken, was die Marke ist. Wie geht es also weiter?

Stehen Sie bereits in den Startlöchern und können es kaum erwarten, Ihre Geschäftsidee umzusetzen oder in die Selbstständigkeit zu starten? Schön, dann sind Sie bei uns genau richtig!

mehr

Marketing für Gründer – Bei Name und Logo gilt: Sprich deutlich

Für Ladenschilder wie Suchmaschinen gilt: „Fliesen-Jäger“ wird schneller gefunden und eher verstanden als „La Fayence“. Auch, wenn es vielleicht nicht so schick klingt. Vor allem Dienstleister müssen ihrer Zielgruppe deutlich machen, was sie tun. Dasselbe gilt für das Logo. Es muss zur Zielgruppe sprechen. Man muss auf den ersten Blick sehen können, worum es im Kern geht. Was kann ich erwarten? Wie werde ich mich fühlen? Wie ist die Preisstellung?

Ein gutes Design-Büro oder eine gute Werbeagentur kann sicherstellen, dass Sie bei den Kunden keine Erwartungen aufbauen, die Sie nicht erfüllen können. Das ist übrigens der häufigste Grund für den Abbruch von Geschäftsbeziehungen...

Bereiten Sie sich auf Enttäuschungen vor


Vielleicht wird Ihr Logo nicht in Ihrer Lieblingsfarbe sein. Und die Typo, die Sie neulich so schön fanden, kriegen Sie auch nicht. Wenn Sie das ärgert, lassen Sie sich beides erklären. Aber stemmen Sie sich nicht dagegen. Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Wenn Sie es mit einem Kommunikationsprofi zu tun haben, wird er das berücksichtigt haben. Dann zeigt er Ihnen weder das, was er am schönsten findet, noch das, was Sie am schönsten finden, sondern das, was der Zielgruppe genau das Gefühl vermittelt und die Informationen gibt, die sich bei Ihnen im Umsatz zeigen werden. Das ist sein Job. Ihr Job ist es, zu überprüfen, ob das Ihrem Marketingkonzept entspricht

Immer dasselbe – Corporate Identity für Start-ups und die Firmengründung

Sie haben sich positioniert, Sie haben einen Namen und ein Logo. Jetzt müssen Sie sich beweisen. Und das heißt: Alles muss auf Ihre Marke einzahlen. Jetzt geht es darum, den Kunden nicht zu enttäuschen. Wenn Ihre Positionierung warm und persönlich ist, dann müssen Sie oder ein kompetenter Mitarbeiter telefonisch erreichbar sein. Wenn Sie sich wiederum als „Kostensparer“ positionieren wollen, können Sie sich eine Warteschleife nicht nur leisten, Sie sollten sogar unbedingt eine einrichten. Denn damit suggerieren Sie immer wieder aufs Neue: kein überflüssiger Schnickschnack, hier wird gespart.

Ryanair hat das vor allem in seinen Anfangsjahren perfektioniert. Wer sich mal gefragt hat, warum die Uniformen der Flugbegleiter so schlecht sitzen und ob man für dasselbe Geld nicht etwas Schickeres bekommen könnte: Ja, könnte man. Aber das schreit nicht einen ganzen Flug lang „billig, billig, billig!“ und führt nicht dazu, dass Kunden nur die Achseln zucken, wenn mal was schief geht. Unter Marketinggesichtspunkten genial.