Für das Mehr an Lebensqualität
15.04.2025 - Lesezeit: 8 Minuten

Wie verhindern Unternehmerinnen und Unternehmer, sich aufzureiben? Coach Slatco Sterzenbach hat konkrete Tipps, wie sie diesem Schicksal entgehen und stattdessen ihr Unternehmen ebenso gelassen wie fokussiert zum Erfolg führen.
Wer Unternehmerinnen und Unternehmern zuhört, lernt: Eine Krise folgt auf die andere. Märkte ändern sich rasant. Erfolgserlebnisse sind selten und sämtliche Errungenschaften werden sofort von Wettbewerbern bedroht. Ist das nicht irre anstrengend?
Slatco Sterzenbach: Ja, das ist wahrlich anstrengend. Die bittere Wahrheit: Es wäre halb so anstrengend, wenn die Unternehmerinnen und Unternehmer sich das Leben nicht selbst so stressig machen würden.
Moment mal: Sie sind also selbst schuld an ihrem Stress?
Slatco Sterzenbach: Bei vielen greifen tief verankerte Muster und Konditionierungen, die ihnen selbst nicht bewusst sind. Ein Muster wie „Das Leben ist ein Kampf“ oder „Ich bin nur wertvoll, wenn ich etwas leiste“ führt im unternehmerischen Alltag zu Problemen. Wer sich zu stark mit dem eigenen Unternehmen identifiziert, kann nicht loslassen – das lässt das eigene Ego nicht zu. So wird es schwierig, Aufgaben zu delegieren. Schließlich kann man angeblich selbst alles am besten. Dann stellt sich die Frage: Hast du ein Unternehmen oder hat das Unternehmen dich?
Wie kann man gefährliche Muster erkennen und mit ihnen umgehen?
Slatco Sterzenbach: Indem sie sich überhaupt erst bewusst werden, dass es diese Muster gibt. Und indem sie erkunden, welche Muster sie prägen. Die entscheidenden Fragen lauten: Warum tue ich, was ich tue? Welche Emotionen treiben mich dabei? Bin ich zufrieden und erfüllt mit meinem Leben als Unternehmer oder eher ständig gestresst und genervt?
Unternehmerinnen und Unternehmer stellen sich ungern infrage. Wer ihnen so auf den Zahn fühlt, wird wahrscheinlich meist abwehrende Antworten erhalten, oder?
Slatco Sterzenbach: Wer mit sich zufrieden und im Reinen ist, wird sich solche Fragen nicht stellen. Das ist allerdings die Ausnahme. Irgendwo im Hinterkopf lauern bei den meisten genau diese Fragen. Doch anstatt sich mit ihnen zu beschäftigen, werden sie verdrängt. Das ist nicht nur schade, sondern kann auch die eigene Gesundheit massiv negativ beeinflussen. Meine Erfahrungen zeigen, dass mentale Barrieren häufig verhindern, dass Unternehmerinnen und Unternehmer erfolgreich und zugleich zufrieden sind. Was nützt ein Mehr an Umsatz, wenn damit kein Mehr an Lebensqualität einhergeht?
Wie bricht man diese mentalen Barrieren auf?
Slatco Sterzenbach: Dabei greifen fünf Faktoren ineinander. Den ersten Faktor nenne ich „State Management“: In welcher physischen und psychischen Verfassung bin ich? Viele betreiben Raubbau an ihrem eigenen Körper, an ihrer eigenen Seele. Wer sich im Alltag für das Unternehmen aufreibt, kann Herausforderungen weder gelassen noch entspannt annehmen. Der zweite Faktor: Fokus!
Unternehmerinnen und Unternehmer fokussieren sich doch total auf das Unternehmen!
Slatco Sterzenbach: Das ist mit „Fokus“ nicht gemeint. Ein Problem, mit dem wir alle zu kämpfen haben: Wir hören regelmäßig Nachrichten, und die überbringen zu 99 Prozent negative Botschaften. „Good news is no news“, sagen die Briten. Folgerichtig fokussieren wir uns auf das Negative und nehmen das viele Positive um uns herum gar nicht angemessen wahr. Und der Fokus auf die negativen Dinge stresst uns unbewusst und somit können wir nicht kreativ werden, um Probleme als Unternehmensführung entspannt zu lösen. Das führt – Faktor 3 – zu falschen Bewertungen. Herausforderungen werden als Problem statt als Chance gesehen. Wenn ich diese Herausforderung entspannt annehme, kann ich sie kreativ als Chance nutzen. Wenn ich mich hingegen als Opfer einer Krise sehe, fehlt mir diese Gelassenheit.
Fehlen noch zwei Faktoren, um mentale Barrieren zu überwinden.
Slatco Sterzenbach: Auch wenn der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt etwas anderes behauptet hat: Wir brauchen kraftvolle Visionen. Wenn Unternehmerinnen oder Unternehmer eine klare Vision haben, wo ihre Firma in drei oder fünf Jahren stehen soll, können sie diese Vision konsequent verfolgen. Statt sich von den Ereignissen treiben zu lassen. Dafür brauchen sie – fünfter und letzter Faktor – konkrete und messbare Ziele.
Vom Wissen um diese Faktoren bis zur Umsetzung ist es allerdings ein weiter Weg.
Slatco Sterzenbach: Wir alle sind Wissensgiganten, aber Umsetzungsdilettanten. Wie gesagt: Die meisten können schlecht loslassen. Es gibt eine gute Übung dagegen: 14 Tage lang alle halbe Stunde aufzuschreiben, was man gerade tut. Häufig stellt sich heraus: Es wird viel Zeit mit Aufgaben verplempert, die jemand anders schneller, vielleicht sogar besser, garantiert aber preiswerter erledigen kann. Angebote zu erstellen ist keine Aufgabe für den Chef, der hat dafür seine Mitarbeiter! Die Logik dahinter: Erst wenn man als Chef für die täglichen Aufgaben nicht mehr gebraucht wird, steigen auch Zufriedenheit und Lebensqualität. Beides kommt, das ist die positive Seite, dem Unternehmen zugute.
Wenn wir alle Umsetzungsdilettanten sind, wie erreichen wir trotzdem dieses Ziel?
Slatco Sterzenbach: Auch wenn ich jetzt in eigener Sache spreche: mit dem richtigen Coach an der Seite. Wir begleiten Führungskräfte über einen längeren Zeitraum, damit sie dran bleiben – und ihre selbst gesteckten Ziele tatsächlich erreichen.
Wenn Sie als Keynote Speaker auftreten, blicken Sie dann häufig in abweisende Gesichter nach dem Motto „Keine Ahnung, von wem der spricht, aber garantiert nicht von mir!“?
Slatco Sterzenbach: Das kommt nur sehr selten vor. Die meisten Menschen sind dankbar. Die erzählen sich selbst häufig seit Jahren Bullshit-Storys und wissen selbst, dass die nicht stimmen. Wenn es bei nur einer Person im Publikum „klick“ macht – schon dann hat sich der Abend gelohnt.

Slatco Sterzenbach hat kürzlich einen Vortrag vor dem UC Brandenburg gehalten – am Rande dieses Termins haben wir uns mit ihm unterhalten. Sterzenbach begleitet als NLP- und emTrace-geschulter Coach mit seinen Mentaltechniken viele Unternehmer, Vorstände und Geschäftsführer. Er hat 17mal den IRONMAN-Triathlon bewältigt und mittlerweile sechs Bücher geschrieben. Das neueste: „Iron.Mind – Die 55 Geheimnisse der Peak Performance“.