Wie Unternehmen 2022 von neuen Steuerregelungen profitieren
13.01.2022 - Lesezeit: 7 Minuten
Was ändert sich 2022 im Steuerrecht? Der Gesetzgeber hat einige Änderungen vorgenommen, die für Unternehmer:innen wichtig sind: vom erhöhten Spitzensteuersatz über verlängerte Fristen beim Investitionsabzugsbetrag bis zur Neuregelung der Grundsteuer. Hier stellt der Potsdamer Steueranwalt Stefan Knabe die elf wichtigsten neuen Regelungen für Unternehmer:innen zusammen und verrät, wie sie davon profitieren können.
1. Verlängerte Fristen beim Investitionsabzugsbetrag
Investitionsabzugsbeträge zählen zu den bedeutenden Steuerbegünstigungen für kleine und mittlere Betriebe – mit dem Ziel, ihre Investitionsbereitschaft zu steigern. Bei Investitionsabzugsbeträgen, die 2017 in Anspruch genommen wurden, endete die Frist ursprünglich 2021. Unternehmen hätten also Investitionen vornehmen oder die Investitionsabzugsbeträge gewinnerhöhend auflösen müssen. Jetzt wurde die Frist auf fünf Jahre ausgedehnt, sodass auch eine Investition in 2022 noch fristgerecht bleibt. Auch wurden die Fristen für Investitionsabzugsbeträge, die 2018 in Anspruch genommen wurden, auf vier Jahre erweitert, sodass sie ebenfalls noch 2022 möglich sind.
2. Erhöhter Spitzensteuersatz
Bisher galt bei der Einkommensteuer ein Spitzensteuersatz von 42 Prozent. Jetzt müssen Einzelunternehmer:innen und Personengesellschaften mit drei Prozent mehr Steuern rechnen – bei einem jährlichen Einkommen von mehr als 277.826 Euro (ledig) und 555.652 Euro (zusammen veranlagt). Vermeiden können Sie die 45 Prozent Spitzensteuersatz zum Beispiel mit der Nutzung einer GmbH mit einer Art Flat-Tax um 30 %.
3. GmbH als Körperschaft besteuern
Wer sein Unternehmen in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft (OHG, GmbH & Co. KG) betreibt, zahlt bis zu 45 % Einkommensteuern. Seit 2022 können sie sich wie eine GmbH nach dem Körperschaftsteuergesetz besteuern lassen. Hier gilt eine Flat-Tax mit circa 30 %. Das gilt allerdings nur bei rechtzeitig gestellten Anträgen.
4. Sinkende Zinsen beim Finanzamt
Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Nachzahlungszinsen des Finanzamts als verfassungswidrig eingestuft hat, muss die neue Bundesregierung nachbessern. Bis Mitte 2022 kommt statt der bisherigen Zinsen von 6 Prozent pro Jahr, ein deutlich niedrigerer Zinssatz. Kleiner Wermutstropfen: Der niedrigere Zinssatz gilt dann auch für Erstattungszinsen vom Finanzamt.
5. Neue Umsatzgrenze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe
Der Gesetzgeber hat bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben eine Umsatzgrenze von 600.000 Euro eingefügt. Sie ist auf Umsätze anzuwenden, die ab 2022 erzielt werden. Lag der land- oder forstwirtschaftliche Betrieb 2021 darunter, wird die Umsatzsteuer auf 5,5 % (Forstwirtschaft) und auf 10,7 % (übrige landwirtschaftliche Umsätze) festgesetzt.
6. Grundsteuer neu geregelt
Von der Grundsteuer sind fast alle Unternehmen betroffen – ob als Mieter oder Eigentümer. Durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts war der Gesetzgeber aufgerufen, die Einheitsbewertung von Grundvermögen zur Berechnung der Grundsteuer neu zu regeln. Das neue Grundsteuerrecht findet zwar erst ab dem Jahr 2025 Anwendung, allerdings erfolgt die erste Hauptfeststellung der Grundstückswerte zum 1. Januar 2022. Eigentümer sind damit aufgefordert, eine Erklärung zur Feststellung der Grundstückswerte bis zum Juli 2022 abzugeben. Eine Fristverlängerung ist bisher nicht vorgesehen.
7. Höhere Sachzuwendungen für Arbeitnehmer
Bisher durften Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Sachzuwendungen in Höhe von maximal 44 Euro monatlich steuerfrei zufließen. 2022 steigt die Freigrenze auf 50 Euro pro Monat. Doch aufgepasst: Gutscheine oder Geldkarten dürfen ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen vom Aussteller des Gutscheins berechtigen. Der Warengutschein darf außerdem nur in einem begrenzten regionalen Gebiet einlösbar sein und nur zum Bezug einer begrenzten Dienstleistung oder Ware berechtigen.
8. Betriebliche Altersvorsorge steuerfrei
Möchte ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin einen Teil seines Weihnachts- oder Urlaubsgeldes in eine betriebliche Altersversorgung in Form einer Direktversicherung, einer Pensionskasse oder eines Pensionsfonds einzahlen, sind die Beiträge 2022 bis zu einem Höchstbetrag von 6.768 Euro steuerfrei. Beiträge in eine Basis-Altersvorsorge, etwa in eine Rürup-Rente oder eine gesetzliche Rentenversicherung, gelten steuerlich als Sonderausgaben und verringern die Steuerlast. 2022 können Alleinstehende bis zu 25.639 Euro für ihre Altersvorsorge mit dem Finanzamt abrechnen, für Ehepaare gilt das Doppelte.
9. Steuerfreie Corona-Prämie endet
Noch bis Ende März 2022 können Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen einen Corona-Bonus steuerfrei auszahlen, um Mehrbelastungen während der Pandemie abzufedern. Das gilt bis zu einer Obergrenze von 1.500 Euro pro Mitarbeiter und Mitarbeiterin. Danach sind solche Zahlungen nicht mehr steuerfrei. Es empfiehlt sich in jedem Fall vorher die entsprechenden Informationen des Bundesfinanzministeriums unter www.bundesfinanzministerium.de zu lesen.
10. Homeoffice-Pauschale verlängert
Die Homeoffice-Pauschale von fünf Euro pro Tag, die Unternehmer:innen als gewinnmindernde Betriebsausgaben berücksichtigen können, war auf 600 Euro pro Jahr und bis 2021 begrenzt. Kürzlich hat der Gesetzgeber eine Homeoffice-Pflicht zunächst bis 19. März 2022 eingeführt. Aus dem Koalitionsvertrag geht hervor, dass auch die steuerliche Homeoffice-Pauschale bis Ende 2022 verlängert werden soll.
11. Zugang zum Kurzarbeitergeld verlängert
Die maximale Bezugsdauer für das pandemiebedingt höhere Kurzarbeitergeld wurde bis Ende März 2022 verlängert. Das erhöhte Kurzarbeitergeld beträgt bis 77 % der Bemessungsgrundlage und ab dem siebten Monat bis zu 87 %. Mit der Verordnung wurden auch die in der Coronakrise eingeführten Zugangserleichterungen zum Kurzarbeitergeld verlängert. So können Betriebe bis Ende März Kurzarbeit anmelden, wenn mindestens 10 % der Beschäftigten einen Entgeltausfall von mehr als 10 % haben. Zugleich wurde die Bezugsdauer für das krisenbedingte Kurzarbeitergeld auf bis zu 24 Monate verlängert. Die bisherige vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge für die Arbeitgeber wurde auf die Hälfte verringert.