In 5 Schritten zum Nachhaltigkeitsmanagement
14.11.2024 - Lesezeit: 7 Minuten
Immer mehr Unternehmen müssen Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen. Um über gutes Tun prüfungssicher zu berichten, braucht es ein funktionierendes Nachhaltigkeitsmanagement.
Seitdem die Folgen des Klimawandels praktisch überall auf der Welt spürbar, das Bewusstsein für menschenwürdiges Arbeiten gewachsen und die Verantwortung von Unternehmen in der öffentlichen Diskussion angekommen sind, hat sich die Erkenntnis auf breiter Basis durchgesetzt: Es muss nachhaltiger gehandelt werden. Was das einzelne Unternehmen beitragen kann, um Wirtschaft und Gesellschaft auch für künftige Generationen lebenswert zu gestalten, soll außerdem für alle, die es interessiert, transparent dargelegt werden. Dazu ist ein Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen. Große Unternehmen hat der Gesetzgeber schon seit 2017 verpflichtet, ihre Nachhaltigkeitsleistung zu dokumentieren. Künftig wird der Kreis erweitert und auch mittelständische Unternehmen sind zur Offenlegung aufgefordert. Entscheidend sind die Zahl der Beschäftigten, die Bilanzsumme und der Umsatz. Nach Schätzungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer könnten in den nächsten Jahren zeitlich gestaffelt rund 14.000 Unternehmen in Deutschland betroffen sein.
Grundlage sind Vorgaben aus Brüssel, die Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD. Das Neue daran: Künftige Nachhaltigkeitsberichte orientieren sich an detaillierten Standards und erfassen die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit: Ökologie, Soziales und Unternehmensführung (ESG, abgekürzt für engl. Environment, Social, Governance). Kund*innen, Geschäftspartner*innen, Investor*innen und andere Stakeholder können so anhand valider und vergleichbarer Zahlen beurteilen, wie ernst es ein bestimmtes Unternehmen mit dem nachhaltigen Wirtschaften meint.
CSRD: Nachhaltigkeit braucht Daten
Die Vorgaben stellen die meisten Unternehmen vor Herausforderungen.
- Woher sollen sie die Daten zum Beispiel für eine Klimabilanz bekommen? In einer Umfrage bekennen 60 Prozent der deutschlandweit befragten Unternehmen, es überfordere sie, die Informationen zu liefern. Zwei Drittel der Entscheider*innen bewerten den Aufwand als problematisch, die Hälfte klagt über die mangelnde Qualität von bereits vorliegenden Daten.
- Die CSRD-Berichtsinhalte orientieren sich an den ESG-Kriterien und setzen also ein umfassendes Verständnis von Nachhaltigkeit voraus, das in vielen Unternehmen erst allmählich wächst.
Was also tun?
Am besten: Die Herausforderung unternehmerisch anpacken!
Zunächst einmal hilft es, das eigene Unternehmen im Hinblick auf die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit zu betrachten. Ist das Unternehmen ein Produktionsbetrieb, hat es vermutlich einen größeren Einfluss auf Natur und Umwelt als ein Dienstleistungsunternehmen. Ein Betrieb mit vielen Beschäftigten ist stärker in soziale Themen involviert als einer, in dem Abläufe digitalisiert oder automatisiert sind. Unternehmen, deren Lieferkette mehrere Stationen durchläuft, blicken anders auf Menschenrechte als solche, die an einen einzigen Standort in Deutschland gebunden sind. Sich mit der Relevanz von ESG auseinanderzusetzen bedeutet, Nachhaltigkeit als zentrale Aufgabe im Unternehmen zu begreifen – und ein passgenaues Nachhaltigkeitsmanagement aufzubauen. Es wird zur zentralen Schaltstelle für alle Nachhaltigkeitsinitiativen und -Projekte des Unternehmens.
So bauen Sie ein Nachhaltigkeitsmanagement auf
Der Aufbau eines Nachhaltigkeitsmanagements fordert ein Commitment. Im Unternehmen befassen sich Mitarbeiter*innen und Führungskräfte mit der Kultur, den Werten und einer Vision: Ist Nachhaltigkeit wichtig für uns? Das muss mit einem klaren „Ja“ beantwortet werden. Dann bekommt das Thema strategische Bedeutung und aus dieser ergeben sich Ziele, Konzepte und Maßnahmen, Nachhaltigkeit in die betriebliche Praxis zu integrieren.
Schritt 1: Bestandsaufnahme
Nachhaltigkeitsmanagement beginnt daher mit einer Bestandsaufnahme: Ein Projektteam, gemischt aus verschiedenen Abteilungen oder Fachbereichen eines Unternehmens, sollte die Informationen zusammentragen. Dabei unterstützen Checklisten, die inzwischen verschiedentlich angeboten werden. Ein häufig überraschendes Ergebnis: Wir sind nachhaltiger als wir dachten! Denn durch die Einbeziehung von Umwelt, Sozialem und Unternehmensführung ergeben sich Felder, auf denen so manches Unternehmen bereits nachhaltig unterwegs ist. Dennoch: nobody is perfect. Handlungsbedarf besteht praktisch immer, das lehrt die Erfahrung mit CSRD!
Schritt 2: Wesentlichkeitsanalyse
Handlungsbedarf zu erkennen, heißt nicht, sofort auf allen Feldern aktiv zu werden. Mittels einer Wesentlichkeitsanalyse können Prioritäten gesetzt werden: Welche ESG-Faktoren haben „wesentliche“ Auswirkungen auf das Unternehmen bzw. wie wirkt das Unternehmen selbst auf Umwelt, Mensch oder Wirtschaft? Ergeben sich für das Unternehmen finanzielle Chancen etwa durch ein Investment, das nachhaltig ist? Oder gibt es finanzielle Risiken, wenn ESG-Themen vernachlässigt werden? Der Gesetzgeber sieht vor, in die Analyse auch jene Gruppen einzubeziehen, die ein besonderes Interesse an dem Unternehmen haben, allen voran die Mitarbeiter*innen, aber auch Kund*innen oder Geschäftspartner*innen.
Schritt 3: Strategie
Aus der Wesentlichkeitsanalyse ergibt sich, welche Handlungsfelder angegangen werden. Sie mündet in eine Nachhaltigkeitsstrategie, bei der Ziele festgelegt, gewichtet und mit konkreten Maßnahmen verknüpft werden. Sämtliche Ziele werden ebenso wie die Zwischenstationen („Meilensteine“) mit konkreten Zahlen verknüpft, um Erfolge messbar zu machen.
Schritt 4: Daten
Um Erfolge zu messen, braucht es aussagekräftige Daten. Sie sind es, die in der Berichterstattung Aussagen belegen und greifbar machen. In vielen Unternehmen werden bislang eher wenige Werte wie etwa der Wasser- oder Stromverbrauch oder die CO2-Emissionen erfasst. Um sich ein umfassendes Bild zu verschaffen, lohnt es sich, auf dem Markt nach intelligenten Softwareprogrammen zu schauen. Sie ermöglichen es, Daten aufzubereiten und auf Knopfdruck zum Beispiel den CO2-Fußabdruck zu ermitteln. Das Datenthema ist übrigens auch eines für kleinere Unternehmen, die vom Gesetzgeber nicht zur Berichterstattung verpflichtet werden. Als Zulieferer werden sie beispielsweise von größeren Geschäftspartnern gebeten, Nachhaltigkeitsinformationen vorzuhalten. Somit stehen sie im Grunde vor derselben Herausforderung zu messen, zu rechnen und beleghaft zu dokumentieren.
Schritt 5: Zukunft
Neues Jahr, neue Ziele: Nachhaltigkeit ist ein Dauerthema und eines, das nicht isoliert betrachtet werden kann. Es sind im Grunde (fast) alle Bereiche eines Unternehmens involviert. Und alle Beschäftigten. Sie kennen das Unternehmen oft von Grund auf und können mit Ideen und konkreten Verbesserungsvorschlägen wichtige Impulse geben. Deshalb empfiehlt es sich, alle Mitarbeiter*innen mitzunehmen auf die Nachhaltigkeitsreise! Ein Projektteam kann den Aufbau des Nachhaltigkeitsmanagements starten, doch auf Dauer bedarf es einer strukturellen Verankerung von Nachhaltigkeit in der Organisation eines Unternehmens. Es muss nicht gleich eine eigene Abteilung sein, aber eine zuständige und im Betrieb gut vernetzte Person sollte die Rolle der Nachhaltigkeitskoordination einnehmen. Bei größeren Unternehmen kann ein Team oder zusätzlich ein bereichsübergreifendes Komitee die ganze Bandbreite an Maßnahmen abdecken.
CSRD: Die Zeit läuft
2025 werden die ersten Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsberichte nach CSRD-Vorgaben veröffentlichen. Doch nicht um des Berichtens Willen tun Unternehmen gut daran, ein Nachhaltigkeitsmanagement aufzubauen. Mehr denn je haben sie die Chance, ihrer Verantwortung für Wirtschaft, Gesellschaft und die Natur Ausdruck zu verleihen. Sauberes Wasser, nährstoffreiche Böden, Artenvielfalt, chancengerechtes Arbeiten, korruptionsfreies Wirtschaften – dafür können wir uns alle konkret einsetzen. Dann macht es umso mehr Freude, darüber zu berichten!