Was tun gegen Lieferengpässe?
21.12.2021 - Lesezeit: 3 Minuten
Das Schönste an Weihnachten ist die Vorfreude? Wer so denkt, darf dieses Gefühl noch etwas länger auskosten. Denn häufig steckt in den festlich verpackten Geschenken unterm Weihnachtsbaum – nur ein Gutschein. Das neue Fahrrad? Kommt irgendwann 2022. Das Piratenschiff von Lego? Irgendwann 2022. Die PlayStation 5? Frühestens 2022. Nun erleben auch die Verbraucher, was Unternehmen so ziemlich aller Branchen seit Monaten ärgert: Lieferengpässe.
Wenn der Lieferengpass die Nachfrage ausbremst
Wie anfällig die globalen Lieferströme sind, zeigte sich im März 2021, als sich die „Ever Given“ tagelang im Suezkanal quer stellte und damit den Containerverkehr zwischen Asien und Europa zum Erliegen brachte. Viele deutsche Unternehmen mögen sich seitdem nicht mehr auf den reibungslosen Fluss dieser weltweiten Warenströme verlassen: 63 Prozent der Mittelständler wollen ihre Lieferketten künftig besser sichern, hat die aktuelle Studie „Mittelstand im Mittelpunkt“ herausgefunden. Bei den großen Industriebranchen wollen sogar drei Viertel ihre Lieferketten weniger anfällig machen. Ein entscheidender Schritt dazu: Geschäftspartner:innen in der Nähe statt in weiter Ferne zu suchen. Nur 45 Prozent der befragten Unternehmen sind im Ausland engagiert, ergab die Umfrage des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken und der DZ Bank – so niedrig war dieser Wert noch niemals zuvor.
Wenn den Industrieunternehmen die notwendigen Vorprodukte zur Abarbeitung des immer größer werdenden Auftragsbestands fehlen, verzögert sich letztlich die Lieferung von Fertigprodukten. Dies macht sich zunehmend auch im Groß- und Einzelhandel bemerkbar“, heißt es in der Studie. „Dazu kommen noch die für das Weihnachtsgeschäft besonders wichtigen Konsumgüter, die auf dem Weg von China nach Deutschland trotz fehlender Container und Staus vor den großen Containerhäfen rechtzeitig ankommen sollen.
Geld ist da, aber an der Investitionsbereitschaft hapert es
So groß der Ärger bei den Unternehmen ist: Die Bereitschaft, daran etwas durch größere Lagerkapazitäten oder den Einkauf im Inland oder zumindest der Europäischen Union zu ändern, geht vielerorts wenig über Absichtserklärungen hinaus. Die Studienautoren sehen „eine gewisse Diskrepanz zwischen der Bereitschaft, die Lieferketten zu sichern, und der Bereitschaft, dazu Geld in die Hand zu nehmen“. Nur 28 Prozent der befragten Mittelständler wollen investieren, um künftige Lieferengpässe zu vermeiden.
An Geldmangel kann das nicht liegen. Laut „Mittelstand im Mittelpunkt“-Studie hat der Finanzierungsbedarf der Unternehmen sogar nachgelassen. Im Herbst 2021 gaben nur noch rund 15 Prozent der befragten Mittelständler an, dass sie Finanzierungsbedarf hätten.
Der ewige Streitpunkt: Arbeiten im Homeoffice
Bedarf besteht eher bei Personal. 29 Prozent der befragten Mittelständler planen, vermehrt Fachkräfte einzustellen. Zumindest bei den Auszubildenden scheint das zu gelingen: 2021 konnten wieder mehr Ausbildungsplätze besetzt werden.
Ob die Azubis nachher gehalten werden können, wird in vielen Unternehmen auch davon abhängen, wie bereitwillig die Arbeitgeber:innen auf Wünsche nach mehr Flexibilität bei Arbeitsort und -zeit eingehen. Das Homeoffice war während der Corona-Krise für viele Firmen die einzige Möglichkeit, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Aktuell bieten rund die Hälfte der befragten Mittelständler zumindest einem Teil der Belegschaft die Option „Homeoffice“ an. Tendenz: je größer das Unternehmen, desto selbstverständlicher wird das Arbeiten am heimischen Schreibtisch. Während viele Angestellte die neue Flexibilität zu schätzen gelernt haben, zeigten sich viele Chefs froh, als die Rückkehr in die Büros anstand. Sie stehen auf Präsenz und der damit verbundenen direkten Kontrolle. Firmen mit solchen Führungskräften sollten ihre Einstellung überdenken, regen die Studienautoren an: Einerseits sparen sie Kosten, wenn weniger Bürofläche gebraucht wird – „andererseits werden sie attraktiver für Digital Natives“.
Neue Ideen und neue Fachkräfte können alle Unternehmen gut brauchen. Denn darin sind sie sich laut „Mittelstand im Mittelpunkt“-Studie einig: Wenn Corona vorbei ist und die Lieferengpässe beseitigt sind, werden sie frohgemut eine steigende Nachfrage bedienen. Und endlich werden auch alle Weihnachtsgutscheine eingelöst werden können.