KI: Schlaue Helfer im Handwerk

04.02.2025 - Lesezeit: 10 Minuten

Drei gestapelte Schrippen, in die Kabel gesteckt wurden
© Marcel Schwickerath

Generative Künstliche Intelligenz (KI) wie ChatGPT zu nutzen, ist – mit etwas Übung – einfach. Im Handwerk hilft solche KI, Prozesse zu verschlanken und Kosten zu senken. Allerdings sind die Berührungsängste oft noch groß. Grünlers Backstube in Oranienburg hat einen Versuch gewagt.

In der gläsernen Auslage von Grünlers Backstube locken Käsetörtchen in Blumenform und Mini-Butterkränze. Die Konditormeisterin und Betriebswirtin Katja Grünler-Erchinger gründete die Backstube in Oranienburg vor 15 Jahren, inzwischen gibt es noch einen Backshop in Borgsdorf. Inklusive der Aushilfen beschäftigt sie 35 Mitarbeiter*innen. Die haben gut zu tun, denn hier wird alles noch von Hand gebacken. „Allein am Wochenende gehen bei uns sechs- bis siebentausend Brötchen über den Tresen“, sagt Grünler-Erchinger.

Je mehr das Unternehmen wächst, desto mehr Zeit muss sie in organisatorische Aufgaben investieren: „Von rund 50 Arbeitsstunden in der Woche gehen rund 30 für Buchhaltung, Personalplanung und Korrespondenz drauf“, sagt Grünler-Erchinger. Die Digitalisierung ihres Unternehmens hat sie bereits eingeschient: Eine App erfasst, wie viele Backwaren täglich verkauft werden, demnächst können Kunden über ein digitales Kassensystem ihre Brötchen online vorbestellen. Künstliche Intelligenz (KI) in ihre Abläufe zu integrieren, daran hat die Konditorin bisher allerdings weniger gedacht: „Ich bin technisch einfach nicht so bewandert.“

Im Handwerk die Scheu vor KI überwinden

Katja Grünler-Erchinger steht mit ihren Bedenken nicht allein. Zwar nutzen laut einer Bitkom-Studie aus dem Jahr 2022 bereits rund zwei Drittel aller deutschen Handwerksbetriebe digitale Technologien und Anwendungen. Doch beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz in ihren Geschäfts- und Verwaltungsprozessen warten acht von zehn befragten Unternehmen erst einmal ab, welche Erfahrungen andere machen, so eine zweite Bitkom-Studie. Die rasante Entwicklung sogenannter Großer Sprachmodelle wie ChatGPT hat in den vergangenen zwei Jahren allerdings etwas Entscheidendes verändert: Jeder kann Künstliche Intelligenz ohne technisches Vorwissen kostenlos nutzen. 

„Große Sprachmodelle sind darauf programmiert, überzeugend plausible und oft auch empathische Antworten auf unsere Fragen zu liefern“, erläutert Mark Reinke. „Solche generative KI kann quasi immer das nächste Wort in einer Aufgabe vorhersagen, das hat sie aus vielen Interaktionen mit Menschen gelernt.“ Data Scientist Reinke hat zusammen mit seinem Kollegen André Kischkel eine Firma gegründet, Exdatis, um Unternehmen bei der Implementierung von Künstlicher Intelligenz zu unterstützen. Sie entwickeln individuelle KI-Lösungen und vermitteln ihren Kunden in Trainings unter anderem, wie man ChatGPT in den Arbeitsalltag integrieren kann. Auch bei der Berliner Volksbank, deren Mitglied die beiden sind, haben sie bereits Schulungen gegeben.

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KI und die Datensicherheit

Bedenken hat Konditormeisterin Grünler-Erchinger allerdings bezüglich der Sicherheit ihrer Daten. Mark Reinke und André Kischkel empfehlen ihr, Bezahlversionen zu verwenden. Bei ChatGPT beispielweise belaufen sich die monatlichen Kosten auf rund 20 Euro im Monat. Die eingespeisten Daten werden dann nicht für das Training der KI genutzt – vorausgesetzt, man deaktiviert die entsprechende Einstellung in der Seitenleiste. „Sensible Daten wie Umsatzzahlen, Mitarbeiternamen oder rechtlich problematische Inhalte würde ich trotzdem nicht einfüttern“, rät Reinke. Wichtig sei es außerdem, die Ergebnisse noch einmal gründlich zu überprüfen. „Die KI neigt zu Ungenauigkeiten, sogenannten Halluzinationen“, sagt Reinke. Und im Rechnen sei sie generell noch nicht so gut. Ohne den Menschen geht es daher nicht. Sein Tipp: „Sie als Partner zu betrachten und nicht als allwissende Instanz.“ Ansonsten gelte: Keine Berührungsängste – und einfach loslegen!

Katja Grünler-Erchinger hat ihre Scheu gegenüber ChatGPT schon in dieser ersten Übung verloren. „Hätte ich gewusst, dass die Anwendung so unkompliziert und kostengünstig ist, hätte ich generative KI viel früher eingesetzt“, sagt die Konditorin. Sie plant, sich tiefer einzuarbeiten und demnächst eine Mitarbeiterin aus dem Marketing in eine Exdatis-Schulung zu schicken. Das Handwerk müsse schließlich zukunftssicherer werden. Dazu gehöre auch, dass Kunden und Geschäftspartner merken: Man bleibt am Ball. „Wenn ich mir dabei perspektivisch die Arbeit noch etwas erleichtern kann – umso besser!“ 

10 Tipps von Exdatis zum Umgang mit ChatGPT

  • Schreibe klare und spezifische Anweisungen.
  • Weise dem Modell im Prompt eine spezifische Rolle zu, etwa „wortgewandte Journalistin“ oder „Vertreter der Generation Z“.
  • Behalte deine Zielgruppe im Blick: Beschreibe, an wen sich die KI richten soll.
  • Zerlege komplexe Aufgaben in Teilaufgaben.
  • Step-by-Step: Leite die KI zum schrittweisen Denken an.
  • Verwende Beispiele: Füttere die KI mit Text- oder Bildbeispielen im gewünschten Stil.
  • Komme direkt zur Sache: Höflichkeitsfloskeln wie „bitte“ und „danke“ sind nicht nötig.
  • Nutze Wiederholungen: Auf wichtige Dinge mehrfach hinweisen.
  • Betrachte KI als Person, nicht als Software: Sie ist unvorhersehbar und macht Fehler.
  • Sei ausdauernd: Die Interaktion mit KI kann mitunter frustrierend sein, aber das Dranbleiben lohnt sich!

5 praktische KI-Tools

  • ChatGPT (Anmeldung über openai.com) kostenlos, Plus-Version 20 Dollar pro Monat mit höherer Datensicherheit
  • Perplexity (perplexity.ai), kostenlos, Konversations-Suchmaschine auf Basis generativer KI, mit Quellenangaben, kostenlos, Pro-Version 20 Dollar pro Monat   
  • DeepL (deepl.com) schnelle Übersetzung von Texten, kostenlos, Bezahlversion mit höherer Datensicherheit ab 7,49 Euro pro Monat   
  • Ideogram (ideogram.ai), Text-zu-Bild-Generator, mit dem sich auch Logos gestalten lassen, Testversion kostenlos, Premium-Version ab 10 Dollar pro Monat 
  • Replicate (replicate.com), Texte, Bilder und Musik selbst kreieren, Testversion kostenlos, Abrechnung nach Nutzung

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