Was ändert sich 2024 für Unternehmen?
04.01.2024 - Lesezeit: 8 Minuten
Das Wachstumschancengesetz will im neuen Jahr frische Impulse für die deutsche Wirtschaft setzen – sobald es verabschiedet wird. Andere Gesetzesänderungen hingegen greifen bereits seit dem Jahreswechsel. Wir geben den Überblick, was sich 2024 für Unternehmen ändert.
Das Wachstumschancengesetz
„Deutschland muss an Dynamik gewinnen“ sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) schon im vergangenen Sommer. Er sieht das geplante Wachstumschancengesetz als wichtigen Baustein, „um die Wachstumskräfte der deutschen Wirtschaft zu stärken. Wir müssen Menschen und Betriebe entlasten – finanziell, aber auch von überbordender Bürokratie.“ Der Bundestag winkte das Maßnahmenpaket im November durch. In Kraft getreten ist es noch nicht: Der Bundesrat sperrt sich. Im Laufe dieses Monats beschäftigt sich ein Vermittlungsausschuss mit den mehr als 50 Punkten, die zwischen Bund und Ländern strittig sind. Ein schneller Kompromiss wäre wünschenswert.
Als wichtigste neue Regelungen sind geplant:
- An zentralen Stellen wird das Steuersystem vereinfacht.
- Schwellenwerte und Pauschalen werden angehoben, um vor allem kleinere Betriebe von Bürokratie zu entlasten.
- Für klimafreundliche Investitionen gibt es eine Investitionsprämie – sie ist besonders umstritten
- Um den Wohnungsbau zu fördern, wird eine degressive Abschreibung für Wohngebäude eingeführt.
- Bewegliche Wirtschaftsgüter können ebenfalls degressiv abgeschrieben werden – hier will der Bundesrat nachverhandeln.
- Geringwertige Wirtschaftsgüter können sofort abgeschrieben werden, auch der steuerliche Verlustabzug wird verbessert – ebenfalls Thema im Vermittlungsausschuss.
- Buchungsbelege müssen nur noch acht statt wie bisher zehn Jahre aufbewahrt werden.
Das Lieferkettengesetz
Unternehmen sind eingebunden in ein Netzwerk von Zulieferern, Partnern und Vorlieferanten. In der global vernetzten Welt sitzen die Geschäftspartner deutscher Unternehmen häufig in weit entfernten Regionen dieser Erde. Und wer weiß schon, wie der Zulieferer eines Zulieferers seine Arbeiter behandelt? Unter welchen Bedingungen benötigte Rohstoffe abgebaut werden? So genau wollte das früher kaum jemand wissen. Das hat sich 2023 durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, wie es offiziell heißt, geändert. Es nimmt die Unternehmen in die Pflicht: Achtet darauf, was eure Geschäftspartner machen! Und werdet aktiv, sobald euch etwas auffällt! Bis Ende 2023 betraf das Gesetz nur Unternehmen, die mehr als 3000 Menschen innerhalb Deutschlands beschäftigen. Seit dem 1. Januar 2024 ist diese Grenze auf 1000 Beschäftigte gesunken.
Das Ziel des Lieferkettengesetzes: Verbesserungen beim Menschenrechtsschutz im Rahmen der unternehmerischen Möglichkeiten in den Zulieferbetrieben dauerhaft zu verankern. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Unternehmen intern ein System aufbauen, mit dem sie Menschenrechtsverletzungen und Schädigungen der Umwelt identifizieren, vermeiden oder minimieren. Das Gesetz gibt vor, was für Prävention und Abhilfe getan werden muss. Jährlich muss Bericht erstattet werden, wo Risiken stecken und was (wie erfolgreich) dagegen getan wurde. Außerdem müssen Unternehmen ein sogenanntes Beschwerdeverfahren einrichten: Wer Kenntnis von potenziellen oder tatsächlichen Verfehlungen hat, kann sich hier melden.
Wie Unternehmen in sechs Schritten ein System zum Umgang mit den Vorgaben des Lieferkettengesetzes aufbauen, erfahren Sie hier.
Viele Mittelständler, die weniger als 1000 Menschen beschäftigen und daher nicht direkt vom Lieferkettengesetz betroffen sind, müssen sich trotzdem mit seinen Vorgaben auseinandersetzen. Das Gesetz verlangt von Großunternehmen, ihren unmittelbaren Zulieferern aufzugeben, dass auch diese die Vorgaben einhalten und – wie es das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) formuliert – „entlang der Lieferkette angemessen adressieren“. Ihre Zulieferer müssen Risiken und Gefahren offenlegen. Verweigern sie sich oder halten sie die gesetzlichen Vorgaben nicht ein, riskieren sie, ihre Kunden zu verlieren.
CSRD: Das Nachhaltigkeits-Reporting
Ob sie einen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen und was dort drin steht, war den meisten Unternehmen freigestellt. Das ändert sich durch die CSRD, die Corporate Social Reporting Directive. Mit den CSRD-Reportingpflichten sollen Informationen über nachhaltiges Handeln und Wirtschaften ebenso vergleichbar werden wie bei Finanzkennzahlen. Dafür müssen sich Unternehmen an den Vorgaben der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) orientieren. Die CSRD-Vorgaben der Europäischen Union werden im Laufe des ersten Halbjahres in nationales Recht umgewandelt.
Schon heute gibt es in Deutschland für rund 500 große Unternehmen verschiedenste Anforderungen, welche nicht-finanzielle Informationen sie per Berichtspflicht offenzulegen haben. Dazu zählen Themen wie Umweltauswirkungen ihres Handelns, Mitarbeiterbelange, Soziales und Anti-Korruption. Diese sogenannten NFRD-Unternehmen müssen bereits für das Geschäftsjahr 2024 einen Report nach CSRD-Regeln vorlegen, die anderen betroffenen Firmen haben ein Jahr mehr an Vorlauf.
Ein Nachhaltigkeits-Reporting vorlegen müssen vor allem Unternehmen, die eine Bilanzsumme von mindestens 25 Millionen Euro und einen Umsatz von mindestens 45 Millionen Euro vorweisen können sowie mindestens 250 Mitarbeiter*innen beschäftigen. Wer mindestens zwei dieser drei Kriterien erfüllt, ist ebenso CSRD-pflichtig wie alle börsennotierten Unternehmen. Damit werden spätestens für das Geschäftsjahr 2025 rund deutsche 15.000 Unternehmen berichtspflichtig – 30mal so viel wie vorher.
GEG: das Heizungsgesetz
Monatelang wurde erbittert um das neue „Heizungsgesetz“ gerungen und gestritten. Seit dem 1. Januar 2024 ist es in Kraft – zumindest ein bisschen. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG), wie es offiziell heißt, betrifft vorerst nur Neubaugebiete, für die der Bauantrag nach dem Stichtag gestellt wird. Bestehende Heizungen dürfen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, bis Ende 2044 weiterbetrieben werden.
Trotzdem sollten Unternehmen darüber nachdenken, die Vorgaben des Heizungsgesetzes – 65 Prozent der Heizenergie kommen aus erneuerbaren Quellen – schon früher umzusetzen. Gerade Betriebe aus dem produzierenden Gewerbe können ihre Abwärme als Energiequelle für Wärmepumpen nutzen. Die Anlagen arbeiten damit sehr effizient und damit kostengünstig. Mehr darüber, wie es sich für Sie rechnet, Ihre Gebäude energetisch zu sanieren, erfahren Sie hier.
An anderer Stelle macht der Gesetzgeber mehr Druck. So muss in sogenannten Nichtwohngebäuden mit Heizungen, die mehr als 290 Kilowatt Leistung liefern, bis Ende 2024 ein System für die automatisierte Steuerung der Heizungs-, Klima- und Lüftungsanlage installiert werden. Das neue GEG schreibt zudem fest, wann Nichtwohngebäude wie Büros, Läden, Werkstätten, Produktions- oder Lagerhallen als Neubauten gelten. Nämlich immer dann, wenn deren Nutzfläche durch einen An- oder Ausbau verdoppelt wird. Das bedeutet: Die Eigentümer müssen bei der Energieeffizienz der Immobilie schon heute höhere Standards erfüllen.
Wenn Unternehmen neue Heizungen einbauen, profitieren sie von Fördermitteln. Sprechen Sie mit Ihrem Berater, von welchen Fördermöglichkeiten Sie profitieren können!
Was sich sonst noch ändert
Die staatlichen Preisbremsen für Strom, Gas und Fernwärme sind zum 31. Dezember ausgelaufen. Ursprünglich sollten sie bis zum Frühjahr 2024 verlängert werden. Dieser Plan hat sich als Folge eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts zerschlagen.
Gleichwohl will die Bundesregierung künftig Unternehmen bei den Energiekosten entlasten, indem ab 2024 die Stromsteuer stark gesenkt wird. Derzeit beträgt die Stromsteuer 1,537 Cent je Kilowattstunde, bis 2028 soll sie auf 0,05 Cent pro Kilowattstunde sinken. Damit sollen die deutschen Unternehmen allein in diesem Jahr um bis zu 12 Milliarden Euro an Energiekosten einsparen.
Zum Jahreswechsel ist der Mehrwertsteuersatz für Speisen in der Gastronomie wieder auf 19 Prozent angehoben worden. Als Folge der Corona-Pandemie hatte die Bundesregierung den Steuersatz vorübergehend auf 7 Prozent gesenkt.
Der gesetzliche Mindestlohn ist zum Jahreswechsel von 12,00 Euro auf 12,41 Euro pro Stunde gestiegen. Ein weiteres Mal wird der Mindestlohn mit Beginn des Jahres 2025 auf 12,82 Euro steigen.
Arbeitgeber können ihren Mitarbeiter*innen bis zum Jahresende 2024 eine steuerfreie Prämie von bis zu 3000 Euro zahlen, um die Inflationsfolgen abzufedern. Arbeitnehmer*innen erhalten die Prämie brutto für netto. Für Arbeitgeber fallen keine Lohnnebenkosten an, auch kein Beitrag zur Sozialversicherung.
Arbeitsunfälle können seit dem 1. Januar 2024 den Berufsgenossenschaften und Unfallkassen auch digital übermittelt werden.
Last but not least: Obwohl viele per- und polyfluorierte Stoffe (PFAS) gesundheitsschädlich sind, wurden bestimmte Fluortenside früher bei der Produktion von Feuerlöschern für die Schaumlöschmittel verwendet. PFAS-haltige Feuerlöscher müssen voraussichtlich bis Juni 2024 ersetzt werden.