Arbeiten nur im Büro? Das war einmal. Warum hybride Konzepte die Zukunft sind.

03.09.2021 - Lesezeit: 12 Minuten

2 Menschen sitzen vor dem Computer im Büro
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Die Pandemie hat die Arbeitswelt auf den Kopf gestellt. Innerhalb weniger Tage wurde der Arbeitsplatz vom Büro in die eigenen vier Wände verschoben. Das Home-Office wurde zur neuen Realität und Normalität. Doch wie wird sich die Arbeitsweise und vor allem der Arbeitsplatz in den kommenden Jahren verändern? Dr. Matthias Meifert, stellvertretender Bereichsleiter Human Relations bei der Berliner Volksbank, schaut sich das hybride Arbeiten genauer an und zeigt auf, warum dieser Trend zur neuen Normalität werden könnte.

In der IHK-Umfrage, bei der 305 Berliner Wirtschaftsvertreterinnen und Wirtschaftsvertreter von Ende Juli bis Mitte August 2020 zum Thema "Home-Office – neue Normalität oder zurück zur Präsenzkultur?" befragt wurden, wird klar, dass sich hybride und mobile Arten des Arbeitens bereits 2020 herauskristallisiert haben.

Für ein Viertel aller Befragten ist die Arbeit aus dem Home-Office jetzt schon ein fester Bestandteil der zukünftigen Arbeitsweise. Dennoch wünscht sich die knappe Hälfte der Berlinerinnen und Berliner einen Hybridmix, in dem sowohl das Home-Office als auch die Arbeit aus dem Büro möglich ist.

Kern-Ergebnisse der Studie im Überblick:

  • 47,4 % planen eine hybride Lösung, die beide Arbeitsformen kombiniert.
  • 24,9 % möchten wieder zur reinen Präsenzkultur zurückgehen.
  • 23,5 % planen mehr Home-Office-Möglichkeiten oder haben diese bereits umgesetzt.
  • 4,2 % wissen noch nicht, wie es weitergeht.

IHK-Umfrage "Ergebnisse der Umfrage „Home Office – neue Normalität oder zurück zur Präsenzkultur?“ (pdf-Datei)

Was sind hybrides und mobiles Arbeiten?

In den letzten Monaten wurde mit einer Menge Begriffe hantiert. Während das Home-Office als allgemeine Arbeit von Zuhause relativ klar ist, sollten die Begriffe hybrides und mobiles Arbeiten definiert werden:

Das mobile Arbeiten ist dem englischen Begriff "remote work" gleichzusetzen und bezeichnet eine Arbeit, bei der sich die oder der Arbeitnehmende allein für den perfekten Arbeitsplatz entscheidet.

Hybrides Arbeiten ist ein variabler Mix aus der Arbeit im Büro mit hauptsächlich Face-to-Face-Kontakten und mobiler Arbeit mit primär digitalen Kundenkontakten.

Übrigens: Das Konzept des Home-Office besteht in Deutschland schon seit den 1980er-Jahren. Damals wurde es jedoch Telearbeit genannt und bezeichnete so die Arbeit in der Informations- und Kommunikationsbranche.

Wie kann hybrides Arbeiten funktionieren?

Immer mehr Studien zeigen, dass sich die meisten Angestellten flexiblere Möglichkeiten der Arbeit wünschen. Hybride Modelle, in denen die Woche in Arbeitstagen im Büro und Arbeitstagen im Home-Office oder an anderen Orten gestaltet wird, ist der größte Wunsch der meisten. Doch wie schaffen es Unternehmen, dieses Konzept wirklich effizient umzusetzen?

Am wichtigsten für funktionierende Hybrid-Konzepte ist neben dem Vertrauen in die Selbstorganisationsfähigkeit und Eigenverantwortung der Mitarbeitenden die interne Kommunikation. Es muss klar kommuniziert werden, wie die Arbeit zwischen Büro und Home-Office verteilt sein soll.

Apropos Kommunikationstools – auch und vor allem die Technik ist eine wichtige Grundlage für das hybride Arbeiten. Dazu gehören nicht nur die Maßnahmen, die innerhalb des Büros getroffen werden, sondern auch die technische Ausstattung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Home-Office mit funktionierenden Laptops, Headsets und Webcams.

Was spricht für das hybride Arbeiten?

Das hybride Arbeiten bietet viele Vorteile, die sich bereits in den vergangenen Monaten abzeichnen konnten. Dazu gehören:

  1. Höhere Produktivität
  2. Mehr Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
  3. Weniger Kosten
  4. Gesundheitliche Sicherheit

#1 Höhere Produktivität

#2 Mehr Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

#3 Weniger Kosten

Auch finanziell lohnt sich das hybride Arbeiten – für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Denn mit hybriden Konzepten können die Kosten für Büros gering gehalten werden. Unternehmen können durch die minimierte Büronutzung vor allem Kosten in Bezug auf Mieten und Nebenkosten wie die Strom- oder Heizkosten sowie Reinigungskosten sparen.

Für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen kann es außerdem zu steuerlichen Vorteilen kommen, sofern der eigene Wohnraum ein eigenes Büro besitzt. Dem gegenüber stehen jedoch Stromkosten, die bei erhöhter Arbeit aus den eigenen vier Wänden leicht steigen können.

#4 Gesundheitliche Sicherheit

In Zeiten der Pandemie war klar, dass die Arbeit in großen Büros schier unmöglich ist. Als Vorbereitung auf ähnliche oder wiederkehrende, pandemische Situationen sorgen hybride Arbeitskonzepte für Sicherheit. Unternehmen, die jetzt die Grundlage für hybride Arbeit schaffen, werden langfristig sich und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schützen.

Einsamkeit und Distanz: Nachteile des hybriden Arbeitens

Jede neue Art und Weise der Arbeit bietet auch Nachteile. So ist bereits bekannt, dass es vielen Menschen im Home-Office schwerfällt, an Strukturen festzuhalten. Es entfallen Pausen, Arbeitstage sind teilweise länger als gewohnt und die Grenze zwischen Freizeit und Arbeit scheint zu verschwimmen. Damit besteht auch eine erhöhte Gefahr von Überarbeitung und Burn-out. Für Unternehmen und vor allem Führungskräfte bedeutet dies im Umkehrschluss, trotz räumlicher Distanz auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu achten und die Umsetzung leistungserhaltender und gesunder Strukturen im Home-Office und an anderen mobilen Arbeitsorten zu fördern.

Auch die Distanz zum Team kann zu einem Problem führen, denn im Home-Office entfallen direkte Austauschmöglichkeiten mit Kolleginnen und Kollegen. Um Einsamkeit am mobilen Arbeitsplatz vorzubeugen, sollten Unternehmen dafür sorgen, dass sich das Team stets austauschen kann – durch passende Kommunikationstools, virtuelle Events, Chats und andere digitale Möglichkeiten. Und vor allen Dingen durch eine Unterbrechung des mobile Arbeitens durch Präsenzphasen im guten alten Büro.

Dennoch schafft der Mix aus der Arbeit im Home-Office und im Büro eine Möglichkeit, ebendiese Probleme zu umgehen. Durch den temporären Gang ins Büro kann ein persönlicher Austausch stattfinden und gleichzeitig eine Distanz zum Büro in den heimischen vier Wänden hergestellt werden.

Cyber Security – Eine Gefahr im Hybridkonzept?

Schaubild übder die Vernetzung der Welt
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Ein großer Faktor, der die Arbeit aus dem Home-Office und von anderen Orten auf der Welt erschwert, ist die Cyber Security, die nicht immer gewährleistet werden kann. Gefahren, wie öffentliche WLAN-Netzwerke in Cafés bestehen bei flexiblen Arbeitskonzepten immer.

Als Unternehmen, das den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit des hybriden Arbeitens ermöglicht, müssen Sicherheitsvorkehrungen geschaffen werden. So sorgen VPN-Schlüssel oder Vorgänge mit Zwei-Faktor-Authentifizierung für grundlegende Sicherheit.

Expertinnen und Experten stufen die Arbeit aus dem Home-Office dennoch als unsicherer im Vergleich zur Arbeit aus dem Büro ein und unterstreichen, dass vor allem die IT-Sicherheit neue Konzepte für das hybride Arbeiten schaffen muss, um langfristig Erfolg und Sicherheit zu gewährleisten.

Das klassische Büro. Ein Konzept der Vergangenheit?

Corona hat gezeigt, dass die Zeiten von klassischen Büros vorbei und vor allem nicht mehr zeitgemäß sind. Neue Arbeitsstrukturen haben sich allein durch die Digitalisierung in den letzten Jahren bereits abgezeichnet. Die Arbeit wird flexibler, offener, kommunikativer, kollaborativer und weniger hierarchisch. Und auch wenn Deutschland bisher noch eher im hinteren Feld der modern arbeitenden Länder liegt, zeichnet sich auch hier eine Veränderung ab. Allein durch den Trend der agilen Arbeit müssen neue Strukturen her. Doch heißt das auch, dass das alte Büro ausgedient hat? Nicht ganz. Die bekannten Büroformen müssen nur neu strukturiert und vor allem attraktiver gestaltet werden.

Moderne Bürogestaltung

Ansicht eines modernen, hellen und offenen Büros
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Interne Firmenkultur

Mann führt ein Webmeeting durch
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Corporate Coworking als neuer Trend

Die Zahl der Coworking-Spaces in Deutschland hat sich laut einer Markterhebung des Bundesverbandes Coworking Spaces Deutschland e. V. (BVCS) bereits vor Corona massiv gesteigert, sodass es allein von 2018 bis 2020 zu einer Vervierfachung kam.

Berlin bietet allein mit knapp 150 Coworking-Spaces eine Menge Möglichkeiten für Unternehmen, die Hybridmodelle umsetzen möchten. Dabei gilt vor allem Corporate Coworking als ein neuer Trend. Firmen buchen immer mehr Plätze in Berlins Coworking-Spaces, um ihren  Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit der flexiblen und damit hybriden Arbeit zu bieten und über den Kontakt zu firmenfremden Personen neue Impulse zu erhalten. „Arbeitsplätze in Coworking-Spaces anzumieten, zahlt sich auch für Unternehmen aus – nicht nur als Incentive für die eigenen Mitarbeiter. Grob gesagt liegen die Kosten für einen Arbeitsplatz im Coworking-Space rund um die Hälfte niedriger als die kalkulatorischen Kosten im eigenen Büro“, erklärt Tobias Kollewe, Präsident des Bundesverbandes Coworking Spaces e.V. Ein Trend, dem die Hauptstadt sicherlich standhalten kann – vor allem dann, wenn die Hygienekonzepte vor Ort funktionieren.

Mit hybriden Konzepten können Unternehmen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit geben, flexibler zu arbeiten und sich langfristig eine effektivere Work-Life-Balance zu schaffen. Als Unternehmen muss lediglich die Offenheit in Bezug auf neuen Strukturen und Sicherheitsbarrieren gegeben sein, um nachhaltig produktiv im Team arbeiten zu können – auch wenn sich dieses auf der ganzen Welt verteilt befindet.

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