Die Wohlfühlmacher: pedag International
22.09.2022 - Lesezeit: 5 Minuten
Unsere Füße sind täglich hohen Belastungen ausgesetzt, denn sie tragen uns ein Leben lang über Stock und Stein. Schmerzen und Haltungsschäden sind oft vorprogrammiert. Die Firma pedag International in Königs Wusterhausen bietet mit ihren Einlagen Linderung – handgefertigt.
Messerscharf fährt die Maschine durch das Rindsleder und spaltet es in zwei Teile. Aus dünn wird hauchdünn. Genauer gesagt: 1,35 Millimeter. Damit die Einlage später bequem auch in modische Schuhe passt. Eine Mitarbeiterin legt die ledernen Decksohlen auf einen kleinen, mit einem Gummiband versehenen Stapel. Die Rohlinge wandern anschließend in eine blaue Kunststoffkiste, werden dann mit einer anatomisch geformten Pelotte versehen, verpresst, geprägt, kaschiert und vernäht. Bis sie schließlich – qualitätsgeprüft und fertig verpackt – zur Auslieferung bereitliegen.
Bis zu sechs Millionen Paar Einlegesohlen und komfortable Fußbettungen werden jährlich im Werk von pedag International in Königs Wusterhausen produziert – und alle sind sie handgefertigt. »Bis zu neun komplexe Arbeitsschritte stecken in jedem unserer Produkte«, sagt Thomas Timm. Der dynamisch wirkende 63-Jährige ist seit 1995 Geschäftsführer der Schelchen GmbH und im Geschäftsführungsteam verantwortlich für die Marke pedag. »Unser Anspruch ist es, hochwertige Produkte bevorzugt aus natürlichen Materialien herzustellen, die den Menschen helfen, ihre Füße gesund zu erhalten. Wenn Probleme auftreten, können unsere Einlegesohlen Schmerzen lindern – oder aber Bewegungsabläufe verbessern.«
Seriengefertigt per Hand und Maschine
Probleme, das heißt zum Beispiel: Senk- oder Spreizfüße, Fersensporne, Ballenzehen, Ein- oder Auswärtsrotationen der Fußgelenke. Oder einfach nur: strapazierte, müde Füße. Die Firma Schelchen hat seit mehr als 60 Jahren Erfahrung auf dem Gebiet der Fußgesundheit. 1955 wurde das auch heute noch inhabergeführte Unternehmen von Hartmut Schelchen gegründet. Da die Qualität der Einlegesohlen auf dem Markt nicht seinen Vorstellungen entsprach, stellte er ab 1965 selbst welche her – in einem ehemaligen Kuhstall in Berlin-Charlottenburg. Seine Produkte wurden schnell zum Verkaufsschlager. Nach einer Zwischenstation in Berlin-Schöneberg zog das wachsende Unternehmen 1993 ins Berliner Umland. Heute ist pedag International der größte deutsche Hersteller von Einlegesohlen und Fußbettungen in Deutschland. Gern gekauft werden die Produkte auch in Ländern, in denen Patienten orthopädische Einlagen selbst finanzieren müssen – wie in Kroatien, Portugal oder den USA.
In Deutschland sind pedag-Sohlen vorwiegend über den Schuhfachhandel erhältlich. Doch was unterscheidet die seriengefertigte Einlegesohle aus Königs Wusterhausen von medizinisch verschriebenen orthopädischen Einlagen? »Die orthopädische Maßanfertigung geht individueller auf Details der Fußanatomie ein. Vom Tragen her aber kann es sehr gut sein, dass ein Kunde gar keinen großen Unterschied feststellen wird zwischen unserem und einem maßgefertigten Produkt. Weil ihm beides guttut«, so Thomas Timm.
Seriengefertige Sohlen für fast jedes Fußproblem
Rund 160.000 Kilometer legt der Mensch im Laufe seines Lebens zu Fuß zurück. Hinzu kommt langes Stehen. Das belastet Muskeln, Sehnen und Gelenke. Ausweichbewegungen und Fehlstellungen führen zu Folgeschäden, die sich in einer Linie vom Fuß über Knie, Becken und Rücken hinweg bis hin zum Kopf aufbauen können. Der Fachmann spricht vom Bottom-up-Effekt. Anatomisch geformte Einlagen können helfen, die Körperhaltung zu stabilisieren und zu regulieren. »Unsere Fußsohle ist ein Hohlgewölbe«, erläutert Thomas Timm. »Laufe ich auf flachem, hartem Boden, ist das meist nicht sehr angenehm. Wenn ich aber Unterstützung im Längs- und Quergewölbe habe, wird der Fußdruck ganz anders verteilt.«
Um den unterschiedlichen Fußformen der Käufer zu entsprechen, gibt es pedag-Sohlen in vielen Varianten – von der Spreizfuß- über die Barfußeinlage mit Fußbett bis hin zur stoßdämpfenden Sportsohle. Bei der Fertigung und beim Einpassen von fußunterstützenden Elementen arbeitet pedag mit Durchschnittswerten und verwendet außerdem weiche, natürliche Rohmaterialien wie Leder, Kork und Bambusfrottee. »Eine Pelotte sitzt dann vielleicht nicht ganz so exakt wie bei der orthopädischen Maßanfertigung, aber sie ist ausgeprägt genug, um einen positiven Effekt auf Fuß und Muskulatur zu haben, und weich genug, um nicht zu stören. Wir verstehen uns als Wohlfühlmacher. Das Geheimnis unseres Erfolges sind unser Know-how, Naturmaterialien und Handarbeit«, so Thomas Timm. Und wie zur Bekräftigung surren im Hintergrund die Maschinen der Näherinnen.