2023: Zehn Trends für Unternehmer:innen
27.01.2023 - Lesezeit: 7 Minuten
Krieg, Inflation und immer noch Corona: Das vergangene Jahr war turbulent. Die Option, es 2023 geruhsamer anzugehen, haben wir leider nicht. Dafür sind die Energiepreise zu hoch, dafür ist die Gefahr einer Rezession zu real. Für viele Unternehmen geht es weiterhin ums Überleben. Wir stellen zehn Trends vor, die uns dabei begleiten – und vielleicht sogar helfen.
1. Sie kommt, die Energiewende
Geben wir’s zu: Das mit der Energiewende haben wir schleifen lassen. Warum auch, Gas und Öl flossen ja preiswert und verlässlich. Das hat sich geändert, die Preise sind in die Höhe geschossen. Was also tun? Ich bin zuversichtlich, bald deutlich mehr Solarpanele auf Hallen und Bürogebäuden zu sehen. Und bin überzeugt, dass viele Unternehmen verstärkt in Wärmedämmung und andere Energiespar-Maßnahmen investieren. Bisher hieß die Logik: „Das amortisiert sich erst in sieben bis zehn Jahren“. Die gute Nachricht: Bei den aktuellen Energiepreisen amortisieren sich solche Investitionen deutlich schneller.
2. Weniger erpressbar durch „Nearshoring“
„Wandel durch Handel“ war eine tolle, leider blauäugige Idee. Wir erleben heute, wie einzelne Staaten wirtschaftliche Macht nutzen, um ihre Interessen durchzusetzen. Umso wichtiger wird es für Unternehmen (und Staaten), nicht erpressbar zu sein. Mit neuer Dringlichkeit stellt sich die Frage: Mit wem kooperiere ich, woher beziehe ich Rohstoffe und Teile? Viele Unternehmer:innen hinterfragen ihre Geschäftsbeziehungen und setzen auf verlässliche Partner: Rumänien statt Russland, Irland statt Iran. Für diesen Trend gibt es bereits einen Namen: „Nearshoring“ oder gar „Friendshoring“ lösen das globale „Offshoring“ ab.
3. Was das Lieferkettengesetz mit sich bringt
Apropos Geschäftspartner: Das seit Jahresbeginn geltende Lieferkettengesetz verlangt Unternehmer:innen ab, das Handeln ihrer Geschäftspartner kritisch zu betrachten. Wie halten die es mit den Menschenrechten? Keine Kinder- oder Sklavenarbeit, keine Ausbeutung, keine Folter – das klingt selbstverständlich. Doch in der vernetzten Welt sitzen viele Geschäftspartner in weit entfernten Regionen der Erde. Und wer weiß schon, wie der Zulieferer eines Zulieferers seine Leute behandelt? Das neue Gesetz nimmt deutsche Unternehmen in die Pflicht: Achtet darauf, was eure Geschäftspartner machen! Und werdet aktiv, sobald euch etwas auffällt!
4. Was war noch mal ESG?
E wie Environment, also Umwelt. S wie Social, Soziales. G wie Governance, das steht für Unternehmensführung. Durch ein ESG-Rating lassen Unternehmen ihre Nachhaltigkeit im Wirtschaften umfassend messen. Solch ein Rating ist gut fürs Image, aber ausschlaggebender sind zwei andere Gründe. Der erste: Banken sind gesetzlich angehalten, bei der Kreditvergabe auf das nachhaltige Bemühen ihrer Kunden zu schauen. Der zweite: Zunehmend mehr Unternehmen erkennen, dass langfristiger Erfolg nur durch nachhaltiges Wirtschaften zu erreichen ist – und nehmen sich mit dem ESG-Rating selbst in die Pflicht.
5. Die Zukunft ist nachhaltig – und digital
Mögen andere schon das Metaversum erkunden: Viele Mittelständler freunden sich erst jetzt mit digitalen Prozessen an. Der Digitalverband Bitkom hat erfragt, dass mittlerweile mehr als drei Viertel der Unternehmen immerhin auf digitales Dokumentenmanagement setzen – vor Corona war es nicht einmal die Hälfte. Die Folge: „Digitalisierung“ ist keine Black Box mehr, sondern etwas Konkretes, das für mehr Effizienz, für bequemere Workflows und für messbaren Mehrwert sorgt. Sind die Hemmungen erst einmal gefallen, wird zuversichtlicher geschaut, wo und wie digitale Prozesse ebenfalls eingeführt werden können.
6. Das Denken den Algorithmen überlassen
Next Stop bei der Digitalisierung: Künstliche Intelligenz. Schon der Begriff triggert Ängste, als wollten Cyborgs die Weltherrschaft übernehmen. Blödsinn. Wir können Künstliche Intelligenz nutzen, um riesige Datenmengen rasant zu durchforsten und Muster zu erkennen. Und – über Algorithmen – Erkenntnisse aus diesen Mustern zu ziehen. Etwa bei der Qualitätskontrolle oder der Finanzplanung, bei Lieferketten und in der Logistik. Um konkret zu werden: Algorithmen können in Echtzeit betrügerische Transaktionen erkennen und blockieren. Sie lernen dabei von vergangenen Fällen und werden mit jedem entdeckten Betrugsfall genauer – ziemlich intelligent, oder?
7. Fachkräfte: Den Mangel verwalten …
Künstliche Intelligenz vernichtet Arbeitsplätze? Irgendwie ist das nicht das Problem. Der Grund: Arbeit gibt es reichlich, allerdings nicht genügend Arbeitskräfte. Der Fachkräftemangel wird uns auch 2023 begleiten. Das fordert gerade kleineren Mittelständlern ab, in ihr Employer Branding zu investieren, um überhaupt auf dem Radar der Arbeitskräfte aufzutauchen. Ergänzend ist es auf alle Fälle sinnvoll, auf digitale Prozesse zu setzen. Sie sorgen für effiziente Abläufe und sind bequemer als analoge Workflows. Das freut sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und entlastet sie. Was ebenfalls zum Employer Branding beiträgt …
8. … auch aus dem Homeoffice
Unabhängig davon, ob Corona doch noch ein Comeback hinlegt: Das Homeoffice und damit das hybride Arbeiten wird – ist schon längst! – normal. Das Aufreger-Potenzial ist mittlerweile überschaubar, denn es hat sich gezeigt: geht doch! Die Produktivität sinkt am heimischen Schreibtisch keineswegs. Und die Büros werden ja nicht verwaisen. Wie diverse Umfragen zeigen, wünschen sich die meisten Angestellten zwischen Homeoffice und Büropräsenz. Darin steckt übrigens eine ungeheure Chance für das Büro: Schluss mit den tristen Schreibtischinseln, hin zum kreativen Austausch! (Hatte ich das mit dem Employer Branding schon erwähnt?)
9. Wird die Inflation ein Dauergast?
2022 lag die Inflationsrate bei 7,9 Prozent, das gab es seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Fachleute erwarten, dass die Rate dieses Jahr zwar niedriger ausfallen wird (eher bei 6 Prozent), aber das erleichtert das Leben kaum. Die Energiepreise werden sich auf einem hohen Niveau einpendeln und die Löhne steigen, um den Inflationssprung auszugleichen. Das alles belastet Unternehmer:innen. Die geniale Lösung für den Umgang mit der Inflation haben wir auch nicht, wohl aber fünf Tipps: Kosten weitergeben oder drücken, flexible Verträge abschließen, den Lieferantenkreis erweitern (Stichwort Nearshoring) – und liquide bleiben!
10. Angriffe aus der Cyberspace nehmen zu
46 Prozent der deutschen Unternehmen wurden im vergangenen Jahr zum Ziel von Cyberattacken – und das ist nur der Anteil der Firmen, die solche Angriffe bemerkt haben. Kein Mittelständler kann sich heutzutage noch in der Illusion wiegen, er sei zu „unwichtig“ für Cyberangriffe. Diese Botschaft ist endlich angekommen – zum Glück, denn wenn Unternehmen verstärkt auf digitale Prozesse umschwenken, müssen sie ebenso auf höchste Levels bei der IT-Sicherheit setzen. Umso erfreulicher, wenn Mittelständler jeder Größe jetzt verstärkt mit verschlüsselten Daten, konsequenten Updates und regelmäßigen Schwachstellentests arbeiten.