„Resilienz macht Erfolg erst möglich“
11.05.2023 - Lesezeit: 5 Minuten
Dank Resilienz gestärkt aus Krisen hervorgehen: ein verlockendes Ziel. Wie Unternehmen dieses Ziel erreichen und was sie dafür tun müssen, hat Keynote Speaker und Resilienz-Coach Markus Czerner den Gästen im Unternehmer-Club Brandenburg verraten. Thomas Killius, Bereichsleiter Firmenkunden der Berliner Volksbank, hat vorher mit ihm gesprochen.
„Unternehmerischer Erfolg wird positiv durch Resilienz beeinflusst“: Das ist die Kernerkenntnis einer aktuellen Mittelstandsstudie. Stimmen Sie zu?
Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen: Resilienz macht diesen Erfolg erst möglich. Das liegt einfach daran, dass Erfolg selten über Nacht kommt. Alle Unternehmen müssen Krisen und harte Zeiten überstehen, sie fallen immer mal wieder auf die Nase. Wer liegen bleibt, ist draußen. Wer weitermacht und aus Misserfolgen und Nackenschlägen lernt, der zeigt sich resilient.
Vielleicht sollten wir erst einmal klären, was Sie unter „Resilienz“ verstehen.
Resilienz verstehe ich als innere Widerstandskraft, die uns Krisen überstehen lässt. Resilienz macht uns nicht immun gegen Krisen und Rückschläge – das ist ein häufiges Missverständnis. Aber sie hilft uns, schwierige Situationen erfolgreich zu meistern. Wir können nicht immer entscheiden, was passiert. Aber wir können immer entscheiden, wie wir damit umgehen.
Lassen Sie mich noch mal die Mittelstandsstudie zitieren. „Resilient wird man nicht während, sondern vor der Krise“, steht dort. Kann es daher überhaupt funktionieren, jetzt resilienter werden zu wollen?
Ja – aber nur für die kommenden Krisen. Aus den aktuellen Krisen – erst Corona, dann Lieferengpässe, jetzt Inflation und rasant gestiegene Energiepreise – entspringt der Wunsch der Unternehmen, möglichst schon jetzt resilient zu sein. Doch da hapert es an der Umsetzung. Wenn ich mich gesund ernähren will, aber trotzdem weiter Fastfood in mich hineinstopfe – das kann nur schief gehen.
Wo liegt der Denkfehler bei den Unternehmen?
Wer Resilienz aufbauen will, kann nicht so weitermachen wie bisher. Um das an einem zentralen Punkt festzumachen: In Deutschland tun sich Unternehmen schwer damit, Defizite zuzugeben. Alle wollen immer so toll wie möglich dastehen – nach innen wie nach außen. Allerdings ist kein Unternehmen perfekt. Um überhaupt Resilienz aufbauen zu können, muss man akzeptieren, dass man als Unternehmen auch Defizite hat, dass man nicht hundertprozentig krisensicher ist und nicht gegen alle Herausforderungen gewappnet ist. Dann kann man beginnen, nachzuforschen: Woran liegt das?
Und es liegt an der mangelnden Resilienz? Das wäre doch ein Zirkelschluss.
Resilienz ist nur ein Symptom. Resilienz zeigt, dass ich als Unternehmen über den richtigen Mindset verfüge, um tatsächlich gestärkt aus Krisen hervorzugehen. Aber dazu muss ich erkennen, dass ich nicht perfekt bin – und wo es Defizite gibt. Die Nachforschungen können ganz unterschiedliche Ergebnisse zu Tage fördern. Die eine Firma klammert sich an längst überholte Pläne. In der anderen weiß nur der Chef um die Strategie – die Belegschaft bleibt im Dunkeln. Ein dritter Betrieb melkt ewig seine Cash Cow, weil es keine überzeugenden Innovationen in der Pipeline gibt. Was auch immer es an Defiziten geben mag: Entscheidend ist, wie man damit umgeht. Das wiederum ist eine Frage des Selbstbewusstseins. Bei einigen bricht in Krisen das Fundament zusammen, dann geht das Unternehmen vor die Hunde. Wer hingegen selbstbewusst auf Probleme reagiert, strahlt auch die entsprechende „Wir kriegen das hin!“-Zuversicht aus.
Defizite erkenne ich allerdings erst in Krisenphasen. Vorher läuft ja alles, wenn auch nicht immer rund.
Deshalb sollten wir uns nicht erst in existenzbedrohenden Krisen mit Resilienz beschäftigen, sondern schon vorher. Unternehmen sollten sich fragen, wenn es gerade nicht so gut läuft: Woran liegt das, wie gehen wir damit um? Wer schon leise Zweifel und erste Unsicherheiten ernst nimmt, der kann Resilienz aufbauen. Aber jetzt anzupacken, was lange Jahre versäumt wurde und dann umgehend Ergebnisse zu erwarten – so funktioniert das nicht.
Was hält Unternehmen davon ab, bereits Resilienz aufgebaut zu haben?
Ein wichtiger Aspekt ist der Umgang mit Fehlern. Wir reden gern über unsere Stärken und ungern über unsere Schwächen. In vielen Unternehmen führt das dazu, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelrecht Angst haben, Fehler zu machen – in Krisenzeiten, wo man seitens vieler Chefetagen keine Fehler machen sollte, umso mehr.
Fehler sind ja auch nichts, worauf man stolz sein sollte.
Aus Fehlern lernt man. Resiliente Unternehmen lassen sich daran erkennen, dass es für die Mitarbeitenden kein Tabu ist, Fehler zu machen. Die Logik muss eine andere werden. Um das mal persönlich an mir festzumachen: Ich bin nicht stolz auf die Fehler, die ich bisher in meinem Leben gemacht habe. Aber ich bin dankbar dafür, weil ich sie genutzt habe, um ein besserer Mensch zu werden. An diesem Umgang mit Fehlern sollten sich auch Unternehmen orientieren.
Was Sie vorschlagen, erfordert bei vielen Firmen, die gesamte Unternehmenskultur komplett umzustülpen. Ist das überhaupt realistisch?
Ja, weil es die einzige Überlebenschance ist. Dabei geht es um weitaus mehr als um Resilienz. Unternehmen müssen flexibel und offen auf jetzige und künftige Herausforderungen zugehen – und brauchen den entsprechenden Mindset dafür. Wer sich an die Erfolge von gestern klammert, hat schlechte Karten. Wer sich starr an seine Pläne klammert, dem droht dasselbe. Ständig passieren Dinge, die nicht vorhersehbar sind – und auf einmal ändern sich die Spielregeln. Wer das ignoriert, wird untergehen. Zu den Gewinnern von morgen werden Unternehmen zählen, die flexibel und agil sind, die Chancen sehen und ergreifen.
Und die Unternehmer*innen müssen der Belegschaft diese Zuversicht vorleben?
Sie müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitnehmen, damit ein Wir-Gefühl entsteht. „Wir schaffen das!“ So signalisieren die Chefs, dass sie sich auf ihre Belegschaft verlassen. Und die weiß, dass sie sich auf die Führungs-Crew verlassen kann. Und gemeinsam schaffen sie es wirklich!