Bezahlbare Mietwohnungen und Premium-Immobilien – beides sollte es in Berlin geben.
10.02.2022 - Lesezeit: 5 Minuten
Eine Wohnung mieten oder eine Immobilie kaufen: kontroverse Themen in Berlin. Wir haben Sebastian Fischer, CEO der PRIMUS Immobilien AG dazu befragt. Er sagt: Politik, öffentliche Hand und Investoren sollten im Interesse aller gemeinsame Sache machen.
Herr Fischer, Berlin gehen die Immobilien aus. Die Mieten für eine Wohnung und Kaufpreise für Eigentum steigen sprunghaft. Wie schauen Sie als Immobilienprojektentwickler darauf?
Zum einen sind die wahnsinnig wirkenden Preissteigerungen immer noch ein Aufholeffekt – eine Angleichung an andere deutsche und internationale Metropolen. Vor allem aber sind die Preissteigerungen dem knappen Angebot geschuldet. Fakt ist: Bauland gibt es in Berlin noch genug, nur wird es nicht aktiviert. Durch eine bessere Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand und der Politik könnten wir den Wohnungsbau deutlich ankurbeln und die Preisrallye beenden.
Durch eine bessere Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand und der Politik könnten wir den Wohnungsbau deutlich ankurbeln und die Preisrallye beenden.
Sebastian Fischer
Ob Eigentumswohnungen oder Mietwohnungen: Wie lange dauert ein durchschnittliches Bebauungsplanverfahren in Berlin?
Es dauert im Schnitt 9,2 Jahre. Als Investor schauen wir heute also auf ein Grundstück und müssen eine These finden, die uns erlaubt zu verstehen, welche Nutzung in einer knappen Dekade zu welchen Preisen marktfähig ist. Das kann nur eine Wette sein, die entsprechend spekulativ bewertet würde. Wir sind kein Grundstücksspekulant, sondern setzen um, bauen Mietwohnungen und Eigentumswohnungen und führen sie dem Markt zu. B-Plan-Verfahren spielen für uns daher aktuell nur eine nachgelagerte Rolle.
In welchem Berliner Bezirk würden Sie derzeit gerne Häuser oder Wohnungen bauen?
Wir planen und bauen aktuell in vielen Berliner Lagen, unter anderem in Charlottenburg, Kreuzberg oder Prenzlauer Berg. Geheimtipps gibt es keine mehr, aber Lagen, denen wir überdurchschnittlich viel Potential zuordnen. Spandau zum Beispiel mit Aufholpotential zum Rest der Stadt oder Köpenick wegen der Nähe zu Tesla und dem Flughafen BER. Weißensee ist einer der Ortsteile, die exemplarisch für die Entwicklung in der Stadt sind. Zuerst orientiert man sich als Neuberliner am Zentrum, dann stellt man fest, dass dieses zu voll und zu laut ist. Weißensee ist grün, hat eine kiezige Nachbarschaft und ist durch die Tram gut angebunden an den Alexanderplatz. Wir haben dort gerade 60 Wohnungen fertiggestellt.
Interessieren sich viele Kunden aus dem Ausland für eine Immobilie in Berlin?
Deutlich weniger als man glaubt. Wir werden häufig darauf angesprochen und bei der Politik ist teilweise der Eindruck entstanden, die Stadt wird ins Ausland verkauft. Bestätigen können wir das keinesfalls, Käufer aus dem Ausland sind klar in der Minderheit. Und die allermeisten bewohnen die Wohnung auch.
Ihr Vorschlag: Wie kann ein Spagat gelingen zwischen höherwertigen Eigentumswohnungen, auf die Sie sich konzentrieren, und bezahlbaren Mietwohnungen?
Ausschließlich im Dialog zwischen Senat, den Bezirken und der privaten Bauwirtschaft. Oft wird auch verkannt, dass viele Bauherren der Stadt freiwillig etwas zurückgeben. Wir bauen in bester Lage von Wilmersdorf freiwillig eine Kita, die langfristig zu sehr niedrigen Mieten vermietet wird, stellen Künstlern umsonst Räume zur Verfügung oder bauen bezahlbare Wohnungen dort, wo wir auch teure Eigentumswohnungen realisieren könnten. Aktuell zum Beispiel 55 Mietwohnungen, die zu einem Teil gefördert sind und an Mieter mit WBS vermietet werden. Die Mieter erhalten trotzdem einen Neubau mit bester Ausstattung, Energieeffizienz, Dachterrasse und Fitnessbereich für die Gemeinschaft. Wenn wir über eine innovative Idee ein gutes Produkt entwickeln können, dann sind wir dabei, auch wenn es nicht gewinnmaximiert ist – so nehme ich auch viele andere Projektentwickler und Bauträger wahr.
Wie hoch ist dort die Miete einer Wohnung?
Die geförderten Wohnungen liegen bei unter sieben Euro pro Quadratmeter. Das ganze nur wenigen Minuten vom Kurfürstendamm entfernt.
Sie haben drei Wünsche an den Senat frei. Diese sollten allen Wohnungssuchenden nutzen.
Erstens schnelle Entscheidungswege auf Ebene des Senats und in den Bezirken. Verzögerungen in den Genehmigungsverfahren sind aktuell das größte Hindernis im Wohnungsbau. Zweitens wünsche ich mir, Erstkäufer einfacher ins Eigentum zu bringen, etwa über geförderte IBB-Kredite und über Grunderwerbsteuererleichterungen für energieeffiziente Gebäude. Der dritte Wunsch ist, dass man gemeinsam gute Wege findet, bezahlbare Mietwohnungen und Eigentumswohnungen miteinander in Einklang zu bringen, denn beide haben in einer großen Stadt ihre Berechtigung.
Ihre städtebauliche Vision von Berlin 2050?
2050 wird es hoffentlich mehr Gebäude geben, die nach Kriterien einer ökologischen und ästhetischen Nachhaltigkeit gestaltet sind. Wenn Sie sehen, was heutzutage in der Stadt gebaut wird, dann ist das im Rahmen der Baugenehmigung zwar erlaubt, aber es wird in 20, 30 Jahren ästhetisch eine irrelevante Position einnehmen. Ich wünsche mir, dass Städtebau für die Zukunft auch von der Architekturseite begriffen wird. Damit Berlin die attraktive Stadt bleibt, die sie ist.
Die PRIMUS Immobilien AG ist ein führendes Projektentwicklungsunternehmen der Region Berlin-Brandenburg. Seit 1993 entwickelt, plant und baut sie mit mehr als 90 Mitarbeitern Wohn-, Gewerbe- und Ferienimmobilien. Derzeit verfügt das Unternehmen über ein Projektvolumen von ca. einer Milliarde Euro. Die personengeführte AG ist nicht börsennotiert und wird von den Vorständen Aleksander Mojski (CFO), Kerstin Kage (HR) sowie Sebastian Fischer (CEO) vertreten.