Nachhaltige Unternehmen: Warum sich grün sein lohnt
30.04.2021 - Lesezeit: 6 Minuten
Unternehmen schmücken sich gern mit grünen Lorbeeren – denn: „Nachhaltigkeit“ ist wohl das wichtigste Schlagwort unserer Zeit.
Nur: Wenn ein Wort zum Schlagwort wird, ist es mit dem Inhalt oft so eine Sache. Es reicht jedenfalls längst nicht mehr aus, nach außen Nachhaltigkeit zu predigen, im Alltagsgeschäft aber business as usual zu betreiben.
Nachhaltige Unternehmen auf der Überholspur
Eine gute Nachricht gleich zu Beginn: „Die Startups in Deutschland werden zunehmend wirkungsorientierter. Dreißig Prozent aller Startups sind grün. Sie haben zudem eine höhere Gründerinnenquote als nichtgrüne Gründungen“, fasst Prof. Dr. Yasmin Olteanu, Professorin für Betriebswirtschaftslehre/Entrepreneurship an der Beuth Hochschule für Technik in Berlin und Co-Autorin des „Green Startup Monitor 2021“, zusammen.
Der „Green Startup Monitor“ analysiert die Bedeutung jener Startups, die mit ihren Produkten und Dienstleistungen einen Beitrag zu den ökologischen Zielen einer Green Economy leisten. Die Studie basiert auf Daten von 1.690 innovativen und wachstumsorientierten Unternehmen, die jünger als 10 Jahre sind und ihren Unternehmenssitz in Deutschland haben. Gemeinsam mit dem Bundesverband Deutsche Startups gibt das Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit nun im dritten Jahr den „Green Startup Monitor“ heraus.
Prof. Dr. Klaus Fichter, ebenfalls Co-Autor der Studie und Direktor des Borderstep Instituts, ergänzt: „Es deutet sich ein kultureller Wandel an. Diese innovativen und wachstumsorientierten jungen Unternehmen liefern nicht nur überzeugende Produkte, sondern schaffen zusätzlich für die Gesellschaft als Ganzes positive Wirkungen. Grüne Startups zeichnen sich also durch eine doppelte Dividende aus.“
Es lässt sich also festhalten: Nachhaltige Unternehmen sind im Kommen.
Was bedeutet Nachhaltigkeit in Bezug auf Unternehmen?
Aber was genau heißt das jetzt eigentlich – Nachhaltigkeit? Obwohl uns der Begriff ständig umgibt, ist er vielleicht gerade deshalb schwer greifbar. Dazu kommt, dass viele Menschen ihm eine ganz individuelle Bedeutung geben und ihn mit ihren persönlichen Schwerpunkten belegen. Im sogenannten Brundtland-Report der Vereinten Nationen von 1987 heißt es, dass eine Entwicklung nachhaltig ist, wenn sie „die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“ Diese Definition gilt als Grundlage für das Verständnis von Nachhaltigkeit in Politik und Wirtschaft – in den späten 1990er wurde sie auf das sogenannte „Drei-Säulen-Modell“ erweitert. Darin geht es auch aber nicht mehr „nur“ um Umwelt und Natur.
Ökologisch, ökonomisch und jede Menge Mensch
- Die erste Säule, die ökologische, beschreibt (wie im Brundtland-Report), dass der Mensch oder ein Unternehmen Ressourcen nur in dem Ausmaß verbrauchen soll, wie die Regeneration der Natur es erlaubt.
- Die zweite Säule ist ökonomischer Natur: Eine Wirtschaftsweise gilt dann als ökonomisch nachhaltig, wenn sie dauerhaft betrieben werden kann. Ein hoher Beschäftigungsgrad, Preisstabilität oder außenwirtschaftliches Gleichgewicht gelten als drei Ziele für ökonomische Nachhaltigkeit.
- Bei der dritten Säule steht der Mensch im Mittelpunkt: Faire Arbeitsbedingungen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Frauen in Führungspositionen zum Beispiel. Ein Unternehmen kann nur dann nachhaltig sein, wenn es den ökologischen, den ökonomischen und den sozialen Teilbereich gleichermaßen weiterentwickelt und vorantreibt.
Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor für Unternehmen
Ein nachhaltiges Unternehmen leistet also einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft und für die Welt, in der wir leben. Nachhaltigkeit kann vor allem aber auch ein Erfolgsfaktor für das Unternehmen selbst sein – aus verschiedenen Gründen.
Einen Grund benennt Nele Kammlott, Mitgründerin und Geschäftsführerin von kaneo, einem nachhaltigen EDV- und IT-Dienstleister, bei der Vorstellung des „Green Startup Monitors“:
Wir vereinen in unserem Kerngeschäft Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Ich bin überzeugt davon, dass uns das resilient macht und wir daher bisher gut durch die Krise gekommen sind.
Nele Kammlott
Das Unternehmen, das auch einen Sitz in Berlin hat, verkleinerte bereits vor der Pandemie Büroflächen und baute die Ressourcen für Remote Work - also die Möglichkeit für die Angestellten, von zu Hause oder unterwegs zu arbeiten - aus. Es gibt keine weit verzweigten Lieferketten und eine eigene nachhaltige Infrastruktur. „Unser Rechenzentrum betreiben wir beispielsweise in einer Windmühle. Und wir sind immer noch eigenkapitalfinanziert. Wenn man wachsen möchte, ist das manchmal ein nerviges Thema, weil wir alles aus unserem eigenen Cashflow finanzieren müssen. Aber dafür wachsen wir gesund und natürlich. Gerade jetzt in der Krise hat sich das nochmal bewährt.“ Außerdem ist Nele Kammlott Vorstandsmitglied im Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft, engagiert sich also auch neben ihrer Geschäftsführerinnentätigkeit für das Thema.
Ein zweiter Grund sind die Kunden. KPMG, eines der führenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen in Deutschland, hat 2020 das Institut für Handelsforschung in Köln mit einer Studie beauftragt, für die sie Konsumenten zu ihrem Einkaufsverhalten befragt haben. Schwerpunkt war das Thema Nachhaltigkeit. Die Kernaussagen: 18 % der Verbraucher gaben an, beim Kauf von Lebensmittel stets auf Nachhaltigkeit zu achten, weitere 54 % versuchen es zumindest. Gut Zweidrittel der Befragten sind grundsätzlich bereit, für ein nachhaltiges Produkt mehr zu bezahlen. Die Hälfte würde sogar einen Aufschlag von bis zu zehn Prozent in Kauf nehmen. Nachhaltigkeit ist kein kurzlebiger Trend.
Unternehmen in der Verantwortung
Was die Studie aber auch hervorbringt: Die Befragten sehen die Verantwortung für nachhaltigen Konsum in erster Linie bei den Herstellern und dem Gesetzgeber. Eine Umfrage im März 2021 für den Statista Global Consumer Survey in Deutschland zu Einstellungen zum Thema Nachhaltigkeit unterstützt das Ergebnis der von KPMG beauftragten Studie. Auch hier sind 36 % der rund 1.000 befragten Personen der Meinung, dass Unternehmen für die Lösung globaler Umweltprobleme verantwortlich sind. Auf der anderen Seite glaubt jeder Fünfte, dass viele Unternehmen den Begriff „Nachhaltigkeit“ nur dafür nutzen, um ihre Produkte teurer verkaufen zu können.
Nun ist es ist Aufgabe der Unternehmen diese Vertrauenslücke zu schließen. Mit der Chance, dabei mehrfach zu profitieren, indem sie eigene Nachhaltigkeitsziele erfüllen, einen erfolgreichen unternehmerischen Ansatz etablieren und durch ihr Engagement ihr Image positiv beeinflussen. Und nicht zu vergessen: Das Engagement käme darüber hinaus natürlich auch unserem Planeten zugute. Wenn das keine Motivation ist …