Energetisch sanieren: So teuer wird Klimaneutralität für Berlin
06.12.2023 - Lesezeit: 7 Minuten
41,3 Milliarden Euro: So viel Geld kostet es, Berlins Wohnungsbestand energetisch zu sanieren. Das entspricht 363 Euro pro Quadratmeter an Wohnfläche. Deutlich teurer, das ergibt eine aktuelle Studie der Berliner Volksbank, wird es insbesondere für viele Gründerzeitbauten.
Wie viel kostet es, alle Berliner Wohnungen energetisch so zu sanieren, dass die Klimaziele der EU und der Bundesregierung erreicht werden? „Das wird teuer“ ist eine naheliegende Antwort. Wir wollten es gern konkreter wissen. Deshalb hat die Berliner Volksbank die Analyse-Spezialist*innen der bulwiengesa beauftragt, für die Studie „Berliner Wohnungsbestand: Wie teuer ist der Weg zur Nachhaltigkeit?“ das Ganze ernsthaft durchzurechnen.
Wir haben uns der Aufgabe in zwei Schritten genähert. Im ersten Teil der Studie, den wir im September vorgelegt haben, wird der Wohnungsbestand in Berlin analysiert: Wie sanierungsbedürftig ist er? Die Kernerkenntnisse:
- 27 Prozent der Berliner Wohnungen müssen „energetisch ertüchtigt“ werden,um den Vorgaben der demnächst wohl geforderten Energieeffizienzklasse D zu genügen.
- Von den vor 1949 gebauten Wohnungen müssten sogar 45 Prozent saniert werden, um den Sprung in die Energieeffizienzklasse D zu schaffen.
- Einzig in diesem Jahrhundert neu gebaute Wohnungen sind von vornherein so energieeffizient geplant und umgesetzt, dass sie geforderten Standards (über)erfüllen.
Fernwärme bringt Energieeffizienz
Eingesparte kWh pro Jahr durch Maßnahmen der energetischen Sanierungen
Im zweiten Teil der Studie haben wir untersucht, welche Maßnahme wie viel bringt – und wie teuer energetische Sanierungen jeweils werden. Die Kernerkenntnisse:
- Am kostengünstigsten wird die Energieeffizienz durch einen Anschluss ans Fernwärmenetz gesteigert: Das allein senkt den Energieverbrauch um durchschnittlich rund 20 Prozent und hat zudem den Vorteil, dass beim Heizen nicht auf Wärmepumpen umgestiegen werden muss.
- Die einzige andere Möglichkeit, Energie effizienter zu nutzen, ist Dämmung. Gestartet werden sollte laut Studie mit Dämmungen von Dachgeschossfußböden. Damit lasse sich der Energieverbrauch um 8 Prozent senken, die Kosten würden sich innerhalb von zehn Jahren amortisieren.
- Nächster Schritt, um relativ preisgünstig die Energieeffizienz zu steigern, ist laut Studie die Kellerdämmung sowie der Austausch von Fenstern und Türen.
- Den größten Effekt bei Dämmung bringt eine Fassadendämmung: Auch sie senkt den Energieverbraucht um rund 20 Prozent. Allerdings ist das Dämmen von Fassaden teuer und amortisiert sich erst über Jahrzehnte. „Bei mit Stuck versehenen Gründerzeitbauten kann auf die Dämmung der straßenseitigen Fassaden aufgrund des positiven Beitrags zum Stadtbild verzichten werden“, heißt es in der Studie, dafür sollte auf der Hofseite gedämmt werden.
Bei energetischen Sanierungen sollte mit Bauten aus der Gründerzeit begonnen werden, legen sich die bulwiengesa-Expert*innen fest. Bei ihnen und bei Wohnungen aus der Baualtersklasse 1919 – 1948 sei der Effekt am größten. Mit "Priorität 2" werden die Bauten aus der Zeit zwischen 1949 und 1978 eingestuft. Bei neueren Gebäuden sollten die Sanierungsarbeiten erst nach 2040 angegangen werden.
Was kommt finanziell auf die Eigentümer zu?
Die bulwiengesa-Spezialist*innen haben auch berechnet, mit welchen Kosten die Eigentümer*innen von Immobilien zu rechnen haben, wenn die politischen Pläne umgesetzt werden. Sie kommen auf durchschnittlich 363 Euro pro Quadratmeter an Wohnfläche, um den Zielwert von 80 kWh/m2 zu erreichen. Je älter das Gebäude, desto höher die Sanierungskosten: Bei Gründerzeitbauten können sie laut Studie bis zu 519 Euro pro Quadratmeter betragen. Je mehr bereits getan wurde, um die Energieeffizienz zu steigern – etwa durch neue Fenster und Türen –, desto billiger wird es.
Zumindest relativ. Denn die Sanierungskosten sind weiterhin beachtlich. Für eine 120-Quadratmeter-Wohnung aus Kaiser Wilhelms Zeiten fallen mehr als 60.000 Euro an. Bei einem 64-Quadratmeter-Plattenbau aus späten DDR-Zeiten sind es eher 15.000 Euro. Omas Häuschen in Grünau zu sanieren, kann schnell mehr als 30.000 Euro kosten, ebenso der Lichtenrader Flachdachbungalow aus den 1970er-Jahren. Die meisten Berliner*innen wohnen allerdings in Geschossbauten mit vielen Parteien. Die energetische Sanierung eines Gründerzeitbaus mit 30 Wohnungen kostet schnell mal mehr als eine Million Euro, ebenso die eines Plattenbaus aus den 1960er-Jahren. Auch wenn Förderprogramme anlaufen werden: Das ist eine Menge Geld – das gilt für die Eigentümer*innen ebenso wie für die Mieter*innen, auf die ein Teil der Investitionen umgelegt werden wird. Und Berlin ist eine Mieterstadt: 84 Prozent der Menschen wohnen zur Miete.
Weniger Bürokratie, unkomplizierter verteilte Fördermittel
Die Studie „Berliner Wohnungsbestand: Wie teuer ist der Weg zur Nachhaltigkeit verzichtet bewusst auf jede Wertung, wie realistisch oder zumutbar es ist, den Berliner Wohnungsbestand bis 2045 auf „klimaneutral“ stellen zu wollen. Was die Autor*innen gleichwohl herausarbeiten: Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es weniger Bürokratie und unkomplizierter verteilte Fördermittel. „Die Akteure sollten durch weniger komplexere Regularien und Prozesse um einfachere und schnellere Entscheidungsstrukturen bemüht sein.“ Zuschüsse und Förderdarlehen sollten weniger in Neubauten fließen und stattdessen genutzt werden, um Eigentümer*innen bei Investitionen für energetische Sanierungen zu entlasten.
Ist das Ziel „Klimaneutralität bis 2045“ realistisch?
Als Berliner Volksbank unterstützen wir die Eigentümer*innen von Immobilien, ob Eigenheimbesitzer*in oder Wohnungsgesellschaft, gern und kompetent bei energetischen Sanierungen. Wir sind davon überzeugt, dass die Energiewende alternativlos ist. Und da der Gebäudesektor – je nach Berechnung – 15 bis 30 Prozent aller CO2-Emissionen: ausmachen, ist Energieeffizienz ein effektiver Hebel, um den Ausstoß an Treibhausgasen zu drosseln.
Aber können wir das politisch vorgegebene Tempo wirklich durchhalten? Haben wir genügend Ressourcen, sprich Geld und Fachkräfte? Und wollen wir ernsthaft auf einen Abbau von Bürokratie hoffen? Diese Fragen sind längst in der Politik angekommen. Deutschlands Bauministerin Klara Geywitz (SPD) lehnt eine Sanierungspflicht für alle Wohngebäude, die bestimmte Energiestandards nicht erfüllen, explizit ab. Auch bei ihren Partnern in der Ampel- Koalition waren in den vergangenen Wochen skeptische Töne zu hören – bereits bevor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenumwidmung und der anschließenden Haushaltssperre. Doch die EU-Kommission beharrt offenbar – so die neuesten Informationen aus Brüssel – auf dem Sanierungszwang.
Fernwärme braucht erneuerbare Energien
Als wichtigstes politisches Ziel formuliert die Studie das Ziel, das Fernwärmenetz auszubauen und dabei auf erneuerbare Energien umzustellen. Auch für Banken hat die Studie eine Empfehlung: weg von ständig sich ändernden Förder-Richtlinien mit aufwändigen Genehmigungsverfahren, hin zu einer „One Stop Shop Solution“ als gemeinsames Förderportal. Je bürokratischer das Drumherum, desto unrealistischer wird es, die ambitionierten Ziele zu erreichen.
Das sehen wir ähnlich: Als Berliner Volksbank brauchen wir ein gut verständliches und einfach gehaltenes Programm- und Regelwerk, um hohe Akzeptanz bei den Zielgruppen zu erreichen. Hierbei kann es hilfreich sein, nicht nur in zinsgünstigen Darlehen zu denken, sondern auch verschiedene Direktzuschüsse anzubieten. Um unsere Kund*innen bei den Anforderungen der energetischen Sanierung zu unterstützen, haben wir eine fokussierte Förderberatung installiert. Damit Sie den Durchblick bewahren.