Rohstoffe werden teurer – wie gehe ich damit um?

15.03.2022 - Lesezeit: 5 Minuten

Arbeiter beim schweißen an einem Kotflügel
© Adobe Stock

Schon seit Monaten bremst der Materialmangel deutsche Unternehmen aus. Der russische Überfall auf die Ukraine und die daraufhin verhängten Sanktionen haben die angespannte Situation auf dem Rohstoffmarkt weiter verschärft. Das gilt besonders für Öl und Gas, doch auch bei anderen Rohstoffen ziehen die Preise an. Was können Unternehmen tun?

Bereits vor der russischen Invasion verschärfte sich der Materialmangel in der deutschen Industrie. 74,6 Prozent der Firmen klagten im Februar dieses Jahres über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen, wie das Ifo-Institut mitteilte. In allen Branchen nahmen Materialknappheiten zu. „Die Situation bleibt vor allem in den Schlüsselbranchen der deutschen Industrie angespannt“, so Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. So berichten 89 Prozent der Unternehmen aus der Automobilindustrie und dem Maschinenbau von Lieferproblemen. Ähnlich ergeht es Herstellern von Datenverarbeitungsgeräten und elektrischen Ausrüstungen. „Für die Industrie bleibt es somit schwierig, die sehr gute Auftragslage in Produktion umzusetzen“, ergänzt Wohlrabe. Engpässe und teure Rohstoffe bremsen die deutsche Wirtschaft merklich aus. Die Industrieproduktion lag, laut dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), um etwa zwölf Prozent unter dem Niveau, das angesichts hoher Auftragseingänge eigentlich möglich gewesen wäre.

Rohstoffkrise durch die russische Invasion

Jetzt gehen Expert:innen davon aus, dass die Preise für zentrale Rohstoffe durch den Krieg und die Sanktionen noch weiter steigen werden, zumal sich die deutsche Wirtschaft in einer fatalen Abhängigkeit von russischen Rohstoffen befindet. Das gilt besonders für Erdöl, Kohle und Erdgas. Der Anteil russischer Gasimporte liegt nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums bei 55 Prozent, bei Kohle bei rund 50 Prozent und bei Rohöl bei 35 Prozent. Damit im nächsten Winter in Deutschland nicht die Lichter und die Heizungen ausgehen, sucht Wirtschaftsminister Robert Habeck fieberhaft nach anderen Lieferanten aus Katar oder den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Unternehmen als Stromerzeuger

Auch Unternehmer:innen können die Krise als Chance begreifen. Wer schon länger über den Umstieg auf nachhaltigeren Strom nachdenkt, sollte die Gelegenheit nutzen. Oder gleich selbst zum Stromproduzenten werden und zum Beispiel Windräder, Solarpanele oder Erdwärmeanlagen auf dem Werksgelände installieren. So werden Unternehmen unabhängiger von den Schwankungen am internationalen Rohstoffmarkt. Allerdings kann die Eigeninitiative oft nur einen Teil des Strombedarfs decken. Zudem braucht die Industrie weiterhin Gas als Rohstoff zur Herstellung – von Düngemitteln über Baustoffe bis zu Milchprodukten.

Abhängigkeit von Metallen aus Russland

Aber nicht nur russisches Erdgas ist zentral für die Wirtschaft. Die Herstellung von Industriegütern ist aktuell ohne Metalle und Metallverbindungen aus Russland nicht möglich. Nach China, Australien und Brasilien gilt Russland als der viertwichtigste Produzent. Das Land beheimatet zum Beispiel mit Rusal und Norilsk Nickel die Weltmarktführer für Aluminium und Nickel. Direkt nach Beginn der Invasion stiegen die Preise für zahlreiche wichtige Industriemetalle, nachdem sie sich infolge des Konjunkturaufschwungs nach der Pandemie ohnehin verteuert hatten. So erhöhte sich etwa der Preis für eine Tonne Aluminium innerhalb weniger Stunden um knapp drei Prozent auf 3388 US-Dollar und übertraf damit das Rekordhoch. Aluminium wird in fast allen Branchen benötigt, als Verpackungsmaterial, im Getränkesektor, als Baustoff oder im Maschinenbau.

Eine besonders wichtige Position hat Russland bei Palladium. Das Land ist für rund 40 Prozent der weltweiten Produktion des Edelmetalls verantwortlich. Der unter anderem in Autokatalysatoren verwendete Rohstoff verteuerte sich bis auf 2.960 US-Dollar je Feinunze, knapp unter dem Allzeithoch. Von diesen Preissteigerungen bei Rohstoffen sind aber noch weitere Industriebereiche betroffen: In der Elektroindustrie werden beispielsweise Kupfer- und Nickeldrähte benötigt, die häufig in Russland gefertigt werden. In der Luftfahrt wird Titan verwendet, den Russland als drittgrößter Produzent der Welt herstellt.

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Was sollten Unternehmen jetzt tun?

Kurzfristig können Unternehmen ihre Lieferbeziehungen diversifizieren und problematische Rohstoffquellen auslisten. So werden Nickel oder Vandadium nicht nur in Russland abgebaut, sondern auch in Schweden oder Finnland, allerdings zu einem höheren Preis. Alternative Lieferquellen sind allerdings nicht bei jedem Rohstoff möglich. Daher setzen immer mehr Unternehmen auf Recyling. Besonders in der Auto-, Chemie- und Glasindustrie steigt die Nachfrage nach wiederverwertbaren Edelmetallen, die Unternehmen aus der Abhängigkeit von Rohstoffproduzenten und -händlern befreien.

Die Suche nach Alternativen

Eine noch effizientere Lösung sind Alternativen. Einigen Unternehmen ist es bereits gelungen, seltene, teure oder problematische Rohstoffe komplett zu ersetzen. Der Autozulieferer Mahle hat zum Beispiel einen magnetfreien Elektromotor entwickelt. Dadurch kann das Stuttgarter Unternehmen auf den ansonsten üblichen Einsatz von seltenen Erden verzichten. Es lohnt sich also für Unternehmen „out of the box“ zu denken. Diese Möglichkeiten helfen ihnen dabei, unabhängiger vom internationale Rohstoffmarkt und seinen Schwankungen zu werden. Auch wenn diese Alternativen zunächst Investitionen erfordern, gehen Expert:innen angesichts weiter steigender Preise für Schlüsselrohstoffe davon aus, dass sich diese mittelfristig lohnen werden. Unabhängiger von Preisschwankungen durch Krisen wie Corona oder der russischen Invasion machen sie in jedem Fall.

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