Mittelstand: "Hurra, wir leben noch!"
01.12.2023 - Lesezeit: 3 Minuten
Die Lage ist bescheiden, die Aussichten sind düster. Es herrscht schlechte Stimmung in deutschen Unternehmen. Das liegt an mangelnden Aufträgen, fehlenden Fachkräften und der überbordenden Bürokratie. Doch wie die Studie „Mittelstand im Mittelpunkt“ der DZ Bank und des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) herausarbeitet: Die Gesamtsituation ist besser als die Stimmung.
Nur zu gut kennt der deutsche Mittelstand den Krisenmodus: Corona, Ukraine-Krieg, Lieferprobleme, dazu rasant steigende Inflationsraten. Wird es 2024 endlich besser? Wer die Mittelständler fragt, erhält ernüchternde Antworten. Tenor: Hurra, wir leben noch! Ein Rezessionsjahr hat Deutschland just überstanden, nächstes Jahr wird es kaum besser werden. Das Research-Team der DZ-Bank sieht „eine Art strukturellen Pessimismus, der mit den vielen Unsicherheiten und dem Ärger über die Wirtschaftspolitik zu tun hat.“
Im Frühjahr gab es bei den Mittelständlern noch Hoffnungen auf eine anziehende Konjunktur. Das ist vorbei. Jetzt erreicht die Sorge um die Auftragslage ein neues Allzeit-Hoch, heißt es in der Studie „Mittelstand im Mittelpunkt“. 46 Prozent der mehr als 1.000 Befragten machen sich Sorgen, ob künftig Aufträge ausbleiben. Das sind mehr als doppelt so viel, wie noch Ende 2023. Jeder dritte Mittelständler geht davon aus, dass sich seine Geschäftslage in den kommenden Monaten verschlechtern wird. Tatsächlich sind die Kapazitäten im verarbeitenden Gewerbe nur zu gut 80 Prozent ausgelastet, laut Studie deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt. Statt auf Expansion setzt der Mittelstand daher eher auf Wartung, Reparatur und Ersatz von Maschinen.
Zu viel Bürokratie, zu wenig Fachkräfte
Obwohl weniger Gelder für Investitionen aufgenommen werden müssen, steigt der Finanzierungsbedarf im Mittelstand. 20,7 Prozent der befragten Unternehmen suchen das Gespräch mit ihrer Bank – das ist der höchste Wert seit Beginn der Corona-Krise. Meist geht es in diesen Bankgesprächen um Kredite: Sie bleiben für vier von fünf Mittelständlern das bevorzugte Mittel zur Deckung ihres Finanzierungsbedarfs.
Sich mit dem Geld von der Bank um das eigene Geschäft zu kümmern wäre deutlich leichter, wären nicht immer mehr gesetzliche Vorgaben und Regeln einzuhalten. Die Bürokratie wird seit zehn Jahren verlässlich von mindestens zwei Drittel der Mittelständler als Problemfeld identifiziert. „Eine solche Kontinuität kann nicht mehr der Fachkräftemangel vorweisen“, heißt es in der Studie, auch wenn die Suche nach Fachkräften auch in diesem Jahr als drängendstes Problem identifiziert wird – außer in Ostdeutschland. Nicht weil es dort mehr Fachkräfte gibt: Die ausufernde Bürokratie, sagen die Mittelständler dort, sei sogar noch schlimmer.
Drei Indizien, die Hoffnung spenden
Überraschenderweise wirkt sich der Fachkräftemangel in gewisser Weise sogar positiv aus. Als „Folge eines langfristigen Umdenkens“, so die Mittelstands-Studie, halten die Unternehmen ihre Fachkräfte in der Firma, auch wenn die Konjunktur gerade schlechter läuft. Sobald die Auftragslage anzieht, können sie sofort loslegen.
Es ist nicht die einzige positive Entwicklung. Das Problem der Lieferengpässe scheint weitgehend gelöst, damit steigt das Interesse an einem Engagement im Ausland wieder. Drei Viertel der Mittelständler mit einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro sind grenzüberschreitend aktiv.
Ein drittes zuversichtlich stimmendes Indiz ist die Eigenkapitalquote. Sie liegt laut „Mittelstand im Mittelpunkt“-Studie weiterhin stabil über 29 Prozent. Mögen Lage und Stimmung auch bescheiden sein: So leicht wirft die schwache Konjunktur die deutschen Mittelständler nicht um.