5 Tipps für Unternehmen, um auf die Inflation zu reagieren
04.08.2022 - Lesezeit: 5 Minuten
Lieferengpässe, teure Rohstoffe und steigende Energiekosten – die Inflation in Deutschland ist so hoch wie seit 1974 nicht mehr. Mit diesen fünf Maßnahmen können Unternehmen auf steigende Preise reagieren.
Die Preissteigerungen erfassen immer mehr Bereiche des Wirtschaftslebens. „Hauptursache für die hohe Inflation sind nach wie vor Preiserhöhungen bei den Energieprodukten“, sagte Statistikamts-Präsident Georg Thiel. „Aber wir beobachten auch Preisanstiege bei vielen anderen Gütern, besonders bei den Nahrungsmitteln.“ Das Ergebnis: Die Inflationsrate dürfte laut der Konjunkturprognose des IFO Instituts für Wirtschaftsforschung in diesem Jahr mit 6,8% den höchsten Wert seit dem Jahr 1974 erreichen. Die EZB hat bereits darauf reagiert und plant den Leitzins zu erhöhen, um mehr Preisstabilität zu erreichen. Allerdings gehen Expert:innen davon aus, dass diese Maßnahme erst in über zwölf Monaten Einfluss auf die Inflation haben wird. Daher dürften auch 2022 die Verbraucherpreise laut IFO mit 3,3% überdurchschnittlich stark steigen. Unternehmer:innen müssen also auch in den nächsten Monaten mit steigenden Preisen umgehen. Mit diesen Maßnahmen gegen die Teuerung kann es gelingen:
#1 Höhere Kosten weitergeben
Um Verluste durch Preissteigerungen zu vermeiden, müssen viele Unternehmen die gestiegenen Ausgaben an ihre Kund:innen weitergeben. Fast die Hälfte plant laut einer aktuellen Umfrage des IFO aktuell Preiserhöhungen, vor allem der Handel, die Industrie, Dienstleister und die Baubranche. Irgendwann ist allerdings beim Preis ein kritischer Punkt erreicht, an dem Kund:innen zur Konkurrenz abwandern oder ihre Konsumentscheidungen zurückstellen. Daher sollten Unternehmer:innen die Wettbewerbssituation der eigenen Branche genau analysieren, um herauszufinden, bis zu welchem Punkt sie ihren Kund:innen gestiegene Kosten in Rechnung stellen können.
#2 Kosten drücken
Wenn Unternehmen gestiegene Kosten für Material, Energie oder Dienstleistungen nicht mehr ihren Kund:innen in Rechnung stellen können, gilt es die Kosten zu senken. Nachhaltige Optionen sind: die Produktivität steigern und Prozesse effizienter gestalten. In vielen Fällen lassen sich Arbeitsabläufe durch innovative Maschinen oder Software beschleunigen und so Kosten für Personal und Material einsparen. Solche Investitionen lohnen sich besonders, wenn auf dem Geschäftskonto überschüssige Liquidität liegt. In Zeiten steigender Preise verliert Geld immer mehr an Wert. Daher ist es gerade jetzt sinnvoll, notwendige Investitionen anzuschieben.
#3 Flexible Verträge abschließen
In Zeiten der Inflation sind Preissprünge normal und kaum vorhersehbar. So gab es in den letzten Monaten durch den Krieg gegen die Ukraine nicht nur einen Anstieg der Preise von Rohstoffen wie Öl, Erdgas oder Aluminium, sondern auch von Stahlrohren und Dämmungen. Wer also langfristige Projekte wie Bauvorhaben plant, sollte deshalb keine Festpreise vereinbaren, sondern flexible Verträge abschließen. Üblich sind sogenannte Preisgleitklauseln. Hiermit behalten sich Unternehmen das Recht vor, zum Beispiel gestiegene Preise für Rohstoffe oder Energie an ihre Kunden weiterzuleiten. Auch Darlehen bei Kreditinstituten können variabel gestaltet werden. So können Kund:innen mit ihrer Bank flexible Darlehen aushandeln, die Preissteigerungen gegen eine Prämie absichern.
Der Experte
Thomas R. Killius verantwortet seit 2013 den Bereich Firmenkunden der Berliner Volksbank mit rund 250 Mitarbeitenden. Täglich begeistert er sein Umfeld für die Kreativmetropole und die Dynamik der Wirtschaftsstandorte Berlin und Brandenburg. Er ist ein anerkannter Führungs- und Vertriebsexperte. Thomas Killius hat neben einem Generalmanagementstudium an der St.Galler Business School in Harvard das AMP Programm absolviert.
#4 Den Lieferantenkreis erweitern
Um Preiserhöhungen vorzubeugen, haben viele Unternehmen langfristige Verträge mit Lieferanten abgeschlossen. Allerdings steigen aktuell auch deren Kosten und sie werden diese früher oder später weitergeben. Daher ist es sinnvoll, parallel seinen Lieferantenkreis zu erweitern. Wer seine Ware auch bei anderen Anbietern und damit eventuell günstiger beziehen kann, verschafft sich gerade in Zeiten der Inflation einen Wettbewerbsvorteil.
#5 Liquide bleiben
Die Inflation trifft Firmen besonders hart, die ihr Umlaufvermögen nicht im Griff haben. Daher sollten Unternehmer:innen besonders darauf achten, die Zahlungsfristen ihrer Verbindlichkeiten bei Lieferanten und Geschäftspartnern auszuschöpfen. Um ausreichend Geld in der Kasse zu haben, sollten sie zudem Kund:innen dazu bewegen, Rechnungen pünktlich bezahlen. Die Forderungen können auch an einen Factorer ausgelagert werden, der gegen eine Gebühr nicht nur Rechnungsstellung, Mahnwesen und Inkasso übernimmt, sondern auch das Ausfallrisiko trägt. Unternehmen erhalten so direkt nach Rechnungsstellung Liquidität.
Ausreichend finanzielle Mittel können sich Firmen auch über ihre Hausbanken sichern, indem sie sich eine Kreditlinie, also ein jederzeit verfügbares Darlehen über eine bestimmte Höhe, einrichten lassen. Zudem können sie sich Darlehen über idealerweise drei bis fünf Jahre zu einem festen Zinssatz oder zu einer festen Marge zusagen lassen. „Das ist zwar eventuell etwas teurer, wird sich aber auf lange Sicht trotzdem rechnen, denn wir gehen davon aus, dass die Zinsen weiter steigen“, sagt Thomas Killius, Bereichsleiter Firmenkunden der Berliner Volksbank.